Der Cowboy
Butternut. Sie ist sehr brav.”
“Danke, aber ich suche mir selbst ein Pferd aus.”
Jo stöhnte auf. “Ich will’s gar nicht wissen.”
“Ich sag’s dir trotzdem. Ich werde Hyper reiten.”
10. KAPITEL
Quinn bemühte sich, so locker wie möglich im Sattel zu sitzen. Am Eingang einer kleinen Rodeoarena vor den Toren von Ugly Bug thronte er auf dem rastlosen Hyper und wünschte, er hätte die Kaktusausrede nicht so rigoros abgelehnt. Aber als Jo einfach so davon ausgegangen war, dass er nicht einmal eine kleine Parade anführen konnte, hatte er schließlich seinen Stolz bewahren müssen! Er wollte ihr beweisen, dass sie sich in ihm täuschte, bevor er heute Abend abreiste.
Außerdem hatte er schon einige Reiterparaden in New York gesehen und bezweifelte, dass es sich um eine besondere Herausforderung handelte. Diese Parade hier würde sogar
noch
einfacher werden, weil sie sich in einem eingezäunten Gebiet abspielte.
Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass er als Anführer eine Fahne würde tragen müssen, die so groß war wie ein Fußballfeld. Auch der Wind kam ihm alles andere als gelegen.
Hyper tänzelte jedes Mal nervös zur Seite, wenn die Flagge in der Brise flatterte. Jo war irgendwo hinter ihm in der Parade, zusammen mit Dick, Benny und einem ganzen Haufen echter Cowboys und -girls. Die meisten hatten sich sehr zurückgehalten und nicht um ein Autogramm gebeten. Die wenigen Ausnahmen hatte er auf später vertröstet. Mit etwas Glück würde er sich innerhalb der nächsten 20 Minuten das Handgelenk verstauchen, denn er hatte bisher keine Zeit gehabt, Hastings Unterschrift zu üben.
Die anderen Bewohner von Ugly Bug benahmen sich weniger gut. Pfeifend, klatschend und johlend standen sie auf den Tribünen. Ständig blitzten Kameras auf, obwohl es helllichter Tag war. In der Menge wehten mindestens zehn handgemalte Hastings-Fahnen. Auf den etwas zurückhaltenderen standen Sachen wie “Hastings forever!” oder “Wir lieben dich, Brian”, aber auf anderen prangten Aufforderungen wie “Nimm mich hier und jetzt, Brian!”.
Ein paar Aufpasser in Westernmontur standen neben dem Einlass. Quinn war froh, dass jemand für Ordnung sorgte, aber wenn der Mob durchdrehte, würde ihn dennoch keiner beschützen können.
Er schluckte. Wenn er diesen Umzug überlebte, musste er sich auf einen abgetrennten Ehrenplatz auf der Tribüne setzen, in der Doobie und seine Frau schon auf ihn warteten. Jo hatte außerdem einen Platz für Fred und Emmy Lou in der Ehrenloge ergattert, worüber Quinn sehr erleichtert war.
Während Quinn darauf wartete, dass sich das Gatter öffnete, bildeten sich Schweißflecken auf dem schwarzen Westernhemd, das Benny ihm aufgeschwatzt hatte. Der Viehtreiber hatte ihm außerdem seinen besten schwarzen Cowboyhut geliehen, und Fred war mit einem Paar silberner Sporen angekommen, die in der Sonne blinkten. Hypers Fell glänzte wie poliertes Mahagoniholz, und seine Mähne und sein Schweif waren mit roten Schleifen geschmückt. Der Hengst sah wie erwartet toll aus. Jetzt musste Quinn nur noch im Sattel bleiben.
Ein runzliger alter Cowboy öffnete das Gatter zur Arena, und das Orchester der örtlichen Highschool setzte zu einem flotten Marsch an. Quinn ging im Kopf seine Anweisungen durch. Einmal um die Arena, dann geradeaus in die Mitte, bis er vor der Haupttribüne stand. Die anderen Reiter würden ihn seitlich flankieren, während die Band die Nationalhymne spielte. Dann würde er die Parade zurück zum Ausgang führen. Er verstärkte seinen Griff um die Fahnenstange und trat Hyper mit den Sporen in die Flanken. Unter donnerndem Applaus erhoben sich die Zuschauer von ihren Plätzen.
Mit einem durchdringenden Wiehern bäumte Hyper sich auf.
Quinn packte das Sattelhorn mit seiner freien Hand und blieb wie durch ein Wunder sitzen, aber Hyper war nicht mehr zu stoppen.
Quinn fühlte, wie sich die Muskelberge des Pferdes zusammenzogen. “Whoa!”, schrie er.
Aber Hyper hatte kein Interesse mehr daran zuzuhören. Er buckelte, schoss durch das Tor und verfiel in Jagdgalopp. Quinn flog der Hut vom Kopf, und seine Füße rutschten aus den Steigbügeln, aber die Flagge ließ er nicht los. Dramatisch umwehte sie seine Schultern. Die Menschenmenge zog wie ein Nebel an ihm vorbei, während Hyper durch die Arena raste, als wäre der Teufel hinter ihm her.
Die anderen Reiter pfiffen anerkennend und hoben ihre Hüte. Doch Jo, da war Quinn sich sicher, pfiff nicht mit. Wenn er Hyper nicht
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