Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
namensgebendes Merkmal der Jungs war der einzelne ebenso große wie spitze Zahn, der den Wesen in den Unterkiefern wuchs und von den Zahnfeeogern als Dosenöffner, Kauwerkeug oder Fischentgräter benutzt wurde. Charly hatte einmal verlauten lassen, dass die Oger kaum von Schlömi zu unterscheiden wären; nur sei der Körpergeruch des Lagerkochs ungleich intensiver.
Die beiden Wächter bewachten den Eingang zum Versammlungszelt und forderten jeden, der hineinwollte, zur Abgabe der jeweils aktuellen Parole auf.
„Wort?“ stammelte einer von beiden.
„Äußerst Übelriechender Stan“, nannte Charly das Passwort, da er wie fast immer als Erster zum gemeinsamen Abendessen erschienen war. Die anderen wiederholten die Parole und fanden alsbald unter den wachsamen Blicken der Zahnfeeoger zu ihren Plätzen.
„Wer ist eigentlich dieser Stan? Scheint mir ja ein ziemlicher Stinker zu sein.“
„Keine Ahnung, Charly“, antwortete Ben und Nessy zuckte nur die Schultern.
„Soll ein Verbrecherkönig in Macabra sein“, wusste Flaad zu berichten. „Hat einen Ruf wie Donnerhall im Nichts. Ob das an seinem Gestank oder an seinen Fähigkeiten liegt, das weiß ich nicht.“
„Ist ja auch egal“, meinte Charly schließlich. „Mal sehen, was das Frühstück heute bietet. Nanu, wieder nur belegte Brote?“
Was ihn natürlich nicht davon abhielt, sich acht Stück auf den Teller zu stapeln.
„Macht doch nichts“, bemerkte Rippenbiest. „Wenn ich danach noch Hunger habe, brate ich mir einen von den Ogern da draußen. Dann erfüllen sie wenigstens einen Zweck.“
„Immerhin hat es keinen Angriff mehr gegeben, seit sie hier sind“, meinte Ben, der zwischen Rippenbiest und Charly saß.
„Muss wohl an ihrem Fußgeruch liegen“, antwortete der Taure. „Schreckt alle anderen meilenweit ab. Außer den Koch vielleicht; aber der ist ja auch nicht normal.“
„Außerdem hätten die bekloppten Zwillinge den Job genauso gut weitermachen können“, mampfte Charly.
„Nenn sie nicht bekloppt“, beschwerte sich Ben und griff zur Limonade. „Die sind ganz in Ordnung. Aber irgendwann müssen sie ja auch ihrer eigenen Arbeit nachgehen.“
„Schon gut, schon gut. Reich mir mal ein Schinkenbrötchen.“
„Wann bist du eigentlich mal satt?“
Jam saß auf der anderen Seite des Tischs und hatte eine Ausgabe der Nichts-am-Sonntag vor sich ausgebreitet. Offensichtlich hatten sie mal wieder ein neues Poster von ihm auf den Markt gebracht. Es zeigte ihn in weißer Sportkleidung mit Tennisschläger und heldenhafter Miene. Elmar nickte eifrig, als Jam etwas zum Besten gab, was Ben nicht verstand. Ellen wirkte mäßig interessiert und entfernte penibel die Butter von ihrem Käsebrötchen. Nessy saß ganz in der Nähe und rümpfte die Nase.
„Wer will sich denn so ein Poster an die Wand hängen?“, fragte sie ziemlich laut.
Jam hob den Kopf und blickte sie ziemlich böse an. „Von dir hab ich noch nie ein Foto in irgendeiner Zeitung gesehen. Vermutlich weil niemand weiß, ob man es unter der Rubrik Junge oder Mädchen veröffentlichen soll.“
Bei dieser Aussage konnte sich nicht einmal die sonst so coole Ellen ein Lächeln verkneifen.
„Da wo du herkommst, spielt das sowieso keine Rolle“, stichelte Jam weiter. „Eine wie dich würde eh niemals einer anpacken. Stimmt es eigentlich, dass bei euch jeder die Pest oder zumindest die Krätze hat?“
„Was soll das den bitteschön heißen? Bei euch? Du kennst meine Leute doch gar nicht!“
„Die will ich auch gar nicht kennen. Ich würde niemals einen Fuß nach Macabra hineinsetzen.“
„Ich komme nicht aus Macabra, du elender Spinner!“, erwiderte Nessy ziemlich heftig.
„Wer's glaubt, den soll der Äußerst Übelriechende Stan holen. Den kennst du ja bestimmt persönlich. Schau dich doch mal selbst an: Schlägervisage, schmuddeliges T-Shirt und Second-Hand-Jeans. Sowas findest du nur in Macabra.“
„Ich warne dich, Jam. Ich bin nie dort gewesen.“
Nessy wurde zornesrot im Gesicht und konnte sich nur noch mühsam beherrschen.
„Und warum sagst du dann niemandem, wo genau du herkommst?“, wollte Jam wissen und lächelte von oben herab.
„Weil's keinen was angeht. Kapiert?“
„Lass mich raten: Vater Alkoholiker, Mutter depressiv, Geschwister im Knast, und du hast die erstbeste Möglichkeit ergriffen, aus Macabra rauszukommen. Stimmt's? Und nun verpestest du unsere Luft!“
„Was fällt dir ein, meine Familie zu beleidigen, du Kröte? Was haben denn deine
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