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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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natürlich rouille – eine Art dicke, würzige Mayonnaise mit noch mehr Knoblauch, noch mehr Safran, noch mehr Olivenöl und scharfem Chili. Dazu isst man hauchdünne Scheiben getoastetes Baguette. Oh, und man braucht natürlich eine überdimensionale Serviette, um sich von Kopf bis Fuß abzudecken. Du musst sie unbedingt probieren. Sie wird dir schmecken.«
    Elena war sich nicht allzu sicher. »Nun …«
    »Ich habe vergessen, eine nette Zugabe zu erwähnen. Wenn man sie zum ersten Mal isst, hat man einen Wunsch frei.«
    »Wirst du mich auch dann noch unwiderstehlich finden, wenn ich nach Knoblauch stinke?«
    »Ich esse das Gleiche. Dann stinken wir gemeinsam.«
    Mit der galanten Unterstützung des Kellners platzierte Elena die Serviette so, dass sie hoffen konnte, vor Fettflecken der rouille halbwegs sicher zu sein, und beobachtete aufmerksam, wie die Ingredienzien der Fischsuppe vor ihr ausgebreitet wurden.
    »Wenn du gestattest.« Sam nahm eine kleine Scheibe Ba guette, bestrich sie dick mit der dunkelroten rouille und tunkte sie in die Suppe, bis das Brot weich und gründlich durchfeuchtet war. »Bist du bereit?«
    Elena beugte sich vor, öffnete den Mund und schloss die Augen.
    Sie kaute, sie schluckte, riss die Augen weit auf. »Mmmm«, stöhnte sie. »Mehr.«
    Ein geringfügiger Nachteil der Bouillabaisse besteht darin, dass sie die konzentrierte Aufmerksamkeit des Schlemmers erfordert, oft in einem Ausmaß, das selbst einfaches Sprechen erschwert, ganz zu schweigen vom Hin und Her einer angeregten Unterhaltung. Und so verlief der erste Teil der Mahlzeit in einer Stille, die nur von leisen genüsslichen Lauten un terbrochen wurde. Erst als die Überreste abgeräumt und frische Servietten gebracht worden waren, konnten sie sich zurücklehnen und wieder miteinander sprechen.
    Sam war der Erste, der das zufriedene Schweigen brach. »Hast du dir etwas gewünscht?«
    »Jetzt? Ich glaube, mein Wunsch wäre hierzubleiben, weit weg von der Versicherungsbranche, schlitzohrigen Kunden, aufgeblasenen Firmenchefs, endlosen Besprechungen, dem Smog von L. A., den Mittagessen am Schreibtisch – mit anderen Worten, weit weg vom realen Leben.« Sie legte die Speisekarte auf den Tisch, die sie studiert hatte, und schmunzelte. »Aber für den Augenblick gebe ich mich mit der schwarz-weißen-Eiscreme zufrieden.«
    Sie ließen das Schlemmermahl mit einem Kaffee ausklingen und beobachteten die Möwen, die auf der Suche nach Speiseresten im Tiefflug über die Terrasse schwirrten. Ein langer sonniger Nachmittag lag vor ihnen und es galt, die Vorteile eines Bootsausflugs zu den calanques mit dem Reiz des Swimmingpools zu vergleichen, als Sams Handy klingelte.
    Das wirkliche Leben meldete sich zu Wort, in Gestalt von Jérôme Patrimonios Sekretärin. Sie erklärte, es sei unumgänglich, dass Sam umgehend zu einem dringenden und wichtigen Gespräch mit Monsieur Patrimonio in dessen Büro erscheine. Sam schüttelte seufzend den Kopf, als er das Telefonat beendete. Vermutlich hatte er beim Ausfüllen der schier endlosen Dokumente, die mit dem Angebot vorgelegt werden mussten, einen Punkt auf dem i oder einen Querbalken im t vergessen.
    Doch als er in Patrimonios Büro stand, merkte Sam rasch, dass dem mächtigen Mann eindeutig dringlichere Angelegenheiten durch den Kopf gingen. Sam hatte kaum Platz genommen, als Patrimonio auch schon seine Manschetten zurechtzupfte und einen geschäftsmäßigen Ton anschlug.
    »Diese Zeltgeschichte«, sagte er. »Ich fürchte, sie ist unannehmbar. Völlig unannehmbar. Wir können nicht zulassen, dass öffentliche Plätze in Marseille für die Förderung kommerzieller Interessen genutzt werden.«
    »Warum nicht? Hier handelt es sich immerhin um ein Erschließungsprojekt, das der Stadt und ihren Bewohnern zugutekommt.«
    »Das mag sein. Aber Sie müssen zugeben, dass Sie ver suchen, sich einen unfairen Vorteil gegenüber den beiden anderen Bewerbern zu verschaffen.«
    »Ich dachte, das sei das A und O im Geschäftsleben. Wie auch immer, niemand hindert sie daran, andere öffentliche Plätze für ihre Präsentation zu nutzen – das Fußballstadion beispielsweise. Oder La Veille Charité, die Sie selbst gewählt haben, wenn ich Sie daran erinnern darf.«
    Patrimonio zupfte seine Manschetten so vehement zurecht, dass er Gefahr lief, sich die Hemdsärmel abzureißen. »Das ist etwas völlig anderes. Und Sie haben es vorgezogen, einen wichtigen Punkt zu ignorieren: die offiziellen Genehmigungen.« Er lehnte

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