Der Coup von Marseille
Augenblick zumindest. »Sobald das Ganze vorbei ist, bekommt du ein Interview mit Reboul, das garantiere ich dir. Exklusiv. Also was ist? Abgemacht?«
»Abgemacht.« Philippe besiegelte den Handel mit einem Handschlag.
»Ich bin sicher, der Mann wird dir gefallen.«
Philippe schüttelte den Kopf und grinste. »Ich habe noch nie einen Exklusivbericht über jemanden verfasst, der mir nicht gefiel.«
Am Morgen darauf erschien Philippes Artikel in La Provence: Er nahm die komplette Titelseite und den größten Teil der dritten Seite ein.
Philippe selbst genoss ein paar Augenblicke lang das Gefühl eines bescheidenen Erfolgs. Ausnahmsweise verspürte er nicht das geringste Bedürfnis, den Artikel umzuschreiben, als er ihn gedruckt vor sich sah. Der Ton war sachlich informativ und prägnant, angereichert mit geistreichen Aper ç us; dem Bericht über die Eleganz und den künstlerischen Rang des Zeltes am Strand fehlten nur noch ein paar barbusige Sonnenanbeterinnen, um Saint-Tropez Konkurrenz zu machen. So weit, so gut. Sehr gut, besser gesagt!
Sam spähte Philippe beim Lesen über die Schulter. »Das ist nicht zu übersehen«, erklärte er. »Aber ich fürchte, auf die Weihnachtskarte von Patrimonio wirst du dieses Jahr verzichten müssen.«
In der Tat hatte Jérôme Patrimonio für die stilistische Sorgfalt des Artikels keinerlei Sinn. Er hatte ihm nicht nur das Frühstück verdorben, sondern gleich den ganzen Vormittag. Die Ausschussmitglieder riefen einer nach dem anderen an, um ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, und sie waren fast ausnahmslos positiv. »Wie schön, zur Abwechslung mal ein wenig Einfallsreichtum zu sehen«, lautete mehr als ein Kommentar. Andere begrüßten den »frischen Wind«. Die einzige leise Kritik stammte vom ältesten Mitglied des Ausschusses, einem Veteranen im Amt, der die achtzig überschritten hatte und sich beklagte, dass mit keiner Silbe das stille Örtchen erwähnt worden sei, ein Thema, das für ihn von besonderem Interesse sei. Doch unter dem Strich wurde Sams Konzept mit Enthusiasmus begrüßt.
Patrimonios Anruf bei Wapping war kurz, laut und feindselig.
»Ich dachte, Sie hätten verspochen, sich um diesen salaud von einem Journalisten zu kümmern?«
Wapping war es nicht gewöhnt, angeschrien zu werden, und reagierte ungehalten. »Wovon reden Sie überhaupt? Die Jungs haben ihn gestern Abend schachmatt gesetzt.«
»Haben Sie die Morgenausgabe der Zeitung noch nicht gesehen?«, fragte Patrimonio ungläubig.
»Warum? Was ist damit?«
» C’est une catastrophe . Rufen Sie mich an, sobald Sie einen Blick hineingeworfen haben.« Mühsam verkniff er sich die Bemerkung, dass er sich einen guten Übersetzer beschaffen sollte.
Elena eilte aus dem Schlafzimmer und drehte eine Pirouette, sodass Sam ihr Kleid bewundern konnte – sommerlich, federleicht und beinahe durchsichtig. »Das Warten hat sich gelohnt«, sagte er anerkennend. »Und wie. Bist du fertig?«
Er hatte versprochen, Elenas Rückkehr aus Paris mit einem Mittagessen am Meer zu feiern. Doch leider musste er zuerst noch etwas Geschäftliches erledigen: ein Rendezvous mit Gaston am Strand, wo im Rahmen der Vorbereitungen für die Präsentation das Zelt aufgestellt wurde.
Gaston entdeckte sie gleich bei ihrer Ankunft und watschelte über den Sand, um sie zu begrüßen. Inzwischen war Sam an den endlosen Schwall Galanterien gewöhnt, die Elena bei französischen Männern auslöste, und Gaston stellte in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Elenas Hand mit seinen beiden Pranken umfassend, hob er sie an seine Lippen wie ein Verdurstender, der nach dem rettenden Wasser greift. Während eine Hand sich weiter an ihre klammerte, begann die andere, sich langsam und kaum merklich am Arm hochzutasten, was zweifellos noch eine Weile so weitergegangen wäre, wenn Elena nicht gekichert hätte.
»Was für eine entzückende Überraschung«, sagte Gaston zur Begrüßung. »Ich hatte nur Sam erwartet.« Und mit einem Augenzwinkern, das Elena galt, fügte er hinzu: »Kommen Sie doch mit in mein Zelt.«
Beim Eintreten war Sam verblüfft über das warme, goldene Licht, das die Sonne durch den Filter der weißen Leinwand verbreitete. Wenn die Präsentation wie geplant in den frühen Abendstunden stattfinden konnte, würde sich künstliches Licht erübrigen. »Sobald der Fußboden installiert ist, wird das Zelt sehr einladend wirken«, erklärte er. »Aber was ist, wenn irgendwelche Passanten vorbeischauen und die Gelegenheit nutzen, um
Weitere Kostenlose Bücher