Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
angrenzenden Parkplatz. Stolz präsentierte er ihnen die Kette mit dem Anhänger in Form eines Apfels.
„Na, du bist ja ein echter Kavalier“, spottete Nessy.
Die Vier betraten, Kobanessa voran, das große Kaufhaus. Auf den ersten Blick ergab sich für die beiden Erdenjungs kein Unterschied zu einem von daheim gewohnten Supermarkt. Rippenbiest dagegen kannte bislang überhaupt keine Kaufhäuser. In seinem Taurendorf fernab der Zivilisation gab es einmal im Monat einen Markt, auf dem Tierfelle, Fleisch, Fisch, Polierwatte und ähnliches gehandelt oder getauscht wurden. Ansonsten hatte die Prärie, aus der er stammte, kaum Kurzweil zu bieten. Da er aber ohnehin durch nichts zu erschüttern war, konnte ihm auch dieser Konsumtempel keine nennenswerte Reaktion entlocken. Nessy fühlte sich da schon eher häuslich in diesem Umfeld. In ihrem Viertel des Zentrums, erzählte sie, sahen die Supermärkte auch nicht viel anders aus, nur nicht so groß natürlich. Und das Sortiment war längst nicht so umfangreich. Nichts wirklich Besonderes also, was ihnen hier geboten wurde. Erst als sie sich in aller Ruhe die angebotenen Waren anschauten, fiel zumindest Ben und Charly etwas Merkwürdiges auf: Zum einen befanden sich zwischen den von daheim bekannten und offenbar hierher importierten Artikeln etliche Waren mit dem Prädikat Made im Nichts mit nie zuvor gehörten Markennamen und Verwendungszwecken. Seltsame Waren waren zum Teil darunter. Zum anderen war einiges an Artikeln hier frei käuflich, wofür sich ein anders dimensionierter Händler ein paar Jahre im Bau hätte gefallen lassen müssen. Da gab es Waffen - vom Flitzebogen bis zur Panzerfaust, Drogen - vom Joint bis zum Chemiehammer auf Opiumbasis, Spirituosen mit 96 % Alkohol - freilich auch Stärkeres - und so weiter und so fort. Wie dereinst auf den Flohmärkten der alten Welt, wurde Charly wieder zum Kind und sondierte neugierig das ganze Sortiment.
„Hey, Benny. Hast du so was schon gesehen? Ein Sixpack Bierdosen. Asi-Bier Premium heißt das. Mit 96 % Alkoholgehalt. Aus nahezu frischer Gülle gebraut, auf einem verkommenen Hinterhof abgefüllt. Steht alles im Kleingedruckten.“
„Danke, nein. Ich bin sowieso noch zu jung für Alkohol, oder?“
„Glück gehabt. Aber schau mal das hier: Ein Maschinengewehr in halber Größe aber voller Schusskraft. Für die lieben Kleinen im täglichen Überlebenskampf namens Kindergarten.“
Tatsächlich sahen sie eine Mutter, die ihrem Sohnemann für den ersten Schultag ein solches Mordinstrument kaufte und in die Schultüte packte. Obwohl der Kleine heftig flennte, weil er lieber einen Lutscher gehabt hätte. „Du kriegst keinen Lutscher!“, ermahnte die Mutter ernst. „Wir kaufen nur vernünftige Sachen.“
Und der nette Herr im Reisebüro hatte noch gesagt, es gäbe nur wenige Irre hier.
Ben war momentan weniger an Kinderspielzeug interessiert. Er war stattdessen ein paar Schritte weitergegangen zum Zeitungsstand. Was es da nicht alles gab: Nichts-Neues, Die Nothing-News, Fachzeitschriften für den Atombombenheimbastler, das Journal für die Sau, dazu die bereits altbekannte Nichts Am Sonntag und die im Zeltlager sehr beliebte Heut-und-Morgenpost. Ben verzichtete allerdings bewusst darauf, eine der Zeitungen aufzuschlagen, um nachzusehen, was diese über die Auserwählten brachten (bestimmt wieder Poster von Jam und Ellen oder sowas Unnützes). Alles Quatsch, dachte er, bis er in der hintersten Ecke des Zeitungsregals etwas Bemerkenswertes fand. Eine alte Bild-Zeitung. Eine gute alte europäische Bild-Zeitung! Zwar hielt Ben für gewöhnlich nicht allzu viel von der Boulevard-Presse, aber das hier musste er unbedingt sehen. Auch wenn, wie er gerade feststellte, die Zeitung schon übers Jahr alt war. Er wandte sich an die dürre Verkäuferin mit den falschen Fingernägeln.
„Die Zeitung möchte ich haben, bitte. Aber sagen Sie mir, warum sie schon so alt ist.“
„Was glauben Sie denn?“, erwiderte die (Ben nannte sie insgeheim eine) Ziege laut und schrill. „Meinen Sie denn, unsere Lieferanten würden wegen der paar Schwachköpfe, die noch was von der ollen Dimension wissen wollen, alle Nase lang die strapaziöse Reise vom Nichts zu denen und wieder zurück auf sich nehmen? Oh nein, Männlein, wenn die schon mal fahren, dann holen die, was alle wollen, Fernseher, Minisalamis, Haartrockner und Tiefkühlfritten. Lastwagenweise! Also wollen Sie ihr Käseblatt nun haben oder
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