Der Cop und die Lady
nicht mehr bremsen. „Kommen Sie, Morris, das sieht doch ein Blinder, dass an der Sache Dennison etwas oberfaul ist. Sie wäre zweimal um ein Haar ums Leben gekommen, und das innerhalb von zwei Wochen!”
Es war Irons, der antwortete. „Leider gibt es im Leben immer wieder unglückliche Zufälle.”
Das brachte Mike auf hundertachtzig. Er packte Irons an den Jackettaufschlägen und starrte auf den kleineren Mann hinunter. „Zufälle! Und wenn sich der nächste
‚Unfall’ ereignet, wollen Sie mir immer noch was von Zufall erzählen?”
„Novalis!” brüllte Hecht.
Irons schüttelte Mikes Hände ab. „Das reicht, Novalis”, sagte er kalt. „Diesmal sind Sie wirklich zu weit gegangen.” Er strich sein Jackett glatt und sah Hecht an.
„Hecht, jetzt sind Sie an der Reihe, oder ist es Ihnen lieber …”
Hecht wusste, was von ihm erwartet wurde. „Sie sind bis auf weiteres vom Dienst suspendiert. Novalis.”
Eine lange Minute verging. Dann nahm Mike seinen Revolvergürtel ab und kramte seine Dienstmarke aus seiner Hosentasche. Beides legte er in Hechts Hand.
„Verdammt noch mal, Novalis. Sie wissen, dass ich nicht anders kann.”
Mike nickte. „Ja, und ich kann auch nicht anders.”
Hecht schüttelte den Kopf. „Sie sind ein guter Cop, Novalis, aber in diesem Fall sind Sie wirklich zu weit gegangen. Mir fehlt jetzt ein Mann, aber was soll ich machen? Gehen Sie nach Hause und beruhigen Sie sich. Vielleicht haben Sie ja Glück und kommen mit einer Disziplinarstrafe davon. Sie hören von mir.”
Mike wandte sich zum Gehen.
„Ach, noch eins, Novalis.” Das war Irons. „Auch privat lassen Sie komplett die Finger von der Sache, kapiert?”
„Kapiert”, gab Mike tonlos zurück und verließ ohne ein weiteres Wort Hechts Büro.
9. KAPITEL
Erst nachdem Mike an der frischen Luft war, fiel ihm auf, dass er bereits seit dem vergangenen Nachmittag nichts mehr gegessen hatte. Er hielt auf dem Nachhauseweg vor einem Imbiss an und holte sich drei Cheeseburger. Zwei davon schlang er gleich im Auto heißhungrig hinunter, knüllte die Verpackung zusammen und warf sie auf den Rücksitz. Der dritte Burger war für Sig.
Anschließend machte er mit dem Hund einen langen Spaziergang. „Gewöhn dich dran, Junge. In nächster Zeit wirst du des Öfteren in diesen Genuss kommen.”
Als er nach Hause zurückkam, beschloss er zu waschen. Es wurde sowieso höchste Zeit. Dann ging er wieder mit Sig spazieren. Währenddessen drehten sich seine Gedanken unablässig um Nina Dennison und Julien Duchesne.
Er war sich über Nina noch immer nicht im klaren. Vielleicht war sie ja wirklich in ein Schmuggelgeschäft verwickelt. Oder Irons hatte recht, und alles war nur Zufall. Doch daran konnte er beim besten Willen nicht glauben.
Und wie verhielt es sich mit Duchesne? Irons’ Enthüllung, dass er mit dem FBI zusammenarbeitete, war doch ziemlich überraschend gekommen. Mike war sich sicher, dass Duchesne sich an Ninas Auto zu scharfen gemacht hatte, aber beweisen konnte er es nicht. Er fragte sich, womit sich Duchesne Irons’ Vertrauen wohl erworben hatte. Wie auch immer - dem Mann war im Moment wohl nicht beizukommen. Gleichwohl misstraute Mike ihm gründlich.
Nach dem Spaziergang ging er ruhelos in seinem Loft auf und ab, wobei er sich über sein weiteres Vorgehen klarzuwerden versuchte. Plötzlich fiel ihm auf, dass das kleine Licht an seinem Anrufbeantworter blinkte. Weil das Gerät zur Hälfte von herunterhängenden Farnzweigen verdeckt wurde, war es ihm bisher noch nicht aufgefallen.
Ohne sich zu rühren starrte er auf das Lämpchen. Es gab keinerlei Grund anzunehmen, dass Nina ihm eine Nachricht hinterlassen hatte. Warum sollte sie?
In Wirklichkeit war er wahrscheinlich ‘der letzte Mensch, mit dem zu sprechen sie im Moment Lust hatte. Er hatte den verächtlichen und zutiefst verletzten Ausdruck, der letzte Nacht auf ihrem Gesicht gelegen hatte, nicht vergessen. Ihm war klar, wie sehr sie sich von seinem Misstrauen gekränkt fühlte, doch er konnte es nun mal nicht ändern. Der Schock mit Karen saß ihm noch immer tief in den Knochen. Insgeheim jedoch wusste er, dass Nina eine solche Behandlung nicht verdient hatte.
Langsam ging er auf den Anrufbeantworter zu. Gab sie ihm noch einmal eine Chance? Fast konnte er ihre Stimme hören. Aus diesem Grund vielleicht war er nicht ganz so überrascht, als er sie dann tatsächlich hörte.
„Hallo, Mike, hier ist Nina.” Das Band knisterte leicht. „Schade, dass du
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