Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
hatte, dass die Autobahn in Kürze hier weitergebaut würde. Tat man aber nicht, weil denen das Geld ausgegangen war. Also endete, oder begann der Highway hier auf der Wiese. Ob es mit dem Straßenbau jemals weitergehen würde, wer konnte das schon wissen? Ben überlegte, ob das wohl die Straße war, von der man Yoghi im Zentrum einst versprochen hatte, sie würde an seiner Kneipe vorbeiführen. Immer noch erzählte der gute Minnesota. Davon, dass ihm vor Jahren seine Frau abgehauen war, weil sie den Geruch von Abgasen und Altöl nicht mehr ertragen konnte und von seinen missratenen Kindern, die entweder im Armenhaus oder auf der Straße gelandet waren, Glaubte er zumindest, denn er hatte sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Außerdem verwies er auf sein Holzbein; das Original hatte er einem arg verrosteten Wagenheber unter einem alten Siebener BMW geopfert. Seitdem hatte er eine beschissene Heidenangst vor Bibern, sagte er.
„Auf jeden Fall, seht euch vor, wenn ihr über den Highway ins Zentrum fahrt. Gibt ein paar nette Gegenden da, aber das meiste ist ein verdammtes Rattenloch! Es ist die größte Stadt im Nichts mit unzählbaren Einwohnern, Wesen jedweder Art. Also passt gut auf eure Ärsche auf. Und auch auf eure Liesel, wenn ihr sie denn gefunden habt.“
Endlich führte das Gespräch in die richtige Richtung, wie Ben fand. „Wann ist sie losgefahren? Hat sie gesagt, wohin genau sie will?“
„Na, gestern Vormittag war sie hier und ist kurz drauf wieder abgedüst. Zusammen mit dem Fettsack am Steuer. Keine Ahnung, wo genau sie hinwollten. Werden es aber verdammt schwer haben, allein in diesem Pfuhl. So ein hübsches, junges Ding und ein klappriger Spinner kommen da leicht unter die Räder.“
„Wie sieht ihr Wagen aus? Kann man ihn leicht erkennen?“
„Na ja, es fahren Millionen von diesen verfluchten kleinen VWs herum. Aber die meisten sind Schund. Liesels ist weiß. Wie Elfenbein. Rost hat er keinen. So einer mit roten Sitzen und Schiebedach. Aber ihr erkennt ihn sofort an den weißen Plüschwürfeln am Rückspiegel und dem Blechschildchen an der hinteren Stoßstange. Steht ein ’D’ drauf und die Jahreszahl 1966. Schönes Auto, verdammt noch mal. Hab's noch viel zu billig eingetauscht!“
Ben hatte genug gehört. Er bedankte sich für das Altöl-Kaffee-Gemisch und ging zusammen mit den anderen zurück in die Halle.
„So, ihr Bettnässer. War nett, euch mal kennengelernt zu haben. Wenn ihr noch mal in dieser elenden Gegend seid, schaut ruhig wieder bei mir rein. Vielleicht hab ich wieder so ein Schnäppchen für euch. Wie den 62’er Lincoln. Hahaha!“ Minnesota lachte, hustete und suchte nach einer Lucky Strike. Dann öffnete er das Werkstatttor und fuhr den Wagen höchstpersönlich ins Freie. Der V8 sprang ohne Probleme an.
„Danke, Minnesota. Wer weiß, vielleicht kommen wir ja noch mal ins Geschäft“, sagte Ben.
Die Auserwählten verabschiedeten sich, und Minnesota humpelte wortlos zurück in seine Werkstatt, um nach Zigaretten zu suchen. Komischer Kauz.
Die Jugendlichen hielten sich ja nicht für nennenswert zimperlich. Trotzdem waren sie froh, nicht mehr länger den endlosen Flüchen, Beleidigungen und dem elenden Zigarettenqualm aus Minnesotas Mund ausgesetzt zu sein. Rasch brachten sie ein paar Meter zwischen sich und der maroden Werkstatt. Ben widmete sich sogleich dem nächsten Problem.
„So, wer von euch Hübschen kann überhaupt ein Auto fahren? Ich hab weder Führerschein, noch eine leise Ahnung vom Fahren, sorry.“
„Also ich kann es“, gab Nessy zu, wollte jedoch nicht mehr dazu sagen.
„Ich auch“, meinte Charly. „Hab meinem Alten schon ein paar Mal den BMW entliehen, als der mit dem Dienstwagen unterwegs war. Für ein paar Runden um den Block hat's gereicht.“
„Mensch, ich dachte ihr seid auch erst Dreizehn“, beschwerte sich Ben, lachte aber dabei. „Mir scheint, ich habe da irgendwas verpasst.“
„Mach dir nichts draus“, meinte R'n'B. „Ich hab das auch noch nie gemacht. Erstens gibt es bei uns in der Prärie keine Autos, und zweitens würde ich mit meinen Pranken ohnehin jedes Lenkrad in Stücke brechen.“
Also vereinbarten sie, dass sich Nessy und Charly mit Fahren abwechseln würden, bis sie das Zentrum erreicht hatten. Kurz darauf brausten sie davon. Auf dem unvollendeten Highway in Richtung Zentrum.
„Und wie fährt sich unser Nobelhobel?“
„Fast so gut wie Vaters BMW, Benny.“
Die Fahrt in der Sänfte auf Rädern
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