Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
entzückt, obwohl der Gelehrte sie alle zuvor über die Harmlosigkeit des Reptils informiert hatte. Die beiden Erdlinge hingegen kannten keine Scheu und näherten sich neugierig der interessanten, aufrechten Schlange. Immerhin gab es solche Tiere in ihrer eigenen Welt nicht. Nervös zupfte Lisa dem dicken Jungen von hinten am T-Shirt. „Vorsicht“, flüsterte sie.
„Quatsch!“, maulte Charly. „Ist doch eine Orange. Lass mich mal machen.“
Doch diese Verzögerung reichte, damit Ben der erste war, der die Schlange aus nächster Nähe zu sehen bekam. Außerhalb des Zoos hatte er noch nie eine echte Schlange zu sehen bekommen und schon gar keine dermaßen außergewöhnliche. Quasi eine Schlange auf zwei Beinen. Und während der Junge den merkwürdigen Geruch bemerkte, welcher von der Schlange ausging, passierte es: Die Schlange schnellte vor und biss den Nächsten, den sie erreichen konnte ins Bein. Und das war nun mal Ben.
„Autsch!“, brüllte er und humpelte ein paar Schritte rückwärts, wo er gegen Charly prallte.
„Sieh an“, meinte dieser und lachte. „Gift haben die Weiber keins, aber Zähne offenbar schon. Von wegen harmlos. Das war ja wohl nichts, Herr Schlemil“
„Ich verstehe das nicht“, entgegnete ein blasser Schlemil. „Diese Schlange kann gar keine Zähne haben. Ich habe beim Exotenversand ein Weibchen bestellt und auch eines geliefert bekommen.“
Als sich die anderen noch wunderten, erschreckt wirkten oder sich über die Situation amüsierten, knickte Ben ein. Hätte ihn der dicke Charly nicht aufgefangen, wäre Ben hilflos auf den Boden geknallt.
„Was ist denn los, Kumpel?“, fragte Charly seinen zitternden Zeltgenossen und lachte nun nicht mehr. „Du bist ja ganz heiß!“
Ben war mit einem Mal leichenblass geworden und begann, nur noch mühsam einen Atemzug nach dem anderen zu tun. Gleich darauf schienen schwere Krämpfe seinen Körper zu schütteln. Herr Schlemil hatte genug gesehen.
„Holt Meister Athrawon und zwar sofort!“
Nessy reagierte am schnellsten und rannte aus dem Schulzelt, als wären ihr Dämonen auf den Fersen. Vor sich hinmurmelnd kniete sich Herr Schlemil neben Ben und zog dem Jungen kurzerhand das Shirt über dem Kopf, um ihm Kühlung zu verschaffen und zu mehr Atemluft zu verhelfen. Doch das schien überhaupt keine Wirkung zu zeigen.
„Es tu so weh“, wimmerte Ben noch, und bald war nur noch das Weiße in seinen Augen zu sehen. Der Junge hatte offensichtlich das Bewusstsein verloren. Herr Schlemil konnte nichts anderes tun, als sich selbst flüsternd zu versichern, dass dies alles doch gar nicht wahr sein könnte. Und während die anderen Kandidaten starr vor Schreck um das Geschehen herumstanden und vor Angst keinen Mucks machten, erschlug der Koch Schlömi kurzerhand die Schlange mit einem gewaltigen Nudelholz, als diese sich gerade von allen anderen unbemerkt der Gruppe hatte nähern wollen; vermutlich, um sich ein weiteres Opfer zu schnappen. Selbst Bens Intimfeind Jam schien bestürzt zu sein von dem Angriff auf seinen Mitschüler und drohte beinahe in Tränen ausbrechen zu wollen. Vielleicht machte ihm aber auch nur die Nathair Angst, die neben dem Versammlungstisch ein letztes Mal zuckte und schließlich regungslos in einer Blutlache zur ewigen Ruhe kam. Nur Ellen zeigte kein nennenswertes Interesse an der Szenerie und feilte sich die ohnehin makellosen Fingernägel.
Nach einer kleinen Ewigkeit erschien Meister Athrawon mit Nessy im Schlepptau im Zelt und verschaffte sich in aller Eile einen Überblick.
„Was ist passiert?“, wollte er wissen.
Herr Schlemil erhob den Kopf und blickte zu seinem Vorgesetzten auf. Heiße Tränen verschleierten seinen Blick. „Ein Nathairweibchen hat ihn gebissen. Aber es hat doch gar keine Zähne. Dennoch ist der Junge vergiftet worden. Ich verstehe das nicht.“
„Nathair?“, fragte der Meister. „Wenn mich nicht alles täuscht, ist deren Gift tödlich“, sagte er mit einem Blick auf die tote Schlange.
„Aber sie hat doch keine Zähne“, wiederholte der Mann am Boden.
„Diese offensichtlich schon“, entgegnete Meister Athrawon. Und tatsächlich zeigten sich im offenen Maul des toten Reptils etliche, zwar nicht besonders große, aber dennoch sehr spitze Zähne.
„Womöglich eine Mutation?“, mutmaßte er und kniete sich nun auch neben den Jungen.
„Bitte helft Ben, Meister Athrawon“, bettelte Charly, der immer noch den anderen Jungen in seinen Armen barg. „Er atmet kaum noch, und er
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