Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
breiter und silbriger. Ben verstand nicht, warum der geschlängelte stumme Wegbegleiter den unschönen Namen Rattenfluss trug. Und was war das Furchtbare in seinem Traum gewesen, welches mit dem Fluss im Zusammenhang zu stehen schien? Er würde auf beide Fragen noch eine Antwort erhalten.
Die anderen schliefen noch, als Ben dem Bataren, der vor ihm saß, vorsichtig auf die Schulter tippte, da er nicht sicher war, ob der Einheimische etwa im Sitzen eingeschlafen war. Aber dem war nicht so.
„Guten Morgen, Ben. Was liegt an?“
„Guten Morgen. Erzähl mir bitte von dem Schwarzen Mann im Dorf. Er hat mich vergangene Nacht im Traum verfolgt!“
„Das habe ich befürchtet. Jedem von uns im Dorf passiert das beizeiten. Ich weiß nicht, ob es Drohung, Warnung oder Hinweis sein soll. Träume vom Schwarzen Mann sind stets verworren. Aber es gibt ihn leider nicht nur im Traum. Er ist real! Und bevor wir den ersten eurer Art gesehen haben, wussten wir nicht, wie wir ihn einzuordnen hatten. Aber jetzt wissen wir es: Er ist wohl ein Mensch. Wenigstens dem Aussehen nach. Wer er genau ist, danach hat niemand gewagt, ihn zu fragen. Alle haben Angst vor ihm und gehen ihm aus dem Weg. Weil er den Tod bringt. Vielleicht sogar der Tod persönlich ist. Denn er ist immer an Ort und Stelle, wenn jemand stirbt. Dann nimmt er die Seele des Toten und bringt sie fort. Keiner weiß wohin.“
„Das ist ja schrecklich. Beschreibe ihn mir bitte näher. Vielleicht ist er ja der Schlüssel zur Lösung des schlimmen Seuchenproblems.“
Ben wagte nicht zu hoffen, was er da erwog, aber wenn er schon nicht die Lösung des schrecklichen Problems selbst darstellte, so konnte der seltsame schwarze Mann vielleicht doch ein entscheidender Teil des Ganzen sein.
„Er ist groß. Vielleicht sogar ein wenig größer als der größte von uns Bataren. Er trägt ausschließlich schwarze Kleidung. Schuhe, Hose, Hemd und Jacke. Ähnlich wie eure Sachen, aber halt alle in schwarz.“
„Ein schwarzer Anzug – wie auf einer Beerdigung?“
„Was meinst du mit Anzug? Wir kennen nur unsere Hosen. Einige tragen auch Schuhe und Hemden, die Autofahrer an der Straße weggeworfen haben.“
„Vergiss das mit dem Anzug. Ist eine Eigenart von uns Menschen, solch nutzlose Kleidung zu tragen. Aber zurück zum Todbringer ...“
„Ja. Er hat eine seltsame Haut. Anders als die eure. Denn seine ist beinahe schwarz. Wie Ebenholz. Seine Augen kann man nicht sehen, denn er trägt eine seltsame, finstere Sehhilfe auf der Nase. Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll.“
„Eine reflektierende Sonnenbrille.“
„Es wird sein, wie du sagst. Er hat so wie wir keine Haare, sondern einen kahlen Kopf. Aber seine Kopfform entspricht der euren. Und niemand weiß, woher er kommt und wohin er geht. Wenn er die Seelen nimmt, so sehen wir sie als eine helle Lichtkugel in seinen Händen. Er schließt sie fest zwischen seinen schwarzen Fingern ein und geht mit den Seelen fort. Irgendwo löst er sich dann im Nichts auf. Und mit ihm die jeweilige Seele. Alle fürchten ihn, denn jeder könnte der nächste sein, dem er die Seele nimmt. Und wer weiß, was dann mit ihnen passiert?“
„Kannst du mir noch etwas sagen, was uns vielleicht weiterhelfen könnte, Sprazzel?“
„Leider nicht. Da müsst ihr den Häuptling im Dorf fragen.“
„Euren Häuptling?“
„Ja. Er ist der älteste Mann im Dorf. Der weise Rizzel. Und er ist nicht nur klug, er hat auch als einziger von allen einen Bart.“
Ben beschloss, weitere Fragen zurückzuhalten, bis zu dem Zeitpunkt, wenn er dem Häuptling der Bataren gegenübertreten würde. Sollte dieser dann noch leben. Aber erst einmal genoss er den Rest des Fluges, bis am frühen Vormittag das Dorf Sprazzels am Horizont erschien. Der hellrote Feuerball, der fast seinen Wendepunkt am Himmel des Nichts erreicht hatte, tauchte das Dorf von oben in ein geheimnisvolles Licht ein. So geheimnisvoll, wie das, was in diesem Dorf geschah. Charly, Ben, Nessy, der Kleine Mann und Rippenbiest schauten vom Rücken des Rocs aus hinunter auf die Siedlung aus rund hundert Behausungen am Rattenfluss Agicurac, während ihr neuer blauer Freund sich auf die Landung vor dem Hause Rizzels konzentrierte.
Die Häuser waren ebenso so ungewöhnlich, wie deren Bewohner. Die Blauen und Grünen schienen Steine, Felsbrocken und sogar einzelne Kiesel aus dem Flussbett geholt zu haben. Die Bataren hatten sie dann mit Schlamm aus dem Agicurac zusammengefügt zu
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