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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wenn ich Dich, nach dem, was Du für mich gethan, verlassen wollte.
    – Nadia, Nadia, erwiderte Michael Strogoff, und drückte die Hand, welche das junge Mädchen in die seinige gelegt hatte, Du hast an Niemanden als an Deinen Vater zu denken.
    – Michael, antwortete Nadia fast bitter, Du bedarfst meiner jetzt mehr, als mein Vater! Willst Du denn darauf verzichten, nach Irkutsk zu kommen?
    – Niemals! sagte Michael Strogoff schnell und in einem Tone, der seine ganze frühere Energie durchklingen ließ.
    – Du besitzest aber jenen Brief nicht mehr …
    – Den Brief, den Iwan Ogareff mir raubte! … Ja wohl, doch auch das soll mich nicht abhalten, Nadia! – Sie haben mich als Spion verurtheilt, – gut, so werde ich handeln wie ein Spion. In Irkutsk will ich Alles sagen, was ich gesehen, was ich gehört habe, und beim allmächtigen Gott, ich schwöre es, daß der Verräther mich noch einmal zu Gesicht bekommen soll; nur muß ich vor ihm in Irkutsk ankommen.

    – Und doch sprichst Du von Trennung, Michael!
    – Die Nichtswürdigen haben mir Alles gestohlen, Nadia.
    – Mir blieben noch einige Rubel und meine Augen. Ich kann für Dich mit ihnen sehen und Dich dahin führen, wohin Du allein niemals gelangen würdest.
    – Und wie sollen wir weiter reisen?
    – Zu Fuß.
    – Und wovon leben?
    – Wir betteln.
    – Nun denn, mit Gott!
    – Komm, Michael.«
    Die beiden jungen Leute nannten sich nicht mehr Bruder und Schwester, das gemeinsame Unglück kettete sie noch inniger an einander. Beide verließen das Haus, nachdem sie eine Stunde geruht hatten. Nadia durcheilte vorher die Straßen des kleinen Ortes, und es war ihr geglückt, einige Stücke »Tschornekhleb«, d.i. eine Art Gerstenbrod, und etwas Meth, der in Rußland mit dem Namen »Meed« bezeichnet wird, zu erlangen. Beides kostete ihr nichts, denn sie hatte sich bezwungen, als Bettlerin anzuklopfen. Das Brod und der Meth sättigten nothdürftig Michael Strogoff’s Hunger und Durst. Nadia hatte ihm den größeren Theil des kärglichen Mahles aufgenöthigt. Er aß die Brodbissen, die ihm seine Gefährtin einen nach dem anderen reichte; er trank aus der Kürbisflasche, die sie an seine Lippen setzte.
    »Ißt Du auch, Nadia? fragte er wiederholt.
    – Ja wohl, Michael«, beruhigte ihn das junge Mädchen, während es sich doch mit den Ueberresten begnügte.
    Michael Strogoff und Nadia verließen Semilowskoë und begaben sich wieder auf den mühseligen Weg nach Irkutsk. Energisch widerstand das junge Mädchen jeder Ermüdung. Hätte Michael Strogoff sie gesehen, es wäre ihm wohl der Muth gesunken, weiter zu ziehen. Nadia aber beklagte sich nicht, und da Michael Strogoff keinen leisen Seufzer hörte, so ging er mit einer Hast, die er selbst nicht zu zügeln vermochte. Und warum? Durste er hoffen, den Tartaren zuvor zu kommen? Er war zu Fuß, ohne Geld und – blind, und wenn Nadia, seine einzige Führerin, ihm entrissen werden sollte, blieb ihm ja nichts Anderes übrig, als sich an die Seite der Straße zu legen und elend zu verderben. Konnte er dagegen durch ungebeugte Energie nach Krasnojarsk gelangen, so war vielleicht noch nicht Alles verloren, da der Gouverneur, dem er sich zu entdecken gedachte, ihm ohne Zweifel die nöthigen Mittel gewähren würde, um Irkutsk zu erreichen.
    Michael Strogoff wanderte also karg an Worten und versunken in Gedanken weiter. Er hielt Nadia’s Hand. Beide blieben ununterbrochen vereinigt. Es schien, als bedürften sie der Sprache zum Austausch ihrer Gedanken gar nicht mehr. Von Zeit zu Zeit unterbrach Michael Strogoff wohl das Schweigen.
    »Sprich doch zu mir, Nadia, sagte er.
    – Wozu das, Michael? Wir denken ja zusammen!« antwortete die junge Liefländerin und bemühte sich, ihre Erschöpfung nicht durch ihre Stimme zu verrathen.
    Manchmal aber sanken ihre Füße zusammen, als stände ihr Puls schon still, ihr Schritt verlangsamte sich und mit flehend geöffneten Armen blieb sie ein wenig zurück, dann hemmte auch Michael Strogoff seine Schritte und richtete die Augen auf das junge Mädchen, so als könne er es in der Dunkelheit, die ihn umgab, erkennen. Seine Brust hob sich, er suchte seine Begleiterin noch besser zu unterstützen und nahm den ermüdenden Weg wieder auf.
    Diese ununterbrochenen Anstrengungen sollten aber heute eine überaus glückliche Wendung erfahren, welche Beiden für die Zukunft eine große Erleichterung versprach.
    Seit zwei Stunden hatten sie Semilowskoë verlassen, als Michael Strogoff stehen blieb

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