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Der Courier des Czar

Der Courier des Czar

Titel: Der Courier des Czar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und fragte:
    »Ist die Straße menschenleer?
    – Vollständig verlassen, antwortete Nadia.
    – Hörst Du nicht hinter uns irgend ein Geräusch?
    – Ja, wirklich.
    – Das könnten Tartaren sein; wir werden uns verbergen müssen. Passe wohl auf!
    – Warte ein wenig, Michael!« erwiderte Nadia und ging die Straße einige Schritte, bis zu einer nahen Biegung rückwärts.
    Michael Strogoff blieb, angestrengt lauschend, einige Augenblicke allein—
    Nadia kehrte sehr bald zurück und meldete:
    »Es ist ein Wagen hinter uns, den ein junger Mann führt.
    – Ist er allein?
    – So viel ich sehen kann, ja.«
    Michael Strogoff zögerte einen Moment. Sollte er sich verbergen? – oder sollte er im Gegentheil bei der sich bietenden Gelegenheit versuchen, auf diesem Wagen, wenn auch nicht für sich selbst, so doch vielleicht für sie, einen Platz zu erhalten? Er würde sich damit begnügen, eine Hand auf den Wagen zu stützen; ja, er würde diesen selbst mit schieben, denn seine Füße versagten ihm voraussichtlich niemals den Dienst, aber er fühlte wohl, daß Nadia durch die lange, achttägige Wanderung vom Obi bis hierher am Ende ihrer Kräfte sein müsse.
    Er wartete.
    Der Wagen zeigte sich bald an dem Knie der Straße.
    Es war ein sehr verfallenes, für höchstens drei Personen eingerichtetes Fuhrwerk, eine in der dortigen Gegend sogenannte Kibitka.
    Gewöhnlich bilden drei Pferde die Bespannung einer solchen Kibitka; diese wurde aber nur von einem Pferde mit langer Behaarung und dickbuschiger Mähne und Schweif gezogen, dessen offenbar mongolische Abstammung seine Stärke und Ausdauer verrieth.
    Als Führer saß ein junger Mann auf dem Wagen, neben welchem ein Hund neugierig hervorguckte.
    Nadia erkannte bald, daß der junge Mann ein Russe sei. Er hatte ein freundliches, ruhiges, Vertrauen erweckendes Gesicht. Besondere Eile schien er auch nicht zu haben. Er trottete ruhigen Schrittes dahin, um sein Pferd nicht überanzustrengen, und wer ihn so sah, hätte gewiß nie geglaubt, daß er auf einem Wege fahre, den die wilden Horden der Tartaren jederzeit abschneiden konnten.
    Nadia faßte Michael Strogoff’s Hand sicherer und trat zur Seite.
    Die Kibitka hielt; lächelnd sah deren Führer das junge Mädchen an.
    »Ei, wo wandert Ihr denn hin?« fragte er mit freundlich theilnehmendem Blicke.
    Der Ton dieser Stimme belehrte Michael Strogoff, daß er dieselbe irgendwo schon einmal gehört habe. Ohne Zweifel genügte ihm dieser Anhaltepunkt, um den Führer der Kibitka wieder zu erkennen, denn seine sorgenvolle Stirn heiterte sich plötzlich auf.
    »Nun, wohin wollt Ihr denn? wiederholte der junge Mann, indem er sich direct an Michael Strogoff wandte.
     

    »Es ist ein Wagen hinter uns, den ein junger Mann führt.« (S. 286.)
     
    – Wir gehen nach Irkutsk, antwortete dieser.
    – Aber, Väterchen, Du weißt wohl gar nicht, daß es noch viele, viele Werst bis Irkutsk ist.
    – O ja, das weiß ich.
    – Und Du reisest zu Fuß?
    – Wie Du siehst.
    – Für Dich mag das angehen, aber die junge Dame …
    – Das ist meine Schwester, fiel Michael Strogoff ein, der es für gerathener hielt, ihr diese Bezeichnung wieder beizulegen.
    – Ja, das ist ganz gut, Väterchen. Aber traue meinem Worte, sie wird zu Fuß niemals nach Irkutsk kommen.
    – Guter Freund, begann Michael Strogoff und näherte sich dem Wagen, die Tartaren haben uns geplündert und ich besitze keine Kopeke, sie Dir anzubieten; doch wenn Du nur meine Schwester mit auf den Wagen nehmen willst, so werd’ ich Dir gern zu Fuß folgen, nöthigenfalls laufen, um Dich keine Stunde aufzuhalten …
    – Aber Bruder, fiel ihm Nadia in’s Wort, … ich will das nicht, nein, ich will nicht! … Mein Bruder ist blind, mein Herr!
    – Blind! rief der junge Mann mit bewegter Stimme.
    – Die Tartaren blendeten ihm die Augen durch Feuer! setzte Nadia dazu, während sie die Hände ausstreckte, um sein Mitleid anzurufen.
     

    »Es ist ein nettes Mädchen«, sagte Nikolaus. (S. 290.)
     
    – Die Augen haben sie Dir ausgebrannt? – O, Du armes Väterchen! – Nun, ich will nach Krasnojarsk. Warum willst Du nicht mit Deiner Schwester auf meinem Wagen Platz nehmen? Wenn wir uns etwas einrichten, werden alle drei Platz finden. Mein Hund wird nichts dagegen haben, weiter zu Fuß zu gehen. Nur fahre ich nicht sehr schnell, um mein Pferd zu schonen.
    – Wie ist Dein Name, Freund? fragte Michael Strogoff.
    – Ich heiße Nikolaus Pigassof.
    – Diesen Namen werd ich niemals vergessen,

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