Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Narben und Geschwüre von hanebüchenen Schweißversuchen.
Die letzte Hoffnung der Reisenden war ein hellblaues Lincoln Continental Cabrio, Baujahr 1962. Ehemals nobler Amischlitten von beachtlichen Ausmaßen. Räder hatte er, vier Stück, Reifen hatte er ebenso, vier Stück, was wollte man denn mehr? Und auch sonst schien er komplett zu sein. Die Motorhaube stand offen. Könnte sein, dass das Maschinchen nach gutem Zureden sogar starten würde. 3000 $ war auf dem vergilbten Schild hinter der gesprungenen Windschutzscheibe zu lesen. In Anbetracht des allgegenwärtigen Rostes eigentlich übelster Wucher. Minnesota bemerkte das Interesse der Kunden an dem Dickschiff und gab sein Schmollen wieder auf..
„Eine sehr gute Wahl! Den hätte ich auch genommen. Wenn ihr bar zahlt, lass ich euch sogar das ein oder andere Scheinchen nach. Seid verdammt gute Autokenner!“
„Moment!“, unterbrach Nessy als praktisch veranlagte Einheimische die ausgedehnten Lobeshymnen. „Erst mal einsteigen und starten.“
„Ja ja, das gnädige Fräulein glaubt wohl niemandem. Verdammte Göre, verdammte!“
Das Mädchen zeigte sich jedoch unbeeindruckt. Rippenbiest nahm ihr die Arbeit ab und öffnete die Fahrertür des Cabrios. Amerikanische Wertarbeit? Wohl kaum, denn der Stier hatte im gleichen Augenblick den Türgriff samt Tür und Scharnieren in der Hand, dabei hatte er nicht einmal fest daran gezogen, wie er beteuerte. Fragend blickten die Vier zum Händler.
„Wollt ich grad heut Abend repariert haben, die Scheißtür. Ehrlich!“
Und weiter ging es. Wenn's nur die Tür war. Nessy hockte sich auf den Fahrersitz und versuchte, den Wagen zu starten. Drehte den Schlüssel einmal im Schloss herum - nichts. Zweimal - nichts. Dreimal - ein Krach, ein Rauch, und der betagte V8 hauchte sein Leben aus. Der Motor war den staunenden Betrachtern quasi um die Ohren geflogen. Nessy wirkte geschockt und ein bisschen verrußt um die Nase herum. Übelster Kolbenfresser. Die Kuhkatze hatte sich aus Gründen der Vorsicht auf jeden Fall erst einmal in einem Reifenstapel verschanzt und lugte über den schwarzen Rand des obersten Pneus auf die Szene inmitten Rauchs und Gezeters.
„Kapier ich nicht! Ehrlich nicht. Das Triebwerk hab ich erst gestern generalüberholt. Kann also nichts Schlimmes sein. Oder doch?“
„Komm, Nessy“, nörgelte Ben, denn er hatte die Nase nun endgültig voll von dem Theater. „Wir gehen zu Fuß weiter. Und Björn hat uns gesagt, der Typ könnte uns helfen! Pustekuchen!“
„Moment!“ Minnesota hielt die Startbereiten auf. „Was sagst du da, Minister? Björn schickt euch? Warum sagt ihr mickrigen Arschlöcher das denn nicht gleich? Björns Kumpels sind auch die meinen, verdammt noch mal! Ist doch Ehrensache“
„Und was haben wir davon, Minnesota? Das bringt ihre abgewrackten angeblichen Sahnestücke auch nicht zurück auf die Straße.“
„Sahnestücke? Ha! Papperlapapp! Ist doch nur jämmerlicher Touristennepp. Die verdammten Möhren würd ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Für die Kumpels vom ollen Björn hab ich natürlich noch was anderes in der Halle stehen. Zwei echte Traumwagen. Halt! Nur noch einer. Den anderen hab ich ja gestern in einem Anfall von Großzügigkeit der Kleinen und dem feisten Mistbock für den Scheißfusel gegeben. Aber der eine, der noch drinnen steht, hat's auch in sich. Kommt mit in die Halle, ihr Vogelscheuchen!“
Sie folgten ihm, gaben sich aber keinen Illusionen hin. Als Minnesota den Hintereingang zur schäbigen Werkstatt aufschloss, schüttelte er seinen verlausten Kopf und murmelte in seinen Bart hinein.
„Kennen den ollen Björn und kriegen das Maul einfach nicht auf. Müssen wohl Erdlinge sein. Wie gestern die Kleine. Komische Sorte!“
Die Halle erschien sogar halbwegs ordentlich zu sein. Zwar musste dringend mal staubgefegt werden und auch die Lack- und Altölflecken auf dem Boden reizten nicht gerade zum Applaus, aber immerhin: Im Gegensatz zu dem Alptraum dort draußen sah es in der Werkstatt selbst ganz vernünftig aus. Nur ein einziges Auto zierte die kleine Halle. Und Minnesota hatte ausnahmsweise nicht einmal gelogen. Es war ein Prachtstück. Nicht mehr neu, aber in blendender Verfassung. Deutsche Wertarbeit!
Ein Mercedes Benz 450 SE aus dem Jahre 1978. Er schien direkt aus Deutschland, also von der Erde zu kommen, denn er trug noch ein Kennzeichen von dort. Irgendwas mit MB 78 sinnigerweise. Und er war ganz gut in Schuss. Mit Schiebedach,
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