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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Kommissar.«
    »Jawohl, Herr Ministerpräsident. Wir Kriminalisten brauchen oft Glück.«
    »Na, dann hoffe ich, dass es Ihnen auch in diesem Fall treu ist.« Er drückte auf einen Knopf unter dem Tisch. Die Tür ging auf, Bauer trat ein und wartete stramm auf Görings Befehl. »Bringen Sie den Herrn Kommissar zur Pforte.«
    Als ich zurückging zum Ford, schauderte mir. Wenn diese Leute an der Macht blieben, die Görings und ihre Bauers, dann würden sie die Polizei zerstören. Sie würden die Gerichte in Tribunale verwandeln, die Gefängnisse und Zuchthäuser in Folteranstalten. Sie würden aus Deutschland eine Kaserne machen. Sie waren mindestens so gefährlich wie die Kommune, und im Gegensatz zu ihr schien ihr Staatsstreich zu glücken.
    Ich setzte mich hinters Steuer und fuhr los. Ich fühlte mich, als wäre ich in eine neue Zeit eingetreten. Wenn mich Görings Aussagen im Fall Hitler auch nicht weiterbrachten, sie hatten mir die Augen geöffnet. Göring zwang mich, die Wirklichkeit zu sehen.
    *
    An der Rennbahn sah ich zunächst nur die Autos. Dann entdeckte ich Wohlfeld im Gespräch mit einem Mann. Ich ging auf die beiden zu.
    »Das ist der Hausmeister, Herr Kommissar, Herr Scheling. Er hat uns alle Räume gezeigt. Nichts zu finden.«
    Scheling war ein großer, dicker Mann mit ausgedünntem blondem Haar. Er hatte ein kindliches Gesicht.
    »Ihnen ist in letzter Zeit nichts aufgefallen?«
    Scheling schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Kommissar.« Er hatte eine hohe, fast piepsige Stimme, sie passte nicht zu seinem Körper. »Es sind jetzt auch keine Rennen. Es werden immer weniger, die Leute können es sich nicht mehr leisten.« Er klang jämmerlich.
    Ich ließ ihn stehen. Wohlfeld und die uniformierten Kollegen folgten mir. Wir fuhren ans andere Ufer der Spree. Dort beugten sich Wohlfeld und ich über die Karte, die auf der Motorhaube des Ford lag. Ich überlegte, wie wir unsere Kräfte am besten verteilten. In der Nähe ratterte ein Zug vorbei. Das Geräusch riss mich von der Karte hoch. Irgend etwas war mir aufgefallen. Ich schaute mich um, nichts. Dann blickte ich wieder auf die Karte, da stand es: Motorboot-Klub Oberspree.
    »Wo es Motoren gibt, gibt es Öl«, murmelte ich.
    Wohlfeld blickte mich erstaunt an.
    Ich tippte mit dem Finger auf den Eintrag in der Karte. »Verstehen Sie nicht?«
    Wohlfeld schlug sich mit der Hand an die Stirn. Es sollte wohl heißen: Warum haben wir nicht da angefangen zu suchen? Es war nicht erwiesen, dass der Motorboot-Klub etwas zu tun hatte mit dem Röhm-Mord, aber Öl gab es dort genug. Und Kabel mit Sicherheit auch.
    »Ich schaue mir den Laden mal an«, sagte ich. Ich lief am Ufer der Spree entlang, auf der anderen Seite des Flusses war ein Sandstrand. Das Klubhaus war aus Holz, vor kurzem weiß gestrichen, die Farbe strahlte in den trüben Tag. Daneben ein Bootsschuppen. Um den Schuppen herum waren Boote aufgebockt, abgedeckt mit Persenningen. Ein Mann hantierte an einem aufgebockten Kajütboot. Er trug hochgeschnürte Stiefel, einen dunkelblauen Rollkragenpullover und eine graue Mütze, die er tief über die Ohren gezogen hatte. Er lachte mich freundlich an, als ich mich ihm näherte.
    »Guten Tag, nicht viel los heute«, sagte er.
    »Hier herrscht doch erst wieder im Frühjahr Betrieb«, sagte ich.
    Er nickte und schaute einen Augenblick traurig aus.
    »Sind Sie hier der Verwalter?«
    »Ja, ich bin das Faktotum, das Mädchen für alles.«
    »Ist es teuer, ein Motorboot zu unterhalten?«
    »In diesen Zeiten ist alles teuer.«
    »Aber manche schmerzt es weniger.«
    »Richtig.«
    »Wie lange sind Sie hier am Tag?«
    »Kommt drauf an. Zur Zeit nicht so lange. Heute war ich um acht Uhr hier, und bald bin ich wieder weg. Ein paar kleine Reparaturen, mehr nicht. Die Überholungen haben wir schon erledigt.«
    »Wir?«
    Das Lächeln verschwand. »Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?«
    Ich zeigte ihm meinen Dienstausweis.
    Er schien verunsichert. »Darf ich fragen, um was es geht?«
    »Um Mord.«
    »Darf ich fragen, wer ermordet wurde?«
    »Fragen dürfen Sie.«
    »Entschuldigung, Herr Inspektor.«
    »Herr Kommissar.«
    »Entschuldigung, Herr Kommissar.«
    »Sie brauchen keine Angst zu haben. Das ist eine Routineermittlung, mit Ihnen hat sie eher nichts zu tun.«
    »Dann ist ja gut.« Ein vorsichtiges Lächeln.
    »Wie heißen Sie?«
    »Hermann York.«
    »Gut, Herr York. Ich würde mir gerne die Anlage anschauen. Vielleicht sind Sie so freundlich, mich ein bisschen herumzuführen?«

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