Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Auserwählten heute nach draußen in den offensichtlich jeden Tag aufs Neue währenden Sonnenschein und bewegten sich mehr oder weniger begeistert auf die Sprechertische zu, die Schlömi wegen der Pressekonferenz (selbstverständlich laut schimpfend ob all der verfluchten Plackerei) zusammengestellt hatte. Zeitungs- und Fernsehleute hatten sich bereits eingefunden und warteten mit Kameras und Mikrofonen bewaffnet unweit des Sprechertischs halbwegs geduldig auf die Kandidaten. Schließlich saßen alle (die Auserwählten hinter ihren Tischen und die Reporter auf billigen Klappstühlen aus dem Lagerfundus), und die Konferenz nahm ihren Anfang.
Die hübsche junge Frau, die für die Reportagen des bekannten Fernsehsenders Zentrum Total zuständig war, scheuchte bei der erstbesten Gelegenheit ihren Kameramann, einen dicklichen Mann mittleren Alters in einem arg zerknitterten dunkelgrauen Anzug, in die vorderste Reihe, damit er dort seine Kamera in Position bringen sollte. Anschließend hielt sie Ben (ihr erstes Opfer des Tages) ihr Mikrofon vor die Nase.
„Hier ist Gundula Kresse von Zentrum Total. Nach unseren Informationen wurdest du vor ein paar Wochen beinahe umgebracht. Weiß man schon, wer der Täter war? Wurdest du schwer verletzt? Seid ihr noch sicher im Lager, und wer von euch könnte der Nächste sein?“
Ben war völlig verwirrt von all den Fragen. Und eigentlich hatte er auch gar keine Lust, ein TV-Interview zu geben. Hilfesuchend blickte er sich zu Meister Athrawon um und fand ihn unweit neben sich ein paar Plätze weiter. Aufmunternd, aber auch eindeutig warnend nickte der alte Mann ihm zu.
„Naja“, stammelte der Erdenjunge. „Also eine Schlange hat mich gebissen. Das Ganze war ein Unfall, und ich habe die Sache offensichtlich überlebt...“
„Aber unseres Wissens hatte jemand eine hochgiftige Schlange ins Lager eingeschleust“, unterbrach Frau Kresse den Jungen. „Wer war also verantwortlich für den Unfall, wie du ihn nennst?“
„Keine Ahnung. Also, der Lehrer konnte nichts dafür...“
„Unsere Zuschauer haben ein Recht auf die Wahrheit, meinst du nicht? Siehst du dich als Opfer? Armer Junge von der Erde durch Einheimische in Lebensgefahr gebracht? Wer, wenn nicht der Lehrer, kann so grausam sein? Hast du dir in den paar Wochen schon so mächtige Feinde hier im Nichts gemacht?“
„Ich habe echt keine Ahnung. Vielleicht wollte sich ja nur jemand einen Scherz erlauben? Als Opfer will ich bitteschön nicht dargestellt werden.“
„Ein Scherz? Das glaubst du doch nicht wirklich? Es gibt Gruppierungen hier im Nichts, die Erdlinge verachten; wusstest du das? Haben diese etwa Zugang zum Zeltlager? Fühlst du dich noch sicher hier?“
„Könnten Sie vielleicht immer nur eine Frage auf einmal stellen?“, bat Ben. „Ich werde nicht oft interviewt, und wenn ich die letzte Frage höre, dann habe ich die erste schon wieder vergessen.“
Meister Athrawon konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Einige andere lachten sogar laut; sowohl Auserwählte wie auch Presseleute. Nun war es an Gundula Kresse, ein wenig verwirrt dreinzuschauen. Aber nur kurz.
„Gut gut. Fühlst du dich jetzt also sicher im Lager?“
„Ja, absolut. Meister Athrawon hat einen Wachdienst engagiert. Die lassen keinen rein, der hier nichts zu suchen hat. Abgesehen von den Reportern natürlich.“
Wieder lachten einige. Ben schlug sich tapfer. Gundula dagegen dachte kurz über die Antwort des Jungen nach, tat sie aber dann als nicht sie selbst betreffend ab.
„Aber wer war, deiner bescheidenen Meinung nach, nun der wahre Attentäter?“
„Ich sagte doch schon, dass ich es nicht weiß. Schließlich hätte die Schlange jeden erwischen können. Ich hatte also nur Pech, würde ich meinen.“
„Angriff bleibt Angriff“, wehrte Gundula den Einwand ab. „Was wurde denn bislang unternommen, um den Täter zu ermitteln? Besonders viel wohl nicht...“
„Gnädigste Gundula“, sagte Meister Athrawon streng. „Für gewöhnlich mische ich mich ja nicht in deine Gespräche mit unseren Auserwählten ein. Aber hier muss ich einschreiten: Ich habe einiges bewegt, um dem Täter auf die Spur zu kommen, doch fehlen mir im Gegensatz zu dir wertvolle Informanten. Ich denke, wenn du mir deine Quelle verraten würdest, hätte ich deutlich bessere Chancen, den Angreifer mit Hilfe deines geheimnisvollen Informanten zu überführen, meinst du nicht auch?“
„Meinen Informanten kann ich Euch leider nicht nennen, Meister. Ich hab
Weitere Kostenlose Bücher