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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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geärgert, aber Göring war wichtig für ihn. Der kennt so viele einflussreiche und hochstehende Leute. Ich mag Göring nicht, aber ich muss zugeben, wenn es um feine Leute geht, ist er der Größte.«
    »Worüber haben Sie zuletzt mit Hitler gesprochen?«
    »Über die alten Zeiten. Unseren Marsch auf die Feldherrnhalle 1923, Landsberg, wie er mir sein Buch diktiert hat. Es war wie früher. Ich sehe noch seine Augen strahlen. Wissen Sie, er war in den Monaten vor seinem Tod oft niedergeschlagen.«
    »Das verstehe ich nicht, Herr Maurice. Es ging doch aufwärts. Ihre Partei wurde in kurzer Zeit die stärkste im Reich.«
    »Aber es schien so, dass wir gewinnen konnten, soviel wir wollten, die Macht rückte keinen Millimeter näher. Es war verhext.«
    »Weil der Herr Reichspräsident Hitler nicht zum Kanzler ernennen wollte.«
    »Genau.«
    »Herr Maurice, wo waren Sie in der Nacht vom 7. zum 8. November ’32?«
    Er schaute mich lange an. Seine Mimik zeigte erst Zorn, dann glättete sich die Haut. »Nicht in Weimar«, sagte er. »Ganz bestimmt nicht in Weimar.« Er überlegte. »In dieser Nacht war ich im Hofbräuhaus mit ein paar Kameraden.«
    »Woher wissen Sie das heute noch so genau?«
    »Weil ich weiß, wie schlecht es mir ging, als ich später erfuhr, dass es die Nacht war, in der Adolf ermordet wurde. Ich habe gefeiert, und er wurde erschlagen. Er nannte mich Maurizel, wussten Sie das?« In seinen Augen glänzte es.
    »Und was ist mit den Herren in Hitlers Begleitung?«
    »Sie meinen Brückner, Hoffmann, Dietrich, Schaub und Schreck?«
    Ich nickte.
    »Sie sind wirklich von der Polizei? Haben Sie einen Dienstausweis? Zeigen Sie den doch mal.«
    Ich nestelte in meinen Taschen herum. Dann stand ich auf und tat, als würde ich meinen Ausweis in der Hosentasche suchen. Ich ging zu meinem Mantel in der Garderobe und nahm Maurice’ Pistole aus dem Halfter. Ich lud durch und entsicherte.
    Er konnte mich nicht sehen. Aber er hatte etwas gehört. »Was machen Sie da?« Dann stand er in der Tür. Ich streckte ihm die Pistole entgegen.
    »Sind Sie wahnsinnig?« Er näherte sich mir.
    »Noch ein Schritt, und Sie sind bei Ihrem Adolf.«
    »Sie sind kein Polizist.«
    »Also, was ist mit Schaub und Kameraden?«
    »Die sind doch alle tot.«
     

XIV
    D er Mann zitterte. »Sie sind alle tot«, wiederholte er. »Was wollen Sie von mir? Was habe ich Ihnen getan?« Maurice wich ein paar Schritte zurück. Es stand ihm ins Gesicht geschrieben, dass er fürchtete, das Schicksal von Brückner, Hoffmann, Schaub und Schreck zu teilen.
    »Wer hat sie umgebracht?« fragte ich.
    »Wieso umgebracht?« Er war verwirrt.
    Ich wurde ungeduldig. »Spucken Sie es aus, was ist mit denen?«
    »Unfälle, Schlägereien, alles in den letzten Wochen. Schaub wurde erstochen, Hoffmann hat sich vergiftet, sagt man. Brückner ist verschwunden, wahrscheinlich auch tot.« Er zitterte.
    Ich wies mit dem Pistolenlauf auf den Sessel, in dem Maurice gesessen hatte. Ich setzte mich ihm gegenüber, zwischen uns stand der Tisch.
    »Beruhigen Sie sich, ich habe die nicht umgebracht. Ich will herauskriegen, wer es getan hat. Ich will auch herauskriegen, wer Hitler getötet hat.« Ich sprach auf ihn ein wie auf ein Kind, das nicht ins Bett will.
    Es glimmte Hoffnung auf in seinen Augen.
    »Nun mal eines nach dem anderen. Was ist passiert?«
    »Brückner ist verschwunden. Als Schaub starb, habe ich versucht Brückner zu finden. Wegen der Beerdigung. Alte Kameraden.«
    Ich nickte ihm aufmunternd zu.
    »Aber ich habe ihn nicht gefunden. Nun gut, ist er halt verreist, habe ich gedacht.«
    »Was ist Schaub geschehen?«
    »In Bogenhausen gibt es ein Wirtshaus, das heißt Zum Einhorn. Da war er mit ein paar Leuten von seinem SA-Sturm. Sie haben getrunken.
    Dann wurde Schaub rausgerufen und kam nicht mehr zurück. Die Leiche lag in einer Seitengasse neben der Kneipe. Schaub hatte ein Messer in der Hand und drei Stichwunden in der Brust. Das war am 17. Februar.«
    »Sie wissen ja genau Bescheid.«
    »Ich bin doch so eine Art Polizist.« Er zeigte hinaus auf den Flur, wo sein Mantel mit der Hakenkreuzarmbinde hing.
    »Und Hoffmann?«
    »Der wurde vergiftet in seinem Geschäft in der Schellingstraße gefunden, ich glaube, am 3. März. Selbstmord, hat es geheißen.«
    »Was ist mit Dietrich und Schreck?«
    »Die waren mit dem Auto unterwegs. In Bamberg. Verkehrsunfall. Es lag ein Baumstamm auf der Straße, wir hatten an dem Abend Sturm. Beide tot. Am 20. April, Adolfs

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