Der Cop und die Lady
verdammt guter Mann sein, soviel stand für Mike fest, denn bisher war er ihm noch nicht aufgefallen. Mike konnte nur hoffen, dass seine eigenen Aktivitäten ebenso im verborgenen blieben.
Sein einziger Gefährte während dieser einsamen Nächte war Sig. Er nahm den Hund immer mit, einerseits deshalb, weil er ihn nicht allein in seinem Loft zurücklassen wo llte, und andererseits, weil er sich nach Gesellschaft sehnte. Vor allem in den frühen Morgenstunden, wenn ihn seine Müdigkeit zu überwältigen drohte, uferte seine Phantasie aus und gaukelte ihm alle möglichen Trugbilder vor. Da tat es ihm gut, jemanden zu haben, mit dem er reden konnte.
Immer wieder kehrten seine Gedanken zu Karen Kurtzmann zurück. Zum erstenmal seit langer Zeit erinnerte sich Mike wieder daran, wie es mit Karen zu Anfang gewesen war. Er sah sie wieder vor sich: ein langer Pferdeschwanz, im Ohrläppchen einen Brillanten, Designerklamotten -
der typische
Schmalspurdrogendealer-Look. Während seiner Undercovertätigkeit hatte er viele Leute hinters Licht geführt bezüglich seiner Person, aber Karen hatte ihn auf Anhieb durchschaut. Sie erkannte ihn als den, der er war - ein ehrlicher Cop, der seiner Arbeit nachging. Sie schaffte es sogar, dass er stolz auf seine Arbeit war.
Sie flehte ihn an, ihr zu helfen, sie herauszuholen aus dem Sumpf, in dem sie bis über beide Ohren drinsteckte. Und sie hatte hoch und heilig geschworen, ihn nicht zu verraten.
Er rief sich das prickelnde Gefühl, das ihre ersten Begegnungen in ihm ausgelöst hatte, wieder ins Gedächtnis zurück. Alles musste natürlich streng geheim bleiben. Nun fragte er sich, ob es nicht vielleicht diese Aura von Geheimnis und Gefahr, die ihre Treffen umgeben hatte, gewesen war, die sowohl sie als auch ihn angetörnt hatten. Oh, sie war begehrenswert mit ihrem langen
kohlrabenschwarzen Haar und den seelenvollen Augen, darüber gab es keinen Zweifel. Ebenso wie ihr schlanker und doch üppiger Körper, den bei ihrem ersten Treffen nur ein knapper Bikini schmückte, während sie ihn über den Rand ihrer großen dunklen Sonnenbrille hinweg forschend ansah. Sie hat in dir gelesen wie in einem offenen Buch. Alles, was sie tun musste, war, dir den Kopf zu verdrehen.
Nach kurzer Zeit war er total verrückt nach ihr, so verrückt, dass er bereit war, jede Vorsicht zu vergessen und jedes Risiko auf sich zu nehmen, nur um mit ihr Zusammensein zu können. Jack Renzo war der einzige, der von der Sache wusste, und er deckte ihn, wo immer er konnte. Aber er hatte Mike auch die Hölle heiß gemacht und ihn davor gewarnt, sich emotional allzusehr auf Karen einzulassen.
„Sieh dich vor, Kumpel”, sagte er wieder und wieder. „Pass auf, dass sie nicht ihre Krallen in dich schlägt. Sie reißt dich in Stücke.” Aber Mike war überzeugt gewesen, die Dinge voll im Griff zu haben. Das, was er mit Karen hatte, war so gut, was sollte ihm da schon passieren? Rückblickend musste Mike zugeben, dass ihm die Sache schon nach sehr kurzer Zeit total aus den Händen geglitten war, er war besessen von Karen, besessen von der Lust, die sie in ihm zu erzeugen verstand, er war Wachs in ihren Händen. Und am Ende hatte sich herausgestellt, dass Jack recht behalten hatte. Sie lockte ihn in eine Falle, und Jack Renzo musste seine, Mikes, Dummheit mit dem Leben bezahlen.
„Der gute alte Jack war nicht so naiv wie dein Herrchen”, sagte Mike zu Sig.
„Aber es hat ihm nichts genützt.” Der Hund schaute ihn aufmerksam an. Während Mike ihm den Kopf tätschelte, wurde ihm bewusst, dass er zum erstenmal an Jack Renzo denken konnte, ohne dass ihm Zorn und Selbsthass fast den Verstand raubten. Er verspürte Trauer, Reue und die Lücke, die Jack hinterlassen hatte, das wohl, doch mit diesen Gefühlen konnte er leben. Er wusste zwar nicht, was die Veränderung bewirkt hatte, aber er war dankbar dafür.
Die Woche dehnte sich endlos für Nina.
Nur ihre Arbeit bereitete ihr Freude. Alle in der Firma verhielten sich ihr gegenüber sehr rücksichtsvoll und halfen ihr, die Gedächtnislücken zu füllen, wo und wann auch immer sie sich bemerkbar machten. Glücklicherweise waren ihre Fachkenntnisse von ihrer Amnesie vollkommen unberührt geblieben, eine Tatsache, die sie immer wieder mit Erleichterung registrierte. Vor allem nun, da sie erfahren hatte, dass für nächsten Montag zusammen mit Julien eine seit Wochen geplante Geschäftsreise nach Kolumbien auf ihrem Terminkalender stand.
„Du musst nicht fahren, wenn
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