Der Consul
auf den Nachttisch auf meiner Seite des Betts und begann mich auszuziehen. Erika stand in der Tür und schaute zu. Sie setzte sich auf ihre Bettseite. »Wir müssen miteinander reden.«
»Nicht jetzt«, erwiderte ich und spürte die Wut in mir. Dass die Wut mich hindern könnte, bald einzuschlafen, machte mich noch wütender.
»Du solltest mich beachten«, sagte sie.
»Wenn ich ausgeschlafen habe, werde ich es tun.«
»Du bist ein Zyniker.«
Dieses Wort hatte ich noch nicht gehört von ihr. »Ich dachte, du wärst abgehauen, für immer.«
Tränen quollen in ihre Augen. »Du bist gemein.«
Es war ein Gespräch wie Dutzende zuvor. Wir tauschten Worte aus und verstanden uns nicht. Die Worte sagten nicht, was wir meinten. Ich wollte sie loswerden, meistens jedenfalls, und sagte es nicht, jedenfalls nicht nachdrücklich genug. Sie wollte mich nicht mit meinem Beruf teilen, wusste, wie idiotisch diese Idee war, und gestand es sich und mir nicht ein. Meine Schwäche prallte auf ihren Besitzergreifungswahn. Ich hatte Angst, es würde laufen wie immer. Sie weinte, dann zog sie sich aus, um mich zu verführen. Sie wusste, ihr nackter Körper erregte mich, sie setzte ihn ein, um mir nah zu sein. Ich schloss die Augen als Abwehr.
»Wenn du mich nicht schlafen lässt, kipp ich aus den Latschen. Ich habe tagelang kaum ein Auge zugemacht, ich kann nicht mehr.«
Sie schnaubte und stand auf, ich spürte es in der Matratze. Sie schloss die Tür etwas zu laut.
Als ich aufwachte, roch ich Bohnenkaffee. Ich zündete mir eine Zigarette an und schaute auf die Uhr. Es war fast fünf Uhr am Nachmittag. Ich fühlte mich gut. In der Küche warteten ein Teller und eine Kanne Kaffee auf mich. Erika lächelte mich an, als wäre nichts gewesen.
»Wohlfeld hat angerufen. Ich habe gesagt, du wärst unterwegs.«
Einen Augenblick packte mich der Zorn, dann beruhigte ich mich. Es rührte mich, sie hatte über meinen Schlaf gewacht, obwohl sie ihn als Angriff empfunden hatte.
»Was wollte er?«
»Er hat nichts gesagt. Es klang nicht wichtig oder eilig.«
Er konnte die Experimente mit der Leichenattrappe noch nicht abgeschlossen haben. Ich trank einen Schluck Kaffee und wählte die Nummer meines Büros am Telefon im Flur.
»Mordkommission, Kriminalassistent Wohlfeld.«
»Was gibt’s?« fragte ich.
»Herr Kommissar, die Staatsanwaltschaft Erfurt hat bestätigt, dass die Beschuldigten nach Leipzig überführt werden.«
»Dann rufen Sie jetzt beim Büro des Oberreichsanwalts an und fragen, wann sie in Leipzig erwartet werden. Melden Sie mich dort für übermorgen an, ich möchte mit dem Oberreichsanwalt und den Beschuldigten sprechen. Ich möchte dabei sein, wenn sie dem Haftrichter vorgeführt werden. Von Leipzig aus fahre ich nach München, um mir Hitlers Entourage anzuschauen.«
»Wen bitte?«
»Na, die Herren Adjutanten und Chauffeure des Führers. Genauso wichtig: Für morgen früh brauche ich Termine bei den Herren Strasser und Göring, wenn es geht, hintereinander weg.«
Während des Telefonats beschloss ich, nicht mehr zum Präsidium zu fahren. Ich wollte allein sein, meine Gedanken ordnen. Zuerst musste ich Erika loswerden. Ich nahm meinen Mut zusammen und sagte in ihr Lächeln hinein: »Ich möchte, dass du wieder gehst, für immer.« Sie tat mir leid, aber ich hatte erfahren, wie sinnlos es war, mit ihr zu argumentieren. Menschen in unserem Alter ändern sich nicht mehr. Ich blickte Erika an und dachte an Sofia, ihr Bild wurde kräftiger, je länger ich sie nicht sah. Erika störte, sie stand zwischen mir und dem Bild.
»Du liebst mich nicht mehr.«
»Richtig.«
»Du hast mich nie geliebt.«
»Kann sein.« Ich wählte meine Worte nach der Wirkung. Ich wollte sie treffen, je härter, desto schneller würde sie begreifen. Ob ich die Wahrheit sagte, war mir gleichgültig. Ich hoffte auf ihre Bereitschaft, schnell gekränkt zu sein. Wenn ich sie bleiben ließ, würde sie bald ihren Koffer holen und ihre Kleider wieder in meinen Schrank hängen. Dann würde es noch schwieriger und schmerzhafter, es zu beenden.
Sie stampfte mit dem Fuß auf den Boden. »Du hast mich ausgenutzt, hast eine fürs Bett gebraucht, und dafür hast du mir Gefühle vorgespielt.«
»Ja.« Es war nicht ganz falsch, was sie mir vorwarf.
»Und das gibst du auch noch zu?« Sie schrie fast.
»Ja.«
Sie holte schneller aus, als ich reagieren konnte. Der Schlag traf mich am Auge, es tat höllisch weh. Er half mir. »Raus«, sagte ich. In diesem
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