Der Cop und die Lady
„Lass uns noch mal darüber reden, ja?”
„Es gibt aber nichts mehr zu reden, Julien. Es tut mir wirklich schrecklich leid, doch ich kann nicht anders.”
„Das ist alles nur wegen dieses Cops, stimmt’s?”
„Nein, ist es nicht.” Nina versuchte, ihre Stimme so unbeteiligt wie möglich klingen zu lassen. Sie dachte gar nicht daran, Julien zu erzählen, dass sie, seit sie mit Mike geschlafen hatte, nichts mehr von ihm gehört hatte. Und das war jetzt eine Woche her. „Es ist wegen dir und mir. Ich liebe dich nicht, und ich werde dich auch nie lieben. Das musst du einfach akzeptieren, ich bitte dich.”
„Ich verstehe.” Mit drei langen Schritten war er bei der Tür. „Ich vermute, es wäre jetzt angebracht zu sagen, „dann lass uns doch wenigstens Freunde sein’”, sagte er und rang sich ein Lächeln ab.
„Ich hoffe sehr, dass das möglich ist”, gab Nina leise zurück.
„Natürlich. Und, Nina, mach dir keine Gedanken wegen der Firma. Es wird wahrscheinlich ein paar peinliche Momente geben, wenn wir bekanntgeben, dass unsere Verlobung geplatzt ist, aber das geht vorbei. Ich will keinesfalls, dass du dich schlecht fühlst.”
„Dank dir, Julien. Du verhältst dich wirklich wie ein Gentleman.” „Ich versuche es zumindest”, erwiderte er mit einem missglückten Lächeln. Dann verbeugte er sich und ging.
Am Sonntagabend war Mike fast soweit, die Operation Dennison abzublasen.
Dies alles führte zu nichts. Die Woche war ereignislos vergangen, und das einzige, was bei seinen Aktivitäten herauskam, war, dass er sich mehr und mehr wie ein Spanner zu fühlen begann.
Nina war zu Hause. Er entschied sich, noch bis zum Einbruch der Dunkelheit auszuharren, und dann würde er heimfahren. Und dort bleiben. Gerade in dem Moment fuhr die Blonde in dem roten Jaguar vor: Einen Moment später kam Nina mit einer Sporttasche aus dem Haus und kletterte zu ihr ins Auto.
Ach, was soll’s, dachte Mike kurz entschlossen, ließ zwei Wagen zwischen sich und den Jaguar und fuhr hinterher. Als er um die erste Ecke biegen wollte, sah er es aus dem Augenwinkel im Rückspiegel silbern aufblitzen. Er schaute nach hinten und sah, wie Juliens silberner Mercedes in die Straße, in der Nina wohnte, einbog. Mike grinste schadenfroh. Pech gehabt. Julien hatte Nina verpasst. Oder hatte er womöglich nur gewartet, bis sie aus dem Haus war?
Mike entschied in Zehntelsekunden, den Jaguar sausen zu lassen und seine Aufmerksamkeit Julien zuzuwenden. Wohin Nina und die Blonde fuhren, wusste er sowieso, weil er den beiden schon zweimal in dieser Woche zum Fitnessstudio gefolgt war. Also drehte er um und hielt in einiger Entfernung vor Ninas Haus.
Duchesnes Mercedes war eben durch die Toreinfahrt entschwunden. Mike wartete ungeduldig auf Julien. Fünf Minuten später wartete er noch immer.
Nachdem sich auch danach nichts tat, beschloss er, nach dem Rechten zu sehen.
Er kramte in seinem überfüllten Handschuhfach und förderte schließlich eine große Sonnenbrille und eine verknautschte Baseballkappe, auf der eine Bierflasche und der Slogan Schnapp dir ein Heinie aufgedruckt waren, zutage.
Nicht unbedingt sein Stil, aber so würde ihn Duchesne hoffentlich nicht erkennen.
Er fuhr langsam an Ninas Haus vorbei, wobei er versuchte, einen Blick in die Toreinfahrt auf den Parkplatz zu werfen. Duchesnes Mercedes stand dort, und dahinter ragte ein Stück des hinteren Kotflügels von Ninas BMW hervor.
Ansonsten war der Parkplatz leer. Und von Julien Duchesne keine Spur. Mike schlich im Schritttempo dahin, doch dann ertönte ein Hupkonzert hinter ihm, das ihn zwang, schneller zu fahren, wenn er es nicht riskieren wollte, Duchesnes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Weil es sich bei der Straße, in der Nina wohnte, um eine Einbahnstraße handelte, musste er den ganzen Block umrunden, um wieder an seinen Ausgangspunkt zurückzukehren. Duchesne war nicht in Sicht, obwohl sein Auto noch immer auf dem Parkplatz stand.
Nachdem Mike den Block zum drittenmal umfahren hatte, tauchte Duchesne auf einmal so plötzlich wie ein Springteufel zwischen den beiden Autos auf. Er muss am Boden gekniet haben, dachte Mike. Vielleicht hatte er ja einen Reifen gewechselt. Ein weiteres Mal zwang ihn der Verkehr weiterzufahren, und als er wieder an die Einfahrt kam, war der Mercedes verschwunden. Er hat wohl bei Nina geläutet und festgestellt, dass sie nicht zu Hause ist. Na toll … Er beschloss zu warten, ob Duchesne noch einmal zurückkommen
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