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Der Consul

Der Consul

Titel: Der Consul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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das Buch. Olendorff wohnte Am Sandwerder 8, im Villenviertel am Wannsee, dort, wo die reichen und mächtigen Leute lebten. Ich kannte die Gegend, in der Nähe waren das Strandbad und der Yachtclub. In der Waldschänke nahe des S-Bahnhofs Nikolassee hatte ich sommers manche Weiße getrunken.
    Ich nahm den Ford, und über den kerzengeraden Kronprinzessinnenweg parallel zur AVUS erreichte ich bald den Wannsee. Eine hohe, dichte Hecke schirmte Olendorffs Haus ab. Das Gartentor war aus massivem Holz, dunkelbraun gestrichen, mit Eisenbeschlägen. Am Pfosten aus rotem Backstein daneben protzte eine in Messing gefasste Klingel. Ich drückte darauf, kurze Zeit später hörte ich Schritte. Das Tor öffnete sich. Ein Butler im Cut betrachtete mich ausdruckslos.
    »Sie wünschen?«
    »Ich möchte Herrn Dr. Olendorff sprechen.« Diesmal fand ich meinen Dienstausweis in einer Jackettasche. Ich hielt ihn dem Mann unter die Nase.
    »Folgen Sie mir bitte.« Der Ton hätte nicht frostiger sein können. Der Mann schien mir eher ein Butlerdarsteller zu sein als ein Butler. Wir gingen durch einen Park. Der Rasen glatt gestutzt, die Beete mit geraden Kanten, Bäume, deren Äste auf Form geschnitten waren. Mitten im Park stand eine weiße Villa mit drei Etagen, die aussah, als würde man ihre Fassade jeden Tag putzen. Der Plattenweg zum Haus war befreit von allem Grün. Die Tür der Villa ähnelte dem Gartentor. Der Butler führte mich in die Empfangshalle des Hauses. »Bitte warten Sie.« Er verschwand.
    Es dauerte nicht lange, bis er wieder auftauchte. »Folgen Sie mir bitte.« Er verstand es, seine Schritte auf dem Marmorboden zu dämpfen, als er mich in einen großen Raum führte. Ich hatte kaum Zeit, unterwegs die Ölgemälde an den Wänden zu bewundern. Alles hier roch nach Reichtum. »Warten Sie bitte«, sagte der Butler und zeigte auf eine Sitzecke in dem Raum, der ein Arbeitszimmer zu sein schien. Zumindest gab es hier einen großen Schreibtisch und Regalwände mit Büchern.
    Erst als sie sich öffnete, bemerkte ich die Tür neben dem Regal. Es erschien ein kleiner, hagerer Mann mit weißen Haaren und einer großen Hakennase. Er sah aus wie ein Geier. »Ja, bitte«, sagte er. Er hatte eine quetschige Stimme.
    »Guten Tag, Kommissar Soetting, Mordkommission, ich führe die Ermittlungen in den Mordfallen Hitler, Röhm, Goebbels und Strasser.«
    Er schaute mich kalt an.
    »Sie sind Vorsitzender des Motorboot-Klubs Oberspree?«
    Er nickte kaum erkennbar.
    »Haben Sie ein Mitgliederverzeichnis?«
    »Das hat mich schon mal ein Polizist gefragt. Es war damals nicht vorhanden und ist es heute auch nicht.«
    Wohlfeld hatte mir nichts berichtet davon.
    »Das heißt, Sie wissen nicht, wessen Präsident Sie sind.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Dann wäre ich Ihnen dankbar, Sie könnten mir aufschreiben, wer Mitglied Ihres Klubs ist.«
    »Ich bin nicht berechtigt, diese Ehrenmänner der Öffentlichkeit preiszugeben.«
    »Was geben Sie preis?«
    Er stand da wie angewurzelt und sagte nichts.
    »Es ist keine Schande und kein Ehrverlust, Mitglied eines Motorboot-Klubs zu sein.«
    Er antwortete nicht.
    »Herr Dr. Olendorff, ich kann Sie vorladen. Ich kann eine Hausdurchsuchung beantragen.«
    Er lächelte kaum sichtbar.
    »Wie war Ihr Name?«
    »Soetting, Kommissar Soetting.«
    »Mordkommission?«
    »Ja.«
    »Ich sage Ihnen: Ich und die Mitglieder des Klubs haben nichts zu tun mit den besagten Morden. Wir sind anständige, national denkende Ehrenmänner. Wir haben im Krieg für unser Vaterland gekämpft. Diese Auskunft eines Ehrenmanns muss Ihnen reichen.«
    »Sie reicht mir nicht. Der Strafprozessordnung noch weniger. Ich setze Ihnen eine Frist. Wenn ich die Liste nicht morgen abend auf meinem Schreibtisch im Polizeipräsidium habe, werde ich Sie vorladen. Wenn Sie nicht erscheinen, werde ich Sie vorführen lassen. Haben Sie das verstanden?«
    Er regte sich nicht.
    Ich stand auf und sagte: »Ich kenne den Weg.«
    In der Vorhalle wartete der Butler. Er öffnete mir die Tür. Während ich durch den Garten zum Tor ging, drehte ich mich um. Da stand der Butler und schaute mir nach. Mir fröstelte. Ich setzte mich ins Auto und schloss die Augen. Ich fühlte mich schwach, die Nerven waren angespannt. Endlich eine heiße Spur, dachte ich, endlich eine heiße Spur.
     

XI.
    A ls ich am Morgen aufwachte, fühlte ich mich ausgeschlafen. Vielleicht erwischen sie dich doch nicht. Du hast Gefangene befreit und einen gesuchten RFB-Mann nach Hamburg

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