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Der Countdown

Der Countdown

Titel: Der Countdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Mofina
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Liebe und viele Küsse – Onkel.
    Samara wurde flau im Magen.
    Sie war aktiviert worden.
    Die Operation war gestartet worden.
    Sie blickte auf die Fotos neben dem Bildschirm, auf Ahmed und Muhammad, ihre Mutter und ihren Vater.
    Nichts würde sie jetzt mehr aufhalten können.

29. KAPITEL
    A ddis Abeba, Äthiopien, Afrika
    Kurz vor Sonnenaufgang erklomm ein Muezzin das Minarett der Hauptmoschee und mahnte zum ersten Gebet des Tages.
    Sein Ruf hallte über die Schulen, die Regierungsgebäude, die Denkmale und die hohen Mauern, mit denen sich die Luxushotels umgaben.
    Er durchdrang den beißenden Rauch, der von den Kochstellen in den Wellblechhütten aufstieg, und blieb auch in den Slums noch zu hören, die Addis Abeba fast einkesselten.
    Sein Ruf drang zum Marktviertel von Addis Abeba und seinem riesigen Netz von Straßen, in dem sich Stände, Buden und Läden drängten; dem größten Markt zwischen Kairo und Johannesburg.
    Als sein Ruf langsam verklang, krähten bereits die Hähne der aufgehenden Sonne entgegen, während die eingesperrten Hühner ihren Tod erwarteten. Die Gerüche von Ziegen und Gewürzen vermischten sich mit denen von Kaffee, Tee und frisch gebackenem Brot, als die Händler ihre Buden und Läden öffneten, um Gemüse, Obst, Möbel, Kleidung, Kunsthandwerk, Schmuck, DVDs und Särge zu verkaufen.
    In den Straßen wimmelte es von Händlern, Käufern, Taschendieben, Prostituierten und selbst ernannten Reiseführern, die es auf die
Faranji
, die Touristen, abgesehen hatten. Auf Englisch, Italienisch, Französisch, Arabisch, Amharisch und in vielen anderen Sprachen boten sie ihre Dienste an, während traditionelle Musik, Reggae und Hip-Hop aus den Radios dröhnten.
    Stoffe mit bunten afrikanischen Mustern gab es auf dem Markt reichlich.
    Allerorts stapelten sich auf Tischen, in Buden und Läden die handgewebten Kleidungsstücke in einem Spektrum traditioneller und moderner Farben. Sie fielen in Lagen von Budenwänden, quollen aus Schubladen oder waren gefährlich hoch auf Tischen gestapelt, hinter denen in lange Gewänder gekleidete Männer mit gestutzten Bärten oder Frauen in Burkas die Käufer heranwinkten.
    Tief im Labyrinth des Stoffviertels dachte Amir, ein leise sprechender Händler mittleren Alters, über diesen Markt und die Welt nach.
    Angesichts der alltäglichen Grausamkeiten brach sein Herz jeden Tag ein bisschen mehr. Zerlumpte, verkrüppelte Bettler schliefen auf der Straße zwischen den Fäkalien der Tiere. Unter ihnen waren viele Kinder, die durch Aids zu Waisen geworden und deren Gesichter von Fliegen bedeckt waren.
    Gestern hatte er ein lebendes Neugeborenes gefunden, eingewickelt in blutiges Zeitungspapier. Der Säugling, ein Mädchen, war in einer Gasse neben einer Abwasserrinne abgelegt worden, in der sich die Ratten herumtrieben. Zwei abgemagerte Hunde mit räudigem Fell standen über dem Kind, der Speichel tropfte von ihren Lefzen. Amir jagte sie fort und drängte die anwesenden Frauen, das Baby in ein Krankenhaus zu bringen.
    Als er sein Geschäft erreichte, scheuchte er die Gedanken fort, denn er hatte genug eigene Sorgen.
    Sein Laden bot ein üppiges Durcheinander bunter Wandteppiche und handgewebter Stoffe. Über allem thronte seine Verkäuferin Meseret, eine hart arbeitende Mutter dreier Söhne aus Kechene.
    “Guten Morgen, Mr. Amir.”
    Seine traurigen und müden Augen erhellten sich für sie zu einem kurzen Lächeln.
    “Teferi hat Ihren Tee, Sir.”
    Er tätschelte ihre Schulter und ging zu dem Vorhang im hinteren Teil des Ladens. Im angrenzenden Raum saß ein Mann in den Dreißigern auf dem Boden. Er hockte in einer Ausbuchtung, damit er mit den Beinen an die Pedale des Webstuhls kam, an dem er arbeitete.
    Teferi war ein Doko-Weber aus dem Hochland, einer der besten in Afrika. Ein Meister in der Fertigung jeder Art von Stoffen, von einfachen Mustern bis hin zu eleganten Einlegearbeiten.
    Die beiden Männer tranken Tee und sprachen über die neue Ware, die Teferi nach den speziellen Anweisungen von Amirs Kunden gefertigt hatte.
    Nach dem Tee ging Amir in den hinteren Teil seines Büros, wo sich sein Schreibtisch, ein Computer, das Telefon, ein Aktenschrank mit den Abrechnungen und Kisten voller Meterware befanden. Er schob zwei schwere Vorhänge zur Seite, die eine schmale Tür verdeckten.
    Er schloss sie auf, ging hindurch und schloss sie hinter sich wieder ab.
    Eine nackte Glühbirne erhellte den Raum, der ebenso wie der vorherige vollgestopft war mit Ware. Er räumte

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