Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
die Zeit festgehalten wird. Denn sie geht nicht einfach so verloren. Sie ist unsterblich. Vielleicht braucht noch mal jemand die vergangene Zeit. Dann kann die Vergangenheit zur Zukunft werden. Vielleicht werdet ihr auf eurer Reise selbst einmal die Zeit zurückdrehen müssen. Aber all das geht nur, wenn der Jongleur der Zeit dies zulässt. Nicht einmal Fürst und Königin können den Stein ohne Einwilligung des Hüters beeinflussen. Mehr noch: Niemand, der das Nichts sein Zuhause nennt, ist in der Lage, den Stein zu berühren. Nur der Hüter selbst.“
„Aber wer ist der Hüter? Wo kommt er her, und wer war er in seinem vorherigen Leben?“
„Das weiß ich nicht“, gab Harry zu. „Nicht einmal der Jongleur weiß das noch. Der Hüter verliert im Laufe der Zeit die Erinnerung an sein früheres Leben. Das ist der Preis für die Ehre dieses Amtes.“
Die Nacht war trotz Harrys Beteuerung, der Winter sei bald zu Ende, einfach nur elend kalt. Ben rollte sich in seine Decken in der Nähe der Feuerstelle ein. In dieser Nacht träumte er von der Sonne, die hoffentlich bald wieder die klirrende Kälte vertreiben würde.
Am Morgen darauf merkte auch Ben, dass etwas geschehen war. Die Sonne ging auf, und er verließ, in warme Kleidung eingepackt, die warme Hütte. Draußen stellte der Junge aus der alten Welt unzweifelhaft fest, dass die Temperatur tatsächlich leicht angestiegen war. Zwar endete auch dieser Tag rasch wieder mit einem Sonnenuntergang und einer darauf folgenden eiskalten Nacht, aber es sollte die letzte Winternacht sein. Jeder Bewohner des Dorfes fühlte es in seinem Herzen. Die Zeit war endlich gekommen. Der Nachthimmel war sternenklar. Ben hatte einen Fensterladen der Hütte einen Spalt weit geöffnet. Nur soweit, dass nicht zuviel Kälte eindrang, aber doch so weit, dass er den Himmel sehen konnte. Keine einzige Schneeflocke fiel. Der Winter hatte seine letzte Schlacht gegen die aufkeimende Wärme verloren. Am Morgen danach sollte er den ganzen Krieg verloren haben. Das ahnte auch Ben. Er sah die Sterne und fragte sich nicht zum ersten Mal, ob es wohl dieselben Sterne waren, die man auch in der anderen Welt in dieser Nacht erblickte. Er dachte an ihre weitere Reise, die sie bald fortsetzen mussten. Sie drohte, noch so unendlich weit und lang zu werden. Hatten sie überhaupt eine Chance? Und was war mit dem Bösen, dem Lisa auf der Spur war und das sich anschickte, sich zur Wehr zu setzen? Das ausgerechnet ihn, Ben, tot sehen wollte. Über das Grübeln schlief er schließlich ein.
Zur gleichen Zeit war auch im Haus nebenan ein Fensterladen ein wenig geöffnet worden. Zwei Augen starrten von innen hinauf in den selben Nachthimmel wie vorher Bens. Es waren Lisas traurige Augen. Sie wusste, es würde ihre letzte Nacht im Dorf sein. Im Geiste nahm sie schon Abschied von Harry, Jeremias und von deren Familie und Freunden. Auch die Tranjans würde sie sehr vermissen. Aber sie würde sich nicht mit Worten von ihnen verabschieden können. Von niemandem. Auch nicht von den anderen Auserwählten. Nicht einmal von ihrem prophezeiten Begleiter Charly. Lisa schlief schließlich wieder ein, stumme Tränen zeichneten ihre Wangen.
Der Sommer war wieder da! Der Sonnenaufgang brachte die ersehnte Wärme zurück. Die Sonnenstrahlen drangen durch jede Ritze in die Hütten der Leute und in deren Herzen ein. Alle verließen Betten und Wohnräume und liefen nach draußen. Sie hießen die gute alte Sonne mit Freudentränen, Jubel und Gesang willkommen. Alle freuten sich. Ein paar Kinder liefen fröhlich zu den Tranjanhütten. Sie rissen die Türen auf, damit die Sonne auch ihre seltsamen Freunde wachküssen konnte. Und die ließen sich nicht lange bitten. Langsam aber sicher kam wieder Bewegung in die Knetmassekörper. Der vorwitzige dunkelgrüne Pascal erwachte zuerst vollständig aus dem Winterschlaf und schlüpfte an den lachenden Kindern vorbei ins Freie. „Sonne, Sonne, Sonne!“, rief er begeistert. Jetzt endlich konnten auch die Tranis wieder aktiv am Dorfleben teilhaben. Und wie an jedem ersten Sommertag hatte der kugelrunde Claude den gleichen Einfall: „Das muss mit einer Party gefeiert werden. Aber zünftig, mit allem drum und dran!“
Und wie in jedem Jahr wurde der Vorschlag begeistert aufgenommen. Nachdem alle Tranjans sich reckend und streckend aus der Hütte begeben und alle die liebe Sonne genügend begrüßt hatten, machten sich die Bewohner daran, die entsprechende Party vorzubereiten.
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