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Der Countdown

Der Countdown

Titel: Der Countdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Mofina
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in dem Wirrwarr so viel beiseite, dass er eine riesige, mit Intarsien verzierte Reisetruhe aus Mahagoni freilegte. Er schloss sie auf und öffnete den Deckel, unter dem sich ein elektronisches Sicherheitssystem verbarg.
    Das blinkende gelbe Licht des kleinen Computers signalisierte Bereitschaft.
    Amir drückte sein Gesicht gegen eine kleine Linse in dem Kasten. Es piepte, als seine Iris gescannt wurde. Dann tippte er einen alphanumerischen Code auf der Tastatur ein. In der Truhe glitt ein versteckter metallener Zwischenboden auf und enthüllte die erste Stufe einer engen Treppe. Amir kletterte hinab, wo er ein Licht einschaltete, die Tür über seinem Kopf schloss – und seine andere Welt betrat.
    Grünes fluoreszierendes Licht erhellte einen kleinen Bunker mit niedriger Decke. Der Raum maß etwa drei mal vier Meter. Einige Computer, große Monitore und Satellitentelefone standen auf einem Tisch in der Mitte des Raumes.
    Die Anschlüsse hatte man fachmännisch von dem nahe gelegenen Luxushotel, den Regierungsgebäuden und ausländischen Botschaften abgeleitet.
    Die Höhenlage Addis Abebas machte die Stadt zur weltweit dritthöchst gelegenen Hauptstadt über dem Meeresspiegel. Amirs Satelliten- und Telefonverbindungen arbeiteten über Mikrosendeanlagen und Abzweigungen, die in den Schächten von Klimaanlagen versteckt waren. Außerdem waren Entschlüsselungsprogramme und Chiffriergeräte zwischengeschaltet, die ausgeklügelt und sicher waren.
    Er schaltete die Computer ein.
    Kein Eindringling würde diesen Raum jemals zu sehen bekommen und davon erzählen können.
    Meseret und Teferi konnten einen stillen Alarm auslösen, um Amir zu warnen. Außerdem trugen sie beide je eine Glock 17 unter ihrer Kleidung. Im Raum befanden sich mehrere Propangastanks, die Amir aus der Ferne sprengen konnte, nachdem er durch einen von drei Fluchttunneln geflohen war, die irgendwo innerhalb des riesigen Marktviertels endeten.
    Der Raum war sicher.
    Genauso wie Meseret und Teferi waren die wenigen weiteren Menschen, denen Amir vertraute, ebenfalls seiner Philosophie und seinem Ziel ergeben.
    In diesem Raum blieben Geheimnisse geheim.
    Denn nur wenige Menschen wussten etwas von Amirs zweitem Leben.
    Es blieb ein Mysterium.
    Auf dem Markt galt Amir als einer von vielen Hundert Stoffhändlern; als ein ruhiger, zurückgezogen lebender Mann, der gerüchteweise eine Farm an den Ufern des Nils besitzen sollte, auch wenn niemand sie je mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Dann kursierten andere Gerüchte, dass Amir ein jemenitischer Prinz sei, der die Reichtümer der Familie seines Glaubens willen zurückgewiesen hatte. Andere behaupteten, seine Familie stamme aus dem Oman, dass er als Student der Ingenieurswissenschaften im Ausland ausgebildet worden sei und verschiedene Sprachen beherrsche, aber die Leidenschaft für eine Frau ihn nach Addis Abeba zurückgeführt habe.
    Eine andere Legende besagte, dass Amir früher ein Führungsoffizier des Saudis al-Mabahith al-Amma gewesen sei, ein Experte in der Durchführung verdeckter Operationen, ohne dabei auch nur die Spur eines Beweises zu hinterlassen.
    Vielleicht war das Grund, warum die amerikanischen und europäischen Geheimdienste nicht daran glaubten, dass Amir mehr war als ein Mythos. Sie konnten weder seine Adresse ausfindig machen noch ein Foto von ihm auftreiben. Frustriert nannten die Deutschen ihn “Wüstengeist”. Für die Italiener war er “der Wind”, während die Amerikaner seine Existenz generell anzweifelten.
    Doch Amir war real.
    Leibhaftig und in den Herzen seiner Anhänger. Seine kleine Organisation reichte um die ganze Welt. Doch nur wenige seiner Schüler hatten den Mann getroffen, den sie “den Gläubigen” nannten.
    Seine Weisheit und sein Glaube reichten tiefer als die seiner Vorgänger. Tiefer als die des “Samariters”, der sich im Laufe seiner diversen Videobotschaften in den eigenen Ruhm verliebt hatte.
    Ja, der Samariter und seine Märtyer hatten durch ihr Handeln an einem einzigen Tag das millionenfache Verlangen nach Taten für kurze Zeit gestillt.
    Aber das Feuer, das sie entfachten, hatte sich nicht als der entscheidende Schlag erwiesen.
    Amir dachte an das ausgesetzte Baby im Rinnstein.
    Nein, um die Jahrhunderte der Unterdrückung und Demütigung durch die gottlosen Ungläubigen zu beenden, musste der Schlange, die den Kreuzzug anführte und das heilige Land gestohlen hatte, der Kopf abgeschlagen werden.
    Und auf diesen großen Tag hatte sich Amir

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