Der Countdown
vom Fernseher. Wieder legte er das Ohr an ihre Brust. Diesmal war er sicher.
Sie atmete.
Ein Medikamentenfläschchen lag neben ihr auf dem Boden.
Leer.
Graham griff nach ihrem Telefon und wählte 911.
43. KAPITEL
B lue Rose Creek, Kalifornien
Die Sanitäter fuhren Maggie ins Inland Center Hospital, wo die Notärzte sich um sie kümmerten.
Danach brachte man sie in ein Einzelzimmer mit großem Fenster. Durch ihren Tränenschleier zählte sie die Wolken, die vorbeizogen. Ihr Magen und ihre Kehle brannten von dem Schlauch, mit dem man ihren Magen ausgepumpt hatte, doch der größte Schmerz entstand ihr durch die Sehnsucht nach Logan. Ihm zu sagen, dass es ihr leid tat. Denn in ihrer Verzweiflung hatte sie das getan, was sie geschworen hatte, niemals zu tun.
Einfach die Suche aufzugeben.
Laut der Psychiaterin, die mit ihr gesprochen und erst vor Kurzem das Zimmer verlassen hatte, hatte Maggie gar nicht die Absicht gehabt, sich umzubringen. Sie hatte lediglich auf die Anhäufung von Stressfaktoren reagiert: erst die Entführung ihres Sohnes durch ihren Mann, dann die Visionen einer Hellseherin sowie deren Begräbnis, schließlich die Gerüchte über eheliche Untreue.
“Versehentliche Überdosis”, nannte es die Psychiaterin.
Maggie wischte sich die Tränen aus den Augen und betrachtete ihr Krankenhausarmband und den Infusionsschlauch, der in ihren Arm führte.
Ihr Leben.
Wie konnte es nur so weit kommen? Sie und Jake waren so glücklich gewesen.
Verrückt vor Liebe, hatte er es genannt.
Wie sie in der Sporthalle unter der Discokugel getanzt hatten.
“
Hey, Jude”.
Die Tränen in Jakes Augen an ihrem Hochzeitstag.
Sein väterlicher Stolz, als Logan geboren wurde.
Verrückt vor Liebe.
Der Einsatz im Irak hatte ihn aus der Bahn geworfen.
Was war dort drüben wirklich geschehen? Er war als ein anderer Mensch zurückgekehrt. Hatte er dort eine andere gefunden? Stimmte es wirklich? Warum widerfuhr ihr das alles nur?
Sie wollte ihr altes Leben zurück.
Auf Gedeih und Verderb, denn es war das einzige Leben, das sie hatte.
Sie würde darum kämpfen.
Sie würde nach Hause gehen und die Scherben aufsammeln. Sie würde von Dawn Sullivans Mann mehr Informationen einholen, und irgendwie würde sie Jake finden … würde sie Logan finden.
Aber würde sie auch die Wahrheit finden?
Maggie griff nach der Tasse auf ihrem Nachttisch.
Sie war leer.
“Kann ich noch etwas Wasser haben, bitte? Und mehr Taschentücher?”
Die junge Frau, die neben ihrem Bett saß, legte ihr Buch beiseite.
“Wie geht es Ihnen, Maggie? Vermutlich fühlen Sie sich noch ein bisschen wund, nicht wahr?”
Ihr Namensschild wies sie als studentische Sozialarbeiterin namens Hayley aus.
“Ja. Danke schön.” Sie nahm die Tasse und die Taschentücher entgegen. “Darf ich Sie etwas fragen?”
“Sicher dürfen Sie das.”
“Wie bin ich hierhergekommen? Ich habe keine Freunde oder Verwandte.”
“Sie meinen, wer Sie gefunden hat?”
“Ja.”
“Sie hatten Glück. Ein Polizist kam zufällig bei Ihnen vorbei. Als er Sie auf dem Boden liegen sah, rief er den Notruf an und leistete erste Hilfe. In der Notaufnahme sagten sie, wenn er nicht gewesen wäre … Nun, jedenfalls ist er derjenige, der Sie gerettet hat. Gott hat Ihnen einen Schutzengel geschickt.”
“Was war das für ein Polizist, der
zufällig
bei mir vorbei kam?”
“Ein Mountie aus Kanada.”
“Aus Kanada?”
“Ich glaube, er heißt Graham.”
“Wo ist er jetzt?”
“Hmm.” Hayley biss sich auf die Unterlippe und sah zur Tür. Sie errötete, weil sie plötzlich fürchtete, schon zu viel gesagt zu haben.
“Ich möchte mit ihm sprechen. Er ist hier, nicht wahr?”
“Ich weiß nicht, ob der Doktor möchte, dass ich es Ihnen sage.”
“Hayley, wo ist er?”
“Er ist schon die ganze Zeit hier. Will sichergehen, dass Sie in Ordnung sind.”
“Finden Sie ihn. Bringen Sie ihn herein. Ich möchte ihn sehen.”
“Ich spreche zuerst besser mit dem Doktor. Ich weiß nicht, ob Sie vor Ihrer Entlassung irgendwelche Besucher haben sollen. Ich denke …”
“Hayley. Bitte finden Sie diesen Mountie und bringen Sie ihn herein. Ich
muss
jetzt mit ihm sprechen.”
44. KAPITEL
B lue Rose Creek, Kalifornien
Graham lief die Zeit davon.
Während er im Wartezimmer durch die soundsovielte abgenutzte
Newsweek
blätterte, kam eine Krankenschwester auf ihn zu.
“Sie sind doch der Officer, der mit Maggie Conlin kam?”
“Das ist richtig. Wird sie wieder
Weitere Kostenlose Bücher