Der Consul
Kopf abgeschlagen wird?«
»Nein, um was wir Sie bitten wollen.«
Ich hätte ihm gern gesagt, wenn er wüsste, was ich inzwischen alles auf meinem Verbrecherkonto angespart hatte, würde es für Plötzensee gut reichen. Und als Garnierung für den Staatsanwalt noch eine Spionagegeschichte. Natürlich sagte ich es nicht. »Warum, werter Herr Aschbühler, habe ich den Eindruck, dass nichts von dem, was Sie sagen, wahr ist? Ich glaube Ihnen auch nicht, dass Sofia oder Selma Ihnen aufgetragen hat, mich zu grüßen. Ich bezweifle, dass Sie diese Frau mehr als einmal gesehen haben. Wenn überhaupt.«
Er hob kurz die Augenbrauen. »Wenn Sie meinen.«
»Ich bin kein Romantiker, sondern ein Kriminalist. Das bleibt an einem kleben. Ich rieche es, wenn einer lügt.«
Aschbühler überlegte eine Weile. »Sie haben eine gute Nase, das habe ich gehört. Aber zur Zeit haben Sie wohl Schnupfen, jedenfalls trügt Sie Ihre Nase gewaltig. Sie hängen am Abgrund, ich halte Ihnen die Hand hin, aber Sie schicken mich weg.«
»Ohne Sie stürze ich also ab?« Ich sagte mir noch einmal, er könne nichts wissen von Engerts Tod.
»Vielleicht nicht sofort, aber bald. Wenn man sich mit jemandem wie Olendorff anlegt, lebt man nicht lange.«
»Was halten Sie davon, mich aufzuklären über den Herrn Olendorff?«
»Habe ich das nicht bereits?«
»Das klang interessant, aber nicht gefährlich.«
Er schaute mich an mit großen Augen, dann erhob er sich. »Auf Wiedersehen, Herr Soetting. Sie werden meine Hilfe noch brauchen.« Ich hörte die Tür ins Schloss fallen.
*
Mir schwirrte der Kopf. Dann besann ich mich auf das, was ich tun musste, um möglichst lang am Leben zu bleiben. Ich zog meinen Koffer vom Schlafzimmerschrank und packte hinein, was ich benötigte. Gleichzeitig überlegte ich, wohin ich gehen sollte. In ein Hotel unter falschem Namen? Sollte ich Fleischer um Hilfe bitten? Er hatte ein Häuschen in einer Laubenkolonie in Weißensee. Dann fiel mir Erika ein. Wer konnte wissen, dass wir etwas miteinander gehabt hatten? Die Wiese, die immer durch den Türspion glotzte, wenn sie etwas hörte im Treppenhaus? Sie hatte Erika gesehen, aber ihren Namen kannte sie nicht. Solange Erika die meiste Zeit bei mir wohnte, war meine Wohnung nicht überwacht worden. Bei ihr wäre ich eine Zeitlang sicher.
Ich ging zum Telefon im Flur und hob ab. Aber dann ließ ich den Hörer wieder sinken. Wenn ich sie anrief, riskierte ich eine Absage, wenn ich sie überraschte, hatte ich eine Chance. Ich durfte ihr keine Zeit geben, sich ihrer Wut auf mich zu entsinnen. Sie wohnte in Schmargendorf wie dieser Plack. Erika gehörte zu den Leuten, die gern im Grunewald gelebt hätten, wenn sie es hätten bezahlen können. Sie hatte ihren Mann im Krieg verloren und sich mit seinem Vermögen getröstet.
Bevor ich die Wohnung verließ, schaute ich aus dem Küchenfenster auf die Straße. Mir fiel nichts auf. Als ich im Treppenhaus vor meiner Wohnungstür stand, um sie abzuschließen, hörte ich ein leises Klappern. Frau Wiese schaute durch den Türspion. Dann öffnete sie die Tür. Sie sah meinen Koffer und sagte: »Der Herr Kommissar müssen verreisen, so spät am Abend?«
Ich nickte. »Ja, ja.«
»Wann kommen Sie denn wieder?«
»In drei, vier Tagen, Frau Wiese.«
»Wieder auf Verbrecherjagd?«
»So kann man es sagen. Auf Wiedersehen.«
»Und wohin geht es, Herr Kommissar?«
Ich schaute mich um, tat so, als wäre ich misstrauisch. »Nach Breslau, aber verraten Sie es keinem«, flüsterte ich.
Sie nickte, und ich war mir sicher, spätestens morgen früh wusste es das ganze Haus.
Ich trug den Koffer zum Auto und fuhr los. Bis Schmargendorf brauchte ich nicht lang, ich fand das Haus in der Ruhlaer Straße gleich. Erika hatte noch Licht an. Ich fuhr um die nächste Ecke und parkte den Wagen. Als ich mit dem Koffer in der Hand vor der Haustür stand, wusste ich, dass es falsch war. In der Hektik hatte ich nicht nachgedacht. Sie würde mich nicht verraten, aber es wäre die Hölle. Ich würde überschwemmt mit Anklagen. Ich nahm den Koffer wieder und drehte mich um. Da hörte ich, wie die Tür sich öffnete.
»Ich habe es gewusst!« Es klang fast wie eine Fanfare.
Ich drehte mich um. »Ja«, sagte ich. »Du hast es gewusst.«
»Und jetzt erwartest du, dass ich juble.« Sie warf einen Blick auf meinen Koffer. »Und willst gleich bei mir einziehen. In Moabit ist es dem Herrn wohl nicht mehr fein genug.«
»So in etwa.«
Sie lachte hell. Im Licht des
Weitere Kostenlose Bücher