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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Nazis, Kommunisten und Sozialdemokraten verprügelt, gefoltert, verstümmelt, getötet. Traf es einen Kommunisten, suchten wir den
    Täter bei den Nazis. Traf es einen Nazi, suchten wir den Täter bei den Kommunisten. Und wenn wir einen Mörder fanden, dann passte er so gut wie immer in dieses Muster. Grüntner hatte recht, den Täter bei den Kommunisten zu suchen. Aber waren es Leutbold und Schmoll? War sie es? Ich war wütend auf Sofia Schmoll. Noch wütender war ich auf Grüntner. Er hätte mich sofort unterrichten müssen.
    »Ich möchte die Beschuldigten noch einmal vernehmen.«
    »Gerne«, sagte Grüntner. Es klang, als hätte er sagen wollen: Sooft Sie wollen, Herr Kollege. Er grinste.
    Die beiden wurden wieder in getrennte Zimmer geführt.
    »Sie gehören zur Abteilung Militärpolitik der KPD.«
    Leutbold blickte mich an. Ich bildete mir ein, Überraschung in seinen Augen zu lesen.
    »Sie sind Mitglied der KPD.« Ich fragte nicht, ich stellte fest.
    Er zuckte die Achseln. Das konnte ja heißen oder lass mich in Ruhe.
    »Sie haben mich bei unserem ersten Gespräch belogen.« Ich betonte Gespräch.
    »Ich sage nichts ohne Anwalt. Der andere Kommissar hat meine Brieftasche, darin finden Sie die Nummer eines Rechtsanwalts. Den möchte ich anrufen.«
    »Gut«, sagte ich und ließ ihn abführen in seine Zelle.
    Sofia Schmoll schaute mich an, als ich das Zimmer betrat. Sie hatte ihre Hände in den Schoß gelegt.
    »Warum lügen Sie?«
    Die Frage traf sie. So hatte auch Elsbeth geschaut, wenn wir uns gestritten hatten.
    »Sie haben mir gesagt, Sie seien keine Kommunistin, haben sogar so getan, als wüssten sie gar nicht, was das bedeute. Und nun erfahre ich, Sie haben einen KPD-Kurs besucht.«
    Sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Sie hob ihre Hand, als wollte sie mich abwehren. Dann sagte sie leise: »Ich habe mich ein bisschen dümmer gestellt.«
    »Das ist offenbar eine Masche bei Ihnen.«
    Ein Lächeln erschien in ihrem Gesicht und verschwand gleich wieder. Eine starke Frau, dachte ich.
    »Sie sind kein Zimmermädchen, sondern Studentin.«
    »Das Studium habe ich abgebrochen.«
    »Wegen der KP?«
    »Nein, weil es nichts bringt. Was soll eine Frau mit einem Studium anfangen? Es gibt genug Arbeitslose. Da habe ich die Arbeit genommen, die ich kriegen konnte. Besser Zimmermädchen im Elephant als arbeitslose Akademikerin. Oder glauben Sie, die stellen eine Frau ein, wenn sich Hunderte von Physikern um eine Stelle an einer Universität bewerben?« Sie klang bitter.
    »Wie haben Sie Leutbold kennengelernt?«
    »Bei der MASCH. Er hat dort einen Vortrag gehalten. Nach der Diskussion hat er mich angesprochen.«
    »Was für einen Vortrag?«
    »Über die Naturwissenschaften in der Sowjetunion.«
    »Sie sind zusammen mit Leutbold nach Weimar gekommen?«
    Sie nickte.
    Ich spürte einen Stich, es war Eifersucht auf Leutbold.
    »Warum wollten Sie im Elephant arbeiten?«
    »Leutbold hat mir erzählt, dass er mir eine Stelle besorgen könne. Er würde nach Weimar gehen, ich solle mitkommen. Er arbeitete immer mal wieder in Hotels und hat auch eine Ausbildung im Hotelfach.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage. Sie wollen mir doch nicht erzählen, es sei Ihnen nur um die Stelle gegangen?«
    »Nein, ich hatte einen Auftrag. Ich sollte zuhören, wenn sich Industrielle und Führer anderer Parteien unterhielten und möglichst viel mitschreiben. Leutbold hat das auch gemacht. Er hat unsere Berichte dann nach Berlin geschickt.«
    »Zur KPD-Zentrale.«
    »Ja.«
    »Zur Abteilung Militärpolitik?«
    »Weiß ich nicht. Die kenne ich nicht. Wirklich!«
    Ich glaubte ihr und erinnerte mich gleich daran, dass ich ihr schon einmal geglaubt hatte. »Dann haben Sie also in dieser Nacht gelauscht an der Tür der Suite?«
    Sie nickte. Mir schien, es war ihr peinlich. »Wir müssen doch wissen, was die Faschisten planen.« Es war eine Entschuldigung.
    »Und die wollen wissen, was die Kommunisten planen«, erwiderte ich und dachte an Grüntners SD-Dossier.
    Sie schaute mich fragend an.
    Ich winkte ab. »Was haben Sie denn gehört, als Sie an Hitlers Tür lauschten?«
    »Durch zwei Türen hört man nicht viel. Aber da haben Männer geschrien.«
    »Wie viele?«
    »Ich glaube, zwei. Aber sicher bin ich mir nicht.«
    »Es könnten also mehr im Schlafraum gewesen sein«, sagte ich. »Den erreicht man nur durch das Wohnzimmer. Warum haben die sich im Schlafzimmer in die Wolle gekriegt?«
    Ihre Haut rötete sich leicht.
    »Haben Sie dafür einen

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