Der Cowboy
schon erleben?”
“Ich bisher jedenfalls nicht”, sagte Quinn nachdenklich. “Andererseits bin ich nicht gerade ein Naturfreund.”
“Jetzt essen Sie erst mal Emmy Lous wunderbares Hühnchen. Danach können Sie in Ruhe überlegen, ob Sie nicht vielleicht ein paar Tage länger hierbleiben möchten. Ich schwöre Ihnen, ein Bissen, und Sie werden stöhnen vor Glück!”
Nicht, dass Emmy Lous Essen seine Erwartungen nicht erfüllt hätte, aber Quinn konnte sich ganz andere Dinge vorstellen, bei denen er vor Glück gestöhnt hätte. Und sie alle hatten mit Jo zu tun. Sie war der Grund dafür, dass er überlegte, ihr Angebot zu bleiben, anzunehmen. Er stellte sich vor, wie es wohl war, sie im Arm zu halten, ihre kirschroten Lippen zu küssen, ihre weiche Haut zu berühren … Aber es war nicht nur ihr Äußeres, das ihn anzog. Frauen in Bedrängnis zogen ihn magisch an, ganz besonders, wenn sie so tapfer kämpften wie Jo.
Die Ranch war, soweit er das bisher beurteilen konnte, wirklich wunderschön. Es wäre eine Schande, wenn Jo sie verlor. Er verstand zwar nichts vom Landleben, von Buchhaltung dafür aber umso mehr. Wenn er ein paar Tage blieb, konnte er ihr bestimmt einige hilfreiche Tipps geben.
Eventuell konnte er ihr sogar einen neuen, günstigeren Kredit verschaffen oder Investoren für die Ranch finden. Die richtigen Kontakte dafür hatte er ja.
Aber dafür musste er eine Weile bleiben und Jos Vertrauen gewinnen.
Während er aß, quetschte Emmy Lou ihn über New York aus. Sie war noch nie dort gewesen und begnügte sich seit Jahren mit den Souvenirs, die Jo ihr jeden Frühling von ihren Ausflügen mitbrachte.
Als Quinn aufgegessen hatte, schob er seufzend den Teller von sich. “Das war wirklich köstlich, Emmy Lou. Vielen Dank.”
“Wie wäre es mit einem Stück Apfelkuchen zum Nachtisch?”, fragte die Haushälterin. Wie es schien, begann er ihr Herz zu gewinnen.
Er grinste sie an. “Ich würde alles dafür geben.”
Emmy Lou errötete. “Mein Gott, wenn Sie so lächeln, dann sehen Sie ihm
noch
ähnlicher! Da bekomme ich ja Herzklopfen.”
“Komm schon, Emmy Lou. Lass ihn in Frieden und bring ihm seinen Kuchen”, unterbrach Jo ihre Schwärmerei.
Quinn fiel auf, dass sie eine Spur zu freundlich zu ihm war. Er hatte das Gefühl, dass sie etwas von ihm wollte, aber er hatte keine Ahnung, was das sein konnte.
“Wollen Sie eine Kugel Eis dazu?”, fragte Emmy Lou.
“Nichts lieber als das.” Was hatten diese beiden Frauen nur vor mit ihm?
Jo beobachtete interessiert, wie er seinen Kuchen aß, und lächelte ihn an, wann immer sich ihre Blicke begegneten. Irgendwas war hier im Busch, eindeutig.
“Wollen Sie einen Happen abhaben?”, bot er an.
“Nein, danke. Es macht nur Spaß, Ihnen beim Genießen zuzusehen.”
Quinn nahm den letzten Bissen. “Die Show ist vorbei. Ich muss sagen, das war der beste Apfelkuchen, den ich jemals gegessen habe. Sogar besser als der im Waldorf-Astoria.”
Emmy Lou war hingerissen. “Sie waren schon mal im Waldorf?”
“Ja, auf Geschäftsessen.”
“Ich würde alles dafür geben, New York zu sehen. Die Hochhäuser, die Einkaufsmeilen, den Straßenlärm …”
Während Emmy Lou weiterschwärmte, beschloss Quinn, sie eines Tages nach New York einzuladen.
Schließlich unterbrach Jo Emmy Lous Redeschwall und beugte sich zu Quinn vor. “Wie sieht es aus, Quinn? Beehren Sie uns noch ein paar Tage mit Ihrer Anwesenheit? Morgen gibt es übrigens Schmorbraten.”
Er musste Vorsicht walten lassen. Jo war übereifrig, und das machte sie verdächtig. Aber andererseits liebte er Schmorbraten. Und sein Körper reagierte unkontrollierbar auf das Funkeln in Jos Augen. “Ich denke, das wäre möglich.”
Er stellte sich vor, wie es wohl war, mit Jo in einem Haus zu wohnen, ja sogar zu
schlafen
.
“Toll”, sagte Jo. “Ich habe da nämlich so eine Idee. Was würden Sie davon halten, sich als Brian Hastings auszugeben, solange Sie hier sind?”
Quinn stöhnte auf und vergrub sein Gesicht in den Händen. Seine Fantasien lösten sich in Luft auf.
Das
war also das dicke Ende.
Emmy Lou schlug aufgeregt die Hände zusammen. “Josephine, das ist eine fantastische Idee! Du bist brillant!”
Quinn nahm die Hände vom Gesicht und sah Jo an. Gott, war sie schön! Schön und verkommen. “Ich bin nicht Brian Hastings.”
“Aber selbst Emmy Lou hat Sie verwechselt. Bitte, das würde mir die Bank noch eine Weile vom Hals halten.”
Mit einem Seufzer der Enttäuschung
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