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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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nicht so schnell weg von seinen Fällen. Schon gar nicht von einem solchen.«
    Wohlfeld nickte. »Mir ginge es genauso. Ach ja, haben Sie schon das Neueste gehört?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Engelbrecht ist zurück.«
    »Kommissar Ernst Engelbrecht? Der sich zuletzt als Schriftsteller versucht hat?«
    »Genau der. Er sagt, unter der neuen Regierung sei es eine Wonne, als Kriminalist zu arbeiten.«
    Als Wohlfeld sich verabschiedet hatte, fragte ich mich, warum er einen Vorwand brauchte, mich zu besuchen. Ich warf die Notiz weg, die er mitgebracht hatte. Vielleicht fürchtete Wohlfeld, im Präsidium gefragt zu werden, was er bei mir zu suchen habe. Er wollte sich absichern, einen Vorwand schaffen.
    Ich schlief unruhig in dieser Nacht, legte mir einen Plan zurecht. Wog die Gefahren und Chancen ab. Ich hatte zwei Spuren, die etwas hergeben konnten. Koletzke war die gefährlichste. Einen Zeugen finden, der Koletzke belasten würde, schien mir aussichtslos. Und wenn ich doch einen fände, würde er die Zeugenbank im Gericht nicht lebend erreichen. Wenn es aber gar nicht Koletzke war? Eine Gegenüberstellung würde die Frage beantworten. Aber wie sollte ich eine Gegenüberstellung arrangieren? Mal zweifelte ich, mal war ich mir sicher, dass es Koletzke war, den Brückners Frau und Anton Schwammbichler mir beschrieben hatten. Koletzke aber war nicht der einzige Mann in Deutschland, der eine Boxernase hatte. Und selbst wenn er der einzige wäre, kein Staatsanwalt würde einen wie Koletzke anklagen. Olendorff schon gar nicht. Der stand unter dem Schutz der Regierung. Olendorff machte nicht den Eindruck eines Schlagetots. Aber er war die große Nummer. Ich würde mich noch einmal mit ihm beschäftigen müssen. Wenn Koletzke in seinem Auftrag handelte und Zeugen des Hitler-Mords beseitigt hatte, dann war Olendorff mein Mann. Andererseits war auch denkbar, dass Koletzke die Zeugen beseitigte, weil die etwas über Hitler oder eine andere Nazigröße wussten, das den neuen Herren oder einem von ihnen nicht in den Kram passte.
    Brückner war die zweite Spur. Der war abgetaucht. Vielleicht rief er an, vielleicht nicht. Möglicherweise wusste er gar nichts und war einfach abgehauen, weil er Angst hatte.
    Das Nachdenken verwirrte mich eher, als dass es mir half. Je weiter ich den Verästelungen der Zusammenhänge und Motive folgte, desto unübersichtlicher wurde die Sache. So was hatte ich mehrfach erlebt in meiner Laufbahn. In solchen Fällen versuchte ich mich dumm zu stellen und so zu tun, als kennte ich nur das Ende einer Strippe, an der ich kräftig ziehen musste. Die Strippe hieß Koletzke-Olendorff. Die Frage war nur, wie ich daran ziehen sollte, ohne mich selbst zu erwürgen.
    Ich stand früh auf, ohne viel geschlafen zu haben. Die Tasse in der Hand, ging ich zum Fenster, um nach dem Wetter zu schauen. Es würde ein schöner Tag werden. Ich ließ meinen Blick über die Straße schweifen. Da sah ich ihn. Der Mann hatte eine dunkelbraune Mütze auf. Er lehnte an einem Baum und rauchte. Er tat so, als kümmere er sich nicht um seine Umgebung. Vor allem dieses Verhalten machte mich misstrauisch.
    Ich trat zurück vom Fenster und überlegte. War es Polizei, waren es Olendorffs Leute? Steckte Aschbühler dahinter? Ich zwang mich, ruhig zu bleiben und versuchte Zeitung zu lesen. Nach einer guten halben Stunde trat ich wieder ans Fenster, der Mann war nicht zu sehen. Am Ende der Straße stand ein DKW F2, es saß jemand hinter dem Steuer. Wenn der Mann mich beschatten wollte, dann war er dämlich. Oder sollte ich ihn bemerken? Eine Warnung. Halt dich raus!
    Wenn es Polizei war, woher wussten die, was ich tat? Sie hatten nicht mitbekommen, dass ich in München war. Dort hatte ich mit falschem Namen gearbeitet. Dass die Berliner Polizei so schnell auf Schwammbichler oder Brückners Frau kam und dann noch herausfand, wer ich war, das glaubte ich nicht. Oder gehörte der Beschatter zu Olendorffs Leuten? Dann wurde es gefährlich.
    Ich musste es herausfinden. In der Schlafzimmerkommode lag meine Luger 08. Ich wickelte sie aus und überprüfte, ob das Magazin geladen war. Dann steckte ich die Waffe in den Hosenbund und knöpfte das Jackett darüber zu. Die Pistole drückte am Bauch. Ich verließ das Haus und stieg in den Laubfrosch, der vor der Haustür geparkt war. Dem anderen Auto schenkte ich keinen Blick. Ich wusste, es würde mir folgen.
    Ich zwang mich, langsam zu fahren. Im Rückspiegel sah ich den Verfolger. Er hielt Abstand,

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