Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
mal übers Verfalldatum! Verdammt, ich glaub, hier haust einer ...“
Gerade wollte Ben die Klinke herunterdrücken, da nahm eine alte Neonröhre am Haupthaus über dem Innenhof mit einiger Anlaufzeit den Betrieb auf. Wie von Geisterhand eingeschaltet.
„Wie kann das sein?“, fragte Ben ziemlich überrascht. „Das Licht geht doch nicht von alleine an. Oder?“
„Nur die Ruhe“, beschwichtigte Lisa halblaut. „Ich war das. Entschuldigung!“
Sie hatte den weißen Plastikschalter neben der Tür entdeckt und neugierig einfach mal draufgedrückt. Hier gab es demnach Elektrizität. Rätsel über Rätsel. Wie auch immer und woher auch immer – der Innenhof war durch das unerwartete Licht in der Nacht in ein gespenstisches Licht getaucht. Und Ben drückte noch einmal die Klinke der alten verwitterten Holztür nach unten. Ohne Widerstand ließ sie sich nach innen hin öffnen. Ohne zu zögern – der Regen prasselte immer noch! – gingen sie hinein ins Warme und Trockene. Aber wo genau sie sich eigentlich befanden, das wussten sie immer noch nicht. Es war stockfinster überall im Haus. Der vermeintliche Hausherr schien wohl schon zu schlafen, so es denn einen gab. Nach und nach gewöhnten sich die Augen der Menschen an die Dunkelheit, und sie erkannten einzelne Umrisse der vom Licht der Leuchtstoffröhre im Hof schwach beschienenen Gegenstände. Eine geräumige Bank, ein großer Tisch, vier oder fünf Stühle und einige Hängeschränke. Die anderen Umrisse schienen einen Kühlschrank, einen Herd und wer weiß was anzudeuten. Eine Küche – tatsächlich, es war wohl eine Küche. Instinktiv fuhr Bens Hand an der Zimmerwand zu seiner Linken entlang auf der Suche nach einem Lichtschalter. Jedoch stieß er dabei lediglich auf lose Tapete, bröckelnden Putz und freiliegende Heizungsrohre. Zumindest waren die letzteren warm. Also gab es hier Strom, Wärme und was sonst noch? Das sahen sie Sekunden später, denn sie hörten, wie jemand am anderen Ende des Zimmers seinerseits einen Lichtschalter betätigte. Mühevoll setzte sich eine weitere Neonröhre – dieses Mal an der Zimmerdecke – in Gang. Es dauerte mehrere Sekunden, bis das Licht den Raum erhellte. Die Gäste vermuteten und befürchteten, gleich von Graf Dracula persönlich begrüßt zu werden. Oder seinem Gehilfen Igor, der ihnen vorsorglich schon einmal das Blut abzapfen würde, bevor er ihnen ihre Zimmer zeigte.
„Willkommen, Ihr Lieben!“, erreichte sie durch die im flackernden Neonlicht schwindende Dunkelheit eine Stimme, die weder zu Dracula noch zu Igor passen wollte. Eine durchaus sympathische Männerstimme. Ein wenig verschlafen, aber immerhin. „Ich habe euch erwartet. Dummerweise bin ich jedoch heute früh schlafen gegangen und habe es versäumt, ein Licht brennen zu lassen. Als ich euch endlich bei einem meiner zahlreichen Blicke aus dem Fenster hab kommen sehen, bin ich sofort hinunter geeilt, um euch zu begrüßen, wie es sich gehört. Hallo nochmal!“
Dann war das Licht aus der runden weißen Röhre an der Decke endlich hell genug und zeigte die Herkunft der fremden Stimme. Des einzigen menschlichen Einwohners von Lifarah. Es handelte sich um einen leicht dicklichen Mann, vielleicht Ende dreißig, Anfang vierzig, mit eckiger, goldgerahmter Brille, Vier-Tage-Bart und schmutzigen Jeans. Er trug dazu lediglich ein Unterhemd und ehedem weiße Turnschuhe an den Füßen. Die Zeit, sich besser zu kleiden, hatte er sich in der gebotenen Eile nicht genommen. Er lächelte und schaute seine ersten menschlichen Gäste seit vielen Jahren mit seinen großen grünen Augen an.
„Hallo!“, sagten endlich auch die nächtlichen Gäste gleichzeitig und ein wenig zurückhaltend.
„Jaja. Von mir auch ein Hallo, Boy“, rutschte es Yoghi raus.
„Nicht so schüchtern“, beruhigte sie der Fremde. Der Mann schien es ehrlich zu meinen. Irgendwie, als könne man ihm bedingungslos vertrauen. Dennoch beschlossen sie, weiterhin Vorsicht im Umgang mit ihrem Gastgeber walten zu lassen. Aber was sollte ihnen schon passieren? Sie waren zu fünft. Auf Charly, der immer noch ohne Bewusstsein war und auf Rippes müden Schultern ruhte, konnten sie allerdings nicht zählen. Zudem war der Mann mit dem Bauchansatz bestenfalls einssiebzig groß. Doch nun tat er etwas Überraschendes. Er ging auf sie zu, gab jedem die Hand und schüttelte sie heftig.
„Du bist Ben, nehme ich an. Wer hätte gedacht, dass ich dich einmal wirklich und leibhaftig vor mir sehen würde“,
Weitere Kostenlose Bücher