Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
ab.
    »Wen wollten Sie sprechen?«
    »Georg Kowalski.«
    »Kommen Sie mit.« Er ging voraus zu einem Tisch an der Ecke. Die anderen beobachteten uns und tuschelten. Sie hatten Respekt vor dem Fremden. »Sie sind der Kommissar Seding«, sagte er.
    »Nein, Soetting. Ich war Kommissar, ich habe den Dienst quittiert.«
    »Ach, das ist ja mal was anderes. Warum?«
    »Woher kennen Sie mich?«
    »Aus der Zeitung, da stand was über Sie. Ist schon eine Weile her. Ich glaube, da war sogar ein Bild von Ihnen, neben dem Gennat.«
    Jetzt fiel es mir wieder ein. Es war die Morischkow-Sache. Ein Kindermädchen hatte eine Mutter vergiftet, um den Vater zu heiraten. Der Arzt hatte schon »Herzversagen« auf den Totenschein geschrieben, aber Gennat bestand auf einer Leichenöffnung. Es war sein Verdienst gewesen, dass wir den Fall klärten.
    »Aber jetzt sagen Sie mir mal, warum Sie den Dienst quittiert haben.«
    Er hatte intelligente Augen.
    Ich überlegte einen Augenblick. »Weil ich Verbrecher fangen und nicht schützen will.«
    Er grinste.
    »Wer sind Sie?« fragte ich ihn.
    »Das ist unwichtig.« Er stand auf, ging zu einem der Männer am Tresen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Mann verließ eilig das Lokal.
    Ich hörte, wie der Wirt sagte: »Ich muss bald schließen.«
    »Wart einen Augenblick, die Razzia ist doch zu Ende«, sagte der Glatzkopf. Er brachte mir ein Bier mit. »Haben Sie Hunger?«
    Jetzt merkte ich, wie hungrig ich war. Ich nickte. Der Glatzkopf ging noch mal zum Tresen und sagte dem Wirt etwas. Der schnaufte, aber dann verschwand er hinter einer Tür. Als der Wirt mit einem Teller Stullen an den Tisch kam, war ich bereit, an eine wundersame Fügung zu glauben. Wer war dieser Glatzkopf?
    Ich hatte das Brot fast aufgegessen, da öffnete sich die Tür. Der Mann, den der Glatzkopf weggeschickt hatte, erschien, hinter ihm erkannte ich Kowalski. Der Mann sagte etwas zu Kowalski und deutete auf unseren Tisch. Kowalski kam, er erkannte mich gleich. »Mensch, Herr Kommissar, was machen Sie denn hier?«
    Der Glatzkopf zeigte auf einen Stuhl, Kowalski setzte sich. Seine Gesichtsfalten warfen Schatten, die Stirn glänzte, es zeigten sich weiße Strähnen im dunkelbraunen Haar.
    »Er ist nicht mehr bei der Polizei«, sagte der Glatzkopf.
    »Das ist ja ein Ding!« sagte Kowalski. »Warum?«
    Der Glatzkopf winkte ab. »So, Herr Soetting, nun sagen Sie mal, was Sie wollen.«
    Ich schaute die beiden an, der eine ein Verbrecher, der andere ein höheres Tier im Kiez. Meine Lage zeigt sich an den Leuten, auf die ich angewiesen bin, dachte ich. Genaugenommen war ich am Ende. Mir fiel der Bahnbeamte ein, der Sofia und mir auf unserer Flucht geholfen hatte. Mein Glücksvorrat musste längst aufgebraucht sein. »Ich brauche eine Bleibe, nur für ein paar Tage.«
    »Und da kommen Sie zu Kowalski?« fragte der Glatzkopf.
    »Ja.«
    Er lehnte sich zurück und faltete seine Hände über der Weste. An der linken glänzte ein schmaler Ring. Er schloss seine Augen und runzelte die Stirn. »Sie haben Ärger«, sagte er.
    »Ja.«
    »Sie haben großen Ärger.«
    »Ja.«
    Kowalski drehte sein Gesicht jeweils zu dem, der sprach.
    »Um was geht’s?«
    Ich hob kurz die Hände.
    »Warum Kowalski?«
    »Weil ich ihn kenne und weil niemand darauf käme, ich könnte etwas zu tun haben mit ihm.«
    »Weil Sie ihn kennen«, murmelte der Glatzkopf.
    »Ich habe ihn nicht nur einmal verhaftet und vernommen, da lernt man sich gut kennen.«
    Der Glatzkopf schmunzelte.
    »Was sagst du dazu?« fragte er Kowalski.
    »Ja.«
    »Was heißt >ja    »Er hat mich verhaftet und verhört. Er ist anständig.«
    »Vor wem hauen Sie ab?« fragte mich der Glatzkopf.
    »Vor der Polizei«, sagte ich. Es war nur die halbe Wahrheit.
    Der Glatzkopf wieherte los. »Das ist knorke. Vor der Polizei!« Kowalski fiel ein. Dann lachte der Glatzkopf plötzlich nicht mehr. Auch Kowalski hörte auf.
    »Was glauben Sie, wie viele Leute gerade vor den Greifern abhauen?« fragte der Glatzkopf.
    Ich zuckte mit den Achseln.
    »Hunderte, vielleicht Tausende, allein in Berlin. Die machen Jagd auf alles, was kommunistisch oder sonstwas ist.«
    »Sonstwas?«
    »Vor ein paar Tagen haben sie Zuhälter eingesammelt, dann wieder laufengelassen. Dann haben sie gehetzt, was sie Gewohnheitsverbrecher nennen. Ab in die Lager. Ich habe gerade gestern einen getroffen, der kam aus so einem Lager. Die schlagen die Leute, lassen sie hungern.«
    »Wer sind Sie?«
    Der Glatzkopf lachte. »Ihr Kollege

Weitere Kostenlose Bücher