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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Friedrichstraße, Wilhelmstraße und Bendlerstraße ballte sich zusammen, was mächtig war im Deutschen Reich.
    Rübezahl empfing mich aufgedreht. »Komm mit«, sagte er und führte mich durch übervölkerte Gänge in sein Dienstzimmer. »Jetzt ist richtig was los.«
    Als wir saßen und die Sekretärin Kaffee gebracht hatte, sagte Rübezahl: »Es geht drunter und drüber. Ein Aufbrach! Vorbei mit dem Hunderttausend-Mann-Heer und der Tümpelmarine. In ein paar Jahren sind wir wieder wer. Du wirst es sehen.«
    Seine Freude ließ mich eine Weile verstummen.
    Dann fragte ich: »Und die Abrüstungsverhandlungen? Und der Versailler Vertrag? Und die Entente?«
    »Kokolores. Die Franzosen sind ausmanövriert. Entweder rüsten alle ab, oder wir rüsten auf. Da aber die anderen ihre Waffen nicht verschrotten, müssen wir neue anschaffen. Niemand kann uns das verwehren. Die Reparationen sind erledigt, Brüning sei gelobt, und der Rest des Diktats ist bald auch Makulatur. Division um Division wird aufgebaut, die Pläne dazu gibt seit fast zehn Jahren, der alte Seeckt hat vorgesorgt, und wir ernten jetzt.«
    Seine Begeisterung machte mir angst, erinnerte mich an die Stimmung im August 1914.
    »Aber deswegen bist du ja nicht gekommen«, sagte er. »Olendorff also.«
    »Du kennst ihn.«
    »Nicht persönlich. Aber er ist Präsident des Motorboot-Klubs Oberspree, ein paar hohe Tiere von hier sind mit von der Partie. Da hört man dieses und jenes.«
    »Und was hört man da?«
    »Ich kann dir nicht alles sagen, du verstehst.«
    Ich nickte. »Ich interessiere mich nicht für Staatsgeheimnisse.«
    »Aber du liest ja auch Zeitung. Erinnerst du dich an das Geschrei der Sozis wegen unserer Zusammenarbeit mit Sowjetrussland?«
    Ich hatte gelesen, dass die Reichswehr in Russland Waffen baute und Soldaten ausbildete, um den Versailler Vertrag zu umgehen.
    »Ich rede jetzt nicht über unsere lieben Sozis, die dieses Geschäft in ihrer Regierungszeit genauso betrieben haben. Ich sage nur, Olendorffs Armaturenfabrik gehört zu dem Konsortium, das mit uns zusammenarbeitet. Das wurde schon mal erwähnt im Reichstag, also kann ich es erzählen. Trotzdem wäre ich dir dankbar, du würdest damit nicht hausieren gehen.«
    »Dazu gibt es keinen Grund, auch wenn ich über die Aufrüsterei nicht so begeistert bin wie du.«
    »Ach!« »Einmal Krieg reicht mir. Hast du die Jahre im Graben vergessen?«
    Er schüttelte den Kopf, erwiderte aber nichts.
    »Zurück zu Olendorff. Er baut also Waffen für euch.«
    »Er ist beteiligt an einer Fabrik, die das tut.«
    »Ein Mordmotiv ist das nicht, also ist es mir gleichgültig. Kannst du mir etwas sagen über die Mitglieder des Klubs?«
    Er wiegte seinen Kopf. »Besorg dir die Mitgliederliste.«
    »Krieg ich nicht, angeblich gibt’s keine.«
    Er war erstaunt.
    »Könnte es sein, dass dieser Klub eine Geheimorganisation tarnen soll?«
    Er lehnte sich zurück und starrte an die Decke. »Was sollte das für eine Organisation sein?«
    »Keine Ahnung. Hohe Offiziere und Industrielle, die gemeinsame Ziele haben. Welche auch immer.«
    Er sagte lange nichts, nippte an seinem Kaffee, gab mir Feuer. »Ich bin nur ein kleines Licht und höre dies und jenes. Ob das dann alles stimmt, weiß der Himmel. Aber in einer Sache bin ich mir sicher: Lass die Finger von diesem Olendorff und seinem Klub. Die sind ein paar Nummern zu groß für dich. Die haben jetzt mehr Einfluss als jemals zuvor.«
    »Die Sklareks sind auch aufgeflogen, und die hatten die halbe Stadt gekauft.«
    »Die Sklareks sind Würmchen im Vergleich zu Olendorff und seinen Leuten. Die haben direkten Zugang zur Regierung, wenn nicht noch mehr. Das munkelt man hier. Beweisen kann ich es nicht. Ich dürfte dir nicht mal die Gerüchte erzählen.«
    »Albern«, sagte ich.
    »Wenn du wüsstest. Die wittern hier überall Verrat. Haben jetzt ja auch mehr zu verstecken.« »Du sprichst in Rätseln.«
    Er lachte. »Dann lös sie doch, du Kriminalist.«
    »Um zu einem anderen Geheimnis zu kommen. Was treibt eigentlich der Oberleutnant Rickmer? Der verschwand so plötzlich, wie er aufgetaucht war.«
    »Hauptmann Rickmer bitte, inzwischen gibt’s neue Planstellen, und es wird wieder befördert. Der ist unterwegs, frag mich nicht, wo. Ist so eine Art gehobener Laufbursche von Schleicher.«
    »Dann will ich kleiner Kriminalist dir mal erzählen, was ihr so Geheimnisvolles treibt. Ihr rüstet auf, ganz einfach. Geheimnistuerei, Planstellen, Beförderungen. Genug Indizien für

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