Der Dämon, die Zeitmaschine und die Auserwählten (Zehn Namen) (German Edition)
zwischen den Zelten umhergehuscht war, stellte sich bei näherer Betrachtung als eine Art einsfünfzig hoch gewachsener Tintenfisch heraus, der sich in diesem Moment ans andere Ende des Rednertisches setzte. Seine acht Beine (oder waren es Arme?) drapierte er rund um den Plastikstuhl herum. Die untertassengroßen Augen hatte das Wesen auf das Mikrofon vor sich gerichtet. Wo mochte sich der Mund des Tintenfischs befinden? Und wie konnte er überhaupt ohne Wasser überleben? Fragen, die fürs Erste unbeantwortet blieben, denn Ben traute sich nicht, sie zu stellen. Wer wusste schon, welche Sprache dieses Wesen überhaupt sprechen mochte, falls es nicht ohnehin so stumm war, wie die Fische in den zahllosen Aquarien von Bens Welt. Dann kamen einige weitere Teilnehmer der anvisierten Pressekonferenz zum Tisch und nahmen Ben die Sicht auf den Tintenfisch. Bei diesen Neuankömmlingen schien es sich ausnahmslos um Menschen zu handeln, soweit Ben dies beurteilen konnte. Es waren Erwachsene – vermutlich die Gelehrten – und Leute in Bens Alter dabei, die sich nun nach und nach ebenfalls an den Tisch setzten. Ein Mädchen mit langem schwarzen Haar war auch dabei. Doch bevor sich Ben seine Mitstreiter näher anschauen konnte, nahm auch noch der gehörnte Riese von vorhin gleich neben ihm Platz. Der Plastikstuhl bog sich bedrohlich unter ihm durch und gab arg gequälte Geräusche von sich. Das Wesen nahm weder von Ben, noch von den anderen Teilnehmern Notiz. Offensichtlich war es vollauf damit beschäftigt, an seinem nietenbesetzten Ledergürtel herumzufingern. Es suchte wohl nach etwas, was für gewöhnlich dort zu finden war, im Moment jedoch fehlte. Der Gigant fühlte sich offenbar nicht besonders wohl in seiner lederdicken Haut. Seinem Mienenspiel jedoch war absolut nichts zu entnehmen, da sein Kopf dem eines Stiers glich, und mit deren Gemütswelt kannte sich Ben nicht im Geringsten aus.
„Hallo“, sagte er daher nur vorsichtig zu seinem Sitznachbarn.
Der Riese musterte den Jungen kurz, zwang seine tiefe Bassstimme zu einem „Grüße“ und wandte sich wieder seinem Gürtel zu. Immerhin konnte das Kuhwesen sprechen, dachte sich Ben. Daher wurde er forscher und stellte sich vor. „Ich bin Ben.“
„Rippenbiest“, sagte der Stier, ohne seinen Blick vom Gürtel zu lösen.
„Bitte?“
„Mein Name“, brummte das Wesen. „Rippenbiest. Vom Volk der Tauren. Krieger vom Stamm der Bluthörner. Zweiter Sohn des Häuptlings.“
Damit drehte der Stier seinen gewaltigen gehörnten Kopf und zeigte seine kräftigen Zähne, was wohl so etwas wie ein Lächeln darstellen sollte. Da wollte Ben natürlich nicht zurückstehen.
„Freut mich. Ich bin Ben. Vom Volk der Menschen, Schüler der siebten Klasse, Sohn seines Vaters.“
Rippenbiest schien diese Angaben erst einmal überdenken zu müssen, nickte kurz und drehte Däumchen. Ben jedoch beobachtete weiterhin seinen Nachbarn, denn wann bekam man schon einmal die Gelegenheit, einem Tauren beim Däumchendrehen zuzuschauen? Rippenbiest war einiges über zwei Meter groß, wog sicherlich an die hundertachtzig oder mehr Kilo, wobei die Hälfte davon auf seine Muskelberge entfiel und hatte ausladende mächtige Hörner links und rechts an seinem Kopf. Die Hörner liefen spitz zu und schienen überaus gefährliche Waffen darzustellen, wenn er sie denn richtig einzusetzen wusste, und daran zweifelte Ben keinen Moment lang. Der Rest der Kopfes ähnelte ebenfalls dem eines Stiers, wenngleich Rippenbiest im Gegensatz zu einer friedfertigen Kuh einen ziemlich verwegenen und brutalen Eindruck auf den Beobachter machte. Die muskulösen Arme waren, wie der sichtbare Rest des Körpers mit schwarzem Fell bedeckt und endeten in Händen, so groß wie Schaufeln, deren Finger vor Gold- und Silberringen nur so strotzten. Die Beine dagegen standen auf massiven Hufen, die wiederum eher für eine Kuh aus Bens Welt sprachen. Rippenbiest trug eine grüne Lederhose, ein braunes Hemd aus dem gleichen Material sowie einen Brustpanzer aus schwarzem Stahl. Darüber hatte er den hellbraunen Ledergürtel angelegt, an dem die ein oder andere Öse leer geblieben war. Den Abschluss der Rüstung bildeten etliche Ketten mit und ohne Anhänger aus Gold und Silber, die um den dicken Hals des Wesens gehängt waren. Ben kam sich sehr kümmerlich und verschwindend klein neben diesem Tauren vor und bezweifelte, dass irgendwer Rippenbiest den Titel des Jongleurs würde streitig machen können. Schließlich fiel dem
Weitere Kostenlose Bücher