Der Cowboy
“Sie haben mich wirklich gerettet.
Uns
gerettet, genauer gesagt.”
“Schon gut. Also, wollen wir los?” Hastings wies auf seine Limousine.
“Wohin denn?”, fragte Jo.
Hastings lächelte. “Na, direkt in die Arena, Freunde! Wenn es etwas gibt, wovon Brian Hastings etwas versteht, dann sind es große Auftritte.”
Quinn beobachtete das Rodeo und die Tanzveranstaltung über, wie Hastings seine Rolle spielte und mit den aufgeregten Bewohnern von Ugly Bug umging. Am Ende des Abends musste er wohl oder übel zugeben, dass Hastings ein wahrer Teufelskerl war. Der Typ wickelte seine hysterischen Fans um den Finger, dass Quinn ganz neidisch wurde. Zum ersten Mal begriff er, wie viel Energie man brauchte, wenn man ein Star war.
Als sie schließlich alle gemeinsam zur
Bar None
zurückfuhren, war Hastings viele Stunden lang ohne Unterbrechung auf Achse gewesen und hatte nicht eine Sekunde lang aufgehört zu lächeln, Autogramme zu geben und neugierige Fragen zu beantworten.
Während Jo und Fred Hastings über die Ranch führten, nutzte Quinn die Atempause, um in seine Stadtkleidung zu schlüpfen. Das geliehene Cowboyoutfit legte er ordentlich zusammengefaltet auf sein Bett im Gesindehaus. Er hatte bisher niemandem gesagt, dass er schon einen Flug gebucht hatte. Er wollte seinen Abschied kurz und schmerzlos halten. Als er schließlich zum Haupthaus zurückging, schien warmes Licht aus dem Küchenfenster, wo sich alle um Emmy Lous Tisch versammelt hatten.
Quinn empfand Selbstmitleid. Vor einem Tag noch hatte
er
dort in der Küche gesessen und die Behandlung empfangen, die man jetzt Hastings zuteil werden ließ. Noch gestern war
er
Jos Retter gewesen. Jetzt hatte sie einen neuen Helden.
Eigentlich hatte sie Quinn niemals wirklich gebraucht. Wenn Hastings nicht so freundlich reagiert hätte, hätte Quinn mit seiner Scharade sogar alles ruinieren können. Eigentlich war er nicht einfach nur nutzlos gewesen – er betrachtete sich mittlerweile als Hindernis.
Aber wenigstens würde er jetzt nicht den Fehler machen, sich aufzudrängen. Er würde sich kurz verabschieden und dann ohne große Umstände abreisen. Als er die Verandatreppe hinaufging, kam ihm Jo entgegen.
“Da bist du ja! Ich hatte mich schon gefragt, wo du bl…” Sie hielt inne und musterte seine Kleidung. “Warum hast du normale Sachen an?”
“Ich reise ab, Jo.”
“Heute Abend?” Sie wurde blass, als sie begriff. “Jetzt sofort?”
Er nickte. “Ich komme, um mich zu verabschieden.”
“Ich verstehe.” Sie schluckte. “Ich bin dir so dankbar für alles, was du getan hast.” Angespannt verkrampfte sie ihre Hände ineinander. “Ich weiß gar nicht, wie ich all das wiedergutmachen soll.”
Dankbarkeit nützte ihm gar nichts. Er wollte ihre Liebe, kein Dankeschön. Aber sie konnte keinen Mann lieben, der kein Cowboy war. “Letztlich habe ich nichts genützt. Hastings war schon auf dem Weg, um dich zu retten.”
“Aber das wussten wir doch nicht. Du bist für mich in die Bresche gesprungen, Quinn. Das werde ich niemals vergessen.”
Irgendwann
würde
sie es vergessen, da war er sich sicher, genauso wie sie
ihn
schließlich vergessen würde. Er war kein Teil ihrer Welt, und er würde niemals einer werden.
“Du willst wohl ins Haus, um allen auf Wiedersehen zu sagen.”
“Ja.” Seine Stimme war heiser vor Trauer.
“Ich … ich komme gleich wieder. Ich muss etwas nachsehen.” Sie drehte sich um und stürzte die Treppe nach oben in ihr Schlafzimmer.
Mit einem schweren Seufzer betrat Quinn das Haus und ging in die bevölkerte Küche, die er niemals wiedersehen würde.
Das Gespräch verstummte, und Fred sah von seinem Teller auf. “Wo waren Sie denn, Jungchen? Alle wissen, dass Sie für Emmy Lous Essen sterben würden.”
“Ihre Kochkunst war einer der Höhepunkte dieser Reise”, sagte Quinn und warf Emmy Lou ein Lächeln zu. “Danke, dass Sie mich durchgefüttert haben.”
Emmy Lou runzelte die Stirn. “Klingt nach Abschied.”
“Sie haben ja wieder Ihre eigenen Sachen an”, murmelte Benny betreten.
“Ich reise noch heute Abend ab”, erklärte Quinn.
Benny sprang auf. “Ich bin gleich wieder da! Laufen Sie nicht weg!”
“Ich habe noch ein paar Minuten.” Quinn fühlte sich grauenhaft. Es war, als würde er seine eigene Familie verlassen.
“Weiß Jo schon Bescheid?”, fragte Emmy Lou.
“Ja. Ich bin ihr auf der Veranda über den Weg gelaufen.”
“Deswegen ist sie also nach oben gerannt”, schlussfolgerte
Weitere Kostenlose Bücher