Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
unbequemen Pritsche. Allerdings brauche ich trotz allem von Zeit zu Zeit ein wenig Blut zum Überleben. Mein Vater hat daher eine Blutbank aufgetrieben, die regelmäßig ein frisches Tütchen von der roten Leckerei ins Lager liefert. Und Meister Athrawon hat mir gestattet, nachts hier in der Küche meine Ration Blut zu trinken, damit keiner von den anderen sich ekeln muss. Auch wenn ich nicht verstehe, wo da der Unterschied zu euch ist, wenn ihr Limo und Cola trinkt.“
„Naja“, sinnierte Nessy. „Für die Cola musste niemand sein Leben lassen, nicht wahr?“
„Für das Blut auch nicht. Wurde gespendet. Absolut freiwillig.“
„Aber nicht zu diesem Zweck, sondern für Notfälle, Unfallopfer und sowas, denke ich.“
„Wenn ich nicht mindestens einmal in der Woche zusätzlich zur Blutwurst ein Glas Blut trinke, kippe ich aus den Latschen. Ist doch auch so eine Art Notfall, oder?“
„Da muss ich ihm Recht geben“, stimmte Charly zu und freute sich, einen weiteren Exoten zu Gesicht bekommen zu haben, auch wenn Flaad rein optisch nicht viel dahermachte.
„Ist ja schon gut“, gab Nessy zu. „Kannst aufhören, einen Holzpflock zu schnitzen, Rippenbiest.“
Der Taure ließ das Nudelholz fallen, dass er sich von einem Küchenregal gegriffen und bereits mit der Axt entsprechend angespitzt hatte. „Schade“, murmelte er vor sich hin und schmollte ein wenig.
„Aber ein bisschen ekelig ist es schon“, beharrte Nessy, grinste jedoch.
„Eklig ist anders! Ihr solltet mal meinen Kumpel Wagner sehen. Der ist ein Zombie und verliert dauernd irgendwelche Körperteile. Außerdem stinkt er ziemlich faulig und schaut aus wie eine Mischung aus Mumie und Überfahrener Elch. Das ist eklig, kann ich euch sagen! Aber damit euch nicht übel wird, wenn ihr mir beim Trinken zuschaut, hat mir Meister Athrawon ja auch nachts Zugang zum Küchenzelt verschafft.“
„Womit wir endlich beim Thema wären“, gab Charly zum Besten. „Auch wir vier Hübschen sind nämlich auf der Suche nach was Essbarem. Hast du zufällig gesehen, ob's noch Pudding gibt?“
„Ja, ich glaube ich hab da noch eine volle Schüssel Schokopudding im Kühlschrank gesehen. Wenn ihr den stibitzen wollt, habt ihr aber ein Problem, fürchte ich.“
„Warum? Hat der bescheuerte Koch den Pudding etwa vergiftet?“, wollte Charly wissen. „Zuzutrauen wär's dem Spinner glatt.“
„Ich glaube nicht“, erwiderte Flaad. „Aber er hat eine lebendige Alarmanlage eingebaut.“
„Häh?“
„Na, einen Kreischgnom, der nachts im Kühlschrank haust. Schlömi hatte ursprünglich einen Frostigen Tremazebus eingeplant dafür, aber der ist ja dummerweise inkontinent und hätte pausenlos den Kühlschrank vollgepinkelt. Daher muss es nun der Kreischgnom richten. Ich hab ja für mein Blut eine Ausnahmegenehmigung vom Meister, aber wenn einer von euch den Pudding klauen will, muss er dem Gnom erst eine Frage beantworten, von wegen Worin unterscheiden sich Elben von Elfen? oder sowas. Manchmal hat er auch Scherzfragen auf Lager, aber genau weiß man das nie. Wenn man die Frage nicht beantworten kann, kreischt das Kerlchen so laut, dass sogar Schlömi davon wach wird. Und dann ist in Windeseile der Teufel los hier. Da könnt ihr Gift drauf nehmen!“
„Woher weißt du das alles?“, wollte Ben von dem Vampir erfahren.
„Der Gnom ist ziemlich geschwätzig, musst du wissen. Und da sich nachts niemand außer mir hier herumtreibt, quatscht er mir solange ein Ohr ab, bis ich den Kühlschrank zu mache.“
„Scheibenkleister!“, motzte Nessy. „Und jetzt?“
„Das Risiko sollten wir eingehen“, schlug Charly vor. „So eine Schüssel Schokoladenpapier hat schon was.“
„Stimmt“, meinte das Mädchen und schaute die anderen fragend an.
„Wir sind zu viert“, brachte es Ben auf den Punkt. „Einer von uns wird dem Gnom die Frage schon beantworten können.“
„Zur Not schlag ich ihn zu Brei!“, vervollständigte Rippenbiest die Diskussion.
Also schritt Charly voran und öffnete mutig die Kühlschranktür. Dort hockte zwischen Schüsseln, Flaschen, Käse und Wurst der Kreischgnom und grinste voller Vorfreude. Der Gnom maß bestenfalls dreißig Zentimeter, war grün und sah aus wie ein dürres Menschlein mit dickem Kopf und großen schwarzen Augen. Sein wirres Haar war ebenfalls schwarz und ganz offensichtlich seit Ewigkeiten ungewaschen. Seine riesigen Spitzohren lugten wie Segel daraus hervor. Er war mit einer schmutzigen braunen Hose bekleidet
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