Der Coup von Marseille
Sams Arm, führte ihn in den Duschraum der Kabine und schloss die Tür hinter ihm.
»Sie wissen ja, wie Sie es mit dem Telefonieren halten, diese Franzosen«, sagte sie zu Prendergast. »Immer auf der Suche nach einem stillen Örtchen, wenn sie einen Anruf entgegennehmen.«
Bevor Sam den Mund aufmachte, drehte er die Dusche auf, um sicherzugehen, dass ihn niemand hörte. »Was gibt’s, Jo?«
»Zwei Männer waren an Deck, genau über mir. Ich konnte sie nicht sehen, aber hören. Ich glaube, sie haben irgendetwas in den Hubschrauber geladen.«
Ray Prendergast sollte sich noch lange äußerst lebhaft an die nächsten Sekunden erinnern. Der französische Arzt stürzte aus der Dusche und begann mit dem Polizisten, der neben der Tür Aufstellung genommen hatte, fließend Englisch zu sprechen. Alle Kommunikationsbarrieren zerbrachen. »Flo, Sie bleiben hier und behalten ihn im Blick.« Er deutete mit dem Kopf auf den völlig entgeisterten Prendergast. »Falls er versucht, sein Handy zu benutzen, brechen Sie ihm den Arm. Und falls er versucht, die Kabine zu verlassen, verpassen Sie ihm ein Ding und fesseln ihn, okay? Daphne, Sie bleiben ebenfalls hier – bei Flo sind Sie sicher. Ich fürchte, sie versuchen, mit Elena abzuhauen.«
Sam stürmte aus der Kabine und rannte den Gang entlang, durch die Eignerkabine und raus aufs Deck. Der Hubschrauber, ein weißes Hightechungetüm in der Dunkelheit, zeichnete sich am anderen Ende der Jacht ab. Zu seiner großen Erleichterung sah er, dass die Rotorblätter still standen. Sich nun vorsichtiger bewegend, hielt er sich so weit wie möglich im Schatten und näherte sich dem Helikopter bis auf wenige Meter. Er konnte keine Menschenseele entdecken. Jetzt befand er sich in Reichweite des Hubschraubers. Er streckte die Hand aus, um die Tür zu öffnen.
»Was glauben Sie wohl, was Sie da machen?«
Sam fuhr herum und erblickte Tiny de Salis, der sich von der anderen Seite an den Hubschrauber herangespirscht hatte. Er trat näher. »Sind Sie taub? Was machen Sie da?« Er baute sich vor Sam auf, die Beine gespreizt, ein Riese, der bereit war, ihn mit einem einzigen Faustschlag niederzustrecken.
Sam war von Natur aus kein Mensch, der zu Gewalttätigkeit neigte, und so verpasste er de Salis mit einem Gefühl aufrichtigen Bedauerns einen Tritt ins Gemächt und kippte den sich windenden Körper über Bord. Ohne auf den Platscher zu warten, riss er die Tür des Helikopters auf. Und dort fand er, lautlos atmend, die bewusstlose Elena auf einem der Rücksitze. Er nahm die Gesichtsmaske ab, kletterte ins Cockpit, streichelte ihr Gesicht und nahm sie in die Arme. »Du bist in Sicherheit, meine Süße. Wir bringen dich nach Hause, bevor du aufwachst.«
Sam vernahm Schritte auf Deck und griff in seine Tasche, um eine Spritze herauszuholen, doch beim Anblick der vertrauten Gestalt entspannte er sich. »Sie ist hier, Jo. Und es scheint ihr gut zu gehen.«
Jos Zähne blitzten weiß auf; er grinste. » Formidable, Sam. Vraiment formidable . Oh, für den Fall, dass Sie sich Sorgen um ihn machen, ich habe Ihren schwergewichtigen Freund aus dem Wasser gefischt, aber er kommt nicht weit – er ist mittlerweile mit Handschellen ans Steuerrad gefesselt. Und was machen wir jetzt?«
Sam holte sein Handy heraus. »Als Erstes sagen wir Francis Bescheid. Dann holen wir die Polizei.« Er verstummte, als ihm ein Gedanke durch den Kopf ging. »Glauben Sie, dass es Probleme geben könnte? Ich meine, Sie sind ja nicht gerade ein offizieller Repräsentant der Ordnungshüter.«
»Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden ihnen erklären, dass wir zu einem Sonderkommando aus Korsika gehören. Die hiesige Polizei kann das beim Polizeichef von Calvi nachprüfen. Er ist mein Onkel.«
Sam staunte einen Moment darüber, in welchem Ausmaß verwandtschaftliche Beziehung doch komplizierte Dienstwege abzukürzen vermochten, und wählte eine Nummer auf seinem Handy: Er sprach einige Minuten mit einem ungeheuer erleichterten Reboul, der sich erbot, dafür zu sorgen, dass sich die Marseiller Polizei auf der Stelle zur Jacht begab. Sam postierte Jo als Wache bei Elena und eilte in die Kabine zurück, wo Prendergast auf der Kante seiner Koje hockte und mit gesenktem Kopf au f den Boden starrte. Dass er noch vor wenigen Minuten ganz in einem John-Wayne-Film versunken gewesen war, kam ihm nun wie blanker Hohn vor. Er hatte eine Platzwunde an der Stirn und einen Blutfleck im Gesicht.
Sams gute Nachricht löste umgehend vehemente
Weitere Kostenlose Bücher