Der Cop und die Lady
nicht zu Hause bist, ich hätte gern mit dir gesprochen. Mir ist eingefallen, dass ich gestern Nacht ganz vergessen habe, dir zu danken, dass du mir das Leben gerettet hast.
Das möchte ich jetzt nachholen. Also, vielen Dank.” Es entstand eine kleine Pause, die angefüllt war mit Knistern und Rauschen. „Ich hätte es dir wirklich gern persönlich gesagt. Na, da kann man nichts machen. Ich fahre jetzt für ein paar Tage nach Kolumbien auf Geschäftsreise - mit Julien und Marta. Wenn du Lust hast, dich danach mal wieder mit mir zu treffen, ruf mich an. Und falls nicht, ist’s auch kein Problem, ich verstehe es. Nun, wie auch immer, jedenfalls noch mal vielen Dank.”
Mikes Herz schlug wie ein Schmiedehammer. Allerdings wurde die Tatsache, dass Nina ihn wiedersehen wollte, fast augenblicklich von einer tiefen Angst überschattet. Sie fuhr mit Julien Duchesne nach Kolumbien! Was konnte in diesem rauen Land, in dem Schießereien in noch weit höherem Maße an der Tagesordnung waren als hier, nicht alles passieren. Ein „Unfall” wäre dort geradezu lächerlich einfach zu arrangieren.
Er wählte ihre Nummer. Ihr Anrufbeantworter schaltete sich ein. Mike wollte schon auflegen, entschied sich dann jedoch, eine Nachricht auf Band zu sprechen.
Vielleicht war sie ja gerade beim Packen und hatte nur keine Lust, ans Telefon zu gehen. „Hallo, Nina, wenn du da bist, nimm bitte ab. Hier ist Mike, es ist dringend.”
Sie meldete sich nicht. Und nun? Das Telefon hatte nur ein einziges Mal geläutet, bevor sich der Anrufbeantworter eingeschaltet hatte. Was bedeutete, dass bereits eine Nachricht auf dem Band gewesen sein musste. Ohne lange zu überlegen, wählte Mike den Code ihrer Fernabfrage, den er beim Durchsuchen ihres Schreibtischs entdeckt und sich gemerkt hatte. Er hatte keine Schuldgefühle, eine Nachricht abzuhören, die nicht für ihn bestimmt war. Schließlich handelte es sich um einen Notfall.
Das Band spulte sich zurück. „Hallo, Schwesterherz, hier ist Charley. Danke für das Päckchen, das du mir geschickt hast. Sag mir doch bitte Bescheid, was ich damit machen soll.” Es piepste. Anschließend hörte Mike seine eigene Nachricht.
Er legte auf. Charley war Ninas Bruder, der in Boston lebte, soviel er sich erinnerte. Mit fliegenden Fingern suchte Mike sich nun Ninas Dienstnummer heraus, wählte und verlangte nach Debbie, der Sekretärin. Die teilte ihm mit, dass Nina erst in drei Tagen wieder erreichbar wäre. „Kann ich ihr etwas ausrichten?”
erkundigte sie sich entgegenkommend.
„Debbie, hier ist Detective Novalis. Ich war vor ungefähr einer Woche bei Ihnen im Büro. Erinnern Sie sich?”
„Aber ja.”
„Sie müssen mir einen Gefallen tun. Können Sie mir vielleicht sagen, welchen Flug Miss Dennison nach Kolumbien gebucht hat?” Mike vertraute darauf, dass Debbie als gesetzestreue Staatsbürgerin einem Polizisten so viel Respekt entgegenbringen würde, dass sie es nicht wagte, ihm seine Bitte abzuschlagen.
Seine Hoffnung trog ihn nicht.
„Flugnummer 555 über Miami”, wiederholte er. „Vielen Dank, Debbie. Sie haben mir sehr geholfen.”
Er schaute auf die Uhr. Der planmäßige Abflug der Maschine war in weniger als einer halben Stunde. Viel Zeit hatte er nicht mehr.
,,Flug 555, schnell, welches Gate?” verlangte er von einem Gepäckträger schroff Auskunft, nachdem er auf dem Flughafen angelangt war.
Der Mann schaute ihn verdutzt an. „313.” Als Mike ohne ein Dankeswort davo nstürmte, hörte er den Mann hinter sich herrufen: „Wirklich tolle Manieren!”
Mike raste wie von wilden Hunden gehetzt durch den Terminal und legte noch einen Zahn zu, als er hörte, dass der Flug Nummer 555 zum letztenmal aufgerufen wurde. Beim Gate angelangt sah er mit Schrecken, dass die Arbeiter sich bereits daranmachten, die Gangway einzuziehen.
„Halt, warten Sie einen Moment!” schrie Mike.
Per Bordkartenkontrolleur hielt ihn am Ärmel fest. „Tut mir leid, Sir, die Maschine ist bereits startklar.”
Mike hatte sich schon während der Fahrt Gedanken gemacht, womit er das Flughafenpersonal nun, da er keine Dienstmarke mehr vorzuweisen hatte, beeindrucken könnte. Er zückte den Mitgliedsausweis der Polizistenvereinigung, dem das Foto und ein großer Stempel einen zumindest auf den ersten Blick einigermaßen offiziellen Anstrich verlieh. Wenn man nicht genau hinschaute.
Und wenn man nicht wusste, dass der einzig gültige Ausweis eines Polizisten die goldglänzende Dienstmarke
Weitere Kostenlose Bücher