Der Consul
Geburtstag.«
»Sie haben recht. Ich bin nicht von der Polizei. Ausweisen werde ich mich auch nicht, Kamerad.«
Er schaute mich mit großen Augen an. »SD? Buch?«
Von beiden hatte ich mal gehört, keine Ahnung, wann und wo. Ich war weder vom Sicherheitsdienst der SS, noch war ich ein Abgesandter des NSDAP-Parteirichters Walter Buch. Ich hob meine Hände und schaute ihn streng an.
Er nickte. »Es muss ja geklärt werden«, sagte er.
Ich legte die Pistole auf den Tisch. Er machte keinen Versuch, danach zu greifen. »Die Münchener Polizei hat gesagt, das mit dem Schaub sei eine Messerstecherei unter Besoffenen gewesen«, sagte Maurice.
»Aber Sie glauben das nicht.«
»Der Schaub hat gerade gefastet, kein Fleisch, kein Alkohol. Wegen dem Adolf. Der hat ja auch kein Fleisch gegessen und nicht getrunken.«
»Und der Schaub hat an dem Abend seine Diät nicht beendet oder unterbrochen?«
»Der nicht. Der Kamerad Schaub hat getan, was er gesagt hat.« Er schaute mich neugierig an, vielleicht war auch Misstrauen im Spiel.
»Und Sie glauben nicht, dass es die Kommune war?«
»Wenn ein unersetzlicher Mann wie unser Führer umkommt, darf nicht der geringste Zweifel bleiben.« Ich sagte es leise. »Die Kommunisten haben unendlich viele Verbrechen begangen, aber ob sie den Führer ermordet haben, weiß ich nicht. Da gibt es einige, die behaupten das, ohne es genau wissen zu wollen.«
Er war verwirrt. »Wie?«
»Denen ist es eigentlich recht, dass der Führer tot ist und die Kommune es gewesen sein soll. Jeder glaubt es. Aber so leicht kann man die Parteigenossen nicht hinters Licht führen. Und uns schon gar nicht.« Ich deutete mit dem Daumen auf mich und überlegte, wie lange er auf den Hokuspokus hereinfallen würde.
Er bot mir eine Zigarette an. »Heydrich?« fragte er.
Die Frage verwirrte mich. Ich nickte bedächtig. »Dann schickt also Heydrich Sie, Parteigenosse.« Er reichte mir die Hand und drückte meine schmerzhaft.
Ich sagte nichts und hoffte, er würde keine Legitimation verlangen.
»Ich war Adolfs treuester Freund. Und mit Geli war nichts, wirklich.«
Fast hätte ich gelacht. Beinahe wäre Hitler Reichskanzler geworden, ein Mann, der sich mit Würstchen umgab wie diesem Maurice. Ich antwortete nicht.
»Ich helfe Ihnen«, sagte Maurice.
»Danke, Parteigenosse. Sie haben jetzt eine andere Pflicht. Sie schweigen wie ein Grab. Niemand darf etwas erfahren über unsere Untersuchung. Haben Sie das verstanden?«
»Ja.« Er nickte heftig.
»Wir finden es raus, wenn Sie reden, früher oder später. Ist doch kein schönes Leben, wenn man immer Angst haben muss, Parteigenosse.«
Es stand eine Frage in seinem Blick. Dann verschwand sie. Er nickte wieder, diesmal langsam. In seinem Gesicht schien kurz etwas von dem Schrecken auf, den er sich ausmalte, wenn er etwas verriet. »Ja.« Er sagte es leise, fast andächtig.
»Wissen Sie, wo sich der Parteigenosse Brückner aufhält?«
Maurice schüttelte den Kopf. Er dachte nach, dann schüttelte er den Kopf noch mal.
»Verwandtschaft? Freunde?«
»Wir waren seine Freunde, der Dietrich, der Schaub und ich. Der Hoffmann weniger.«
»Hat er eine Frau?«
»Ja.«
»Und die lebt weiterhin in der alten Wohnung.«
»Ja, in der Rosenheimer Straße 35.«
»Wissen Sie, wie der Wirt vom Einhorn heißt?«
»Schwammbichler, Anton.«
»Ach ja, noch was. Was für eine Schuhgröße haben Sie?«
»Vierzig.«
*
Ich nahm ein Taxi nach Bogenhausen. Der Schuhabdruck im Elephant stammte nicht von Maurice. Ich zweifelte nicht an seinem Alibi, selbst ein beschränkter Geist wie Maurice musste wissen, wie leicht er auffliegen würde, wenn es falsch wäre. Er würde die kommenden Tage über meinen Auftritt nachdenken. Sobald er zu zweifeln begann, würde er bei diesem Heydrich nachfragen und dann bei Parteirichter Buch. Und dann würden sie nach mir suchen. Es war nur eine Frage der Zeit.
Schwammbichler war fett und trug eine Lederschürze. Das Einhorn war fast leer, an einem Ecktisch saßen eine Frau und ein Mann, beide mittleren Alters, sie unterhielten sich leise. Am Tresen stand ein Mann vor einem Maßkrug und aß eine Laugenbrezel. Ich hatte mich neben die Tür gesetzt. Als Schwammbichler an meinen Tisch trat, bat ich ihn, mir ein paar Fragen zu beantworten.
»Der Herr sind von der Presse?«
Ich schüttelte den Kopf und guckte ihn finster an.
»Polizei?«
»Sie hatten eine Messerstecherei vor einiger Zeit.«
»Ich habe alles Ihren Kollegen gesagt. Mehr weiß ich
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