Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
Entenfüßen, stützte sich mit seinem dicken Stummelschwanz ab und ließ die Flügel nach unten baumeln. Ein großes traumhaftes Fabeltier. Der Roc konnte mit dieser Beschreibung ganz gut leben. Niemand wusste, woher diese Tiere stammten, wie sie entstanden sein mochten. Aber das spielte auch keine Rolle. Hauptsache war - sie existierten. Allerdings hatten auch sie unter der schrecklichen Seuche zu leiden. Viele von Malans Artgenossen waren krank oder bereits gestorben. Aber ihm ging es glänzend.
„So!“, resümierte Sprazzel. „Nachdem jetzt das Geplänkel abgeschlossen ist, würde ich vorschlagen, dass wir aufbrechen. Dann sind wir frühmorgens im Dorf. Dort sehen wir weiter. Hoffentlich ist es nicht noch schlimmer geworden.“
„Alles klar“, meinte Ben. „Wir sind zu allem bereit.“
Der riesige Roc ließ Menschen, Batar, Taure und die Katzen auf seinem breiten Rücken Platz nehmen.
„Alles startklar?“, fragte er seine Reisegesellschaft brummend. Dann erhob er sich langsam, aber keinesfalls schwerfällig in die Lüfte und schwebte mit gleichmäßig ruhigen Bewegungen seiner Flügel gen Westen in den Abendhimmel. Nach kurzer Zeit der Gewöhnung begann Ben, den Flug zu genießen. In einem Flugzeug hatte er nie im Leben gesessen, aber das hier war sowieso etwas ganz anderes. Der Roc war in schwindelerregende Höhen hinaufgestiegen, aber niemand der Reisenden verspürte wirklich Angst auf dem Rücken Malans. Sogar die Katzen erfreuten sich an dem ersten Flug ihres Lebens. Der Roc brachte sie sicher immer weiter in Richtung des Dorfes der Bataren. Ben geriet ins Träumen. Mit offenen Augen. Nach einigen Stunden hatte sich die Gegend, die sie überflogen, geändert. Der Junge schaute hinunter; dabei wehten seine inzwischen deutlich länger gewordenen Haare im angenehm milden Flugwind. Er entdeckte zu seiner Rechten in weiter Entfernung eine sich schlängelnde Linie, die im Schein des Sonnenuntergangs blau und orange leuchtete. Das musste der Rattenfluss Agicurac sein, von dem Sprazzel ihnen erzählt hatte und der in ihrem Reiseführer genannt worden war. Aus der Entfernung schien er wunderschön zu sein. Genauso wie das ganze Land ringsherum in der Dämmerung der bald folgenden Nacht. Die Steppe hatten sie hinter sich gelassen. Stattdessen flogen sie nun über eine Art Meer. Ein Meer aus blauen Kornblumen erwartete den Mond und die Sterne. Wieder einmal stellte sich Ben die Frage, ob es die gleiche Sonne, der gleiche Mond und die gleichen Sterne waren, wie daheim in seiner eigenen Welt. Oder war jetzt das hier seine Welt?
Die Nacht gewann, wie jedes Mal, den kurzen Kampf mit dem hellen Tag und herrschte für Stunden mit seiner Verbündeten - der Dunkelheit. Die Anstrengungen der letzten Zeit machten sich bei Ben und seinen Begleitern endlich bemerkbar. Ein Abenteuer jagte zuletzt das andere. Und auch in dieser Nacht befand man sich auf dem Weg zu einer weiteren unglaublichen Geschichte. Noch war Zeit zum ausspannen, bevor sie die harte Realität einholen würde. Begünstigt durch den ruhigen Flug des Rocs und das melodische Geräusch, hervorgerufen durch den Flügelschlag des Flugtieres, schliefen alle außer Sprazzel und Malan ein. Obwohl - ein Roc flog im Schlaf ebenso sicher wie in wachem Zustand.
In Bens Träumen vermischte sich Erlebtes mit Zukünftigem und öffnete ihm das geistige Auge für die weitere Reise. Er erblickte den Fluss und schließlich eine schwarze Gestalt. Der schwarze Mann, von dem Sprazzel erzählt hatte, und zu dem er ihn unbedingt noch befragen musste. Er begriff seine Träume in dieser Nacht nicht recht, wusste aber irgendwie, sie gaben ihm Hinweise darauf, wie das Rätsel um die seltsame Seuche zu lösen war. Der schwarze Mann stand schweigend am Fluss Agicurac und winkte ein unheimliches, gewaltiges Nachtwesen zu sich. Mit lauten, unheimlichen Geräuschen näherte es sich auf dem Wasser dem grausigen Mann. Ben konnte sein Gesicht nicht erkennen. Hatte er überhaupt ein Gesicht? Oder hatte er alle Gesichter dieser Welt? Aber diese Frage konnte er nicht mehr beantworten, denn erste frühe Sonnenstrahlen trafen seine Augenlider und weckten ihn aus seinen düsteren Vorahnungen. Oder waren es doch nur unbedeutende Träume gewesen?
Immer noch hatte das Kornblumenmeer kein Ende gefunden. Die Pflanzen reckten ihre blauen Köpfe dem noch schwachen Licht der frühen Sonne entgegen. Der leuchtende Fluss erschien den Reisenden nun näher als noch am Abend zuvor. Jetzt schimmerte er
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