Der Daleth-Effekt
ist sicher ein Durchbruch«, fügte er hinzu.
»Die Briten haben in den sechziger Jahren den größten Teil der Vorarbeiten geleistet. Ich interessierte mich dafür, weil die Sache teilweise mit meinen eigenen Arbeiten zu tun hatte. Ich hatte schon Plasmen bis auf zweihunderttausend Grad erhitzt, aber nur für ganz kurze Zeit, einige tausend Mikro-Sekunden lang. Dann befaßten sich die Leute in Newcastle-on-Tyne mit einem Helium-Cäsium-Plasma bei 1460 Grad Celsius mit einem geschlossenen elektrischen Feld. Sie erhöhten die Leitfähigkeit auf das Hundertfache. Beim Bau des ›Kleinen Hans‹ hier habe ich auf diese Versuchsanordnung zurückgegriffen. Allerdings bin ich noch nicht soweit, den Effekt im großen Maßstab ebenfalls zu erzielen, jedenfalls nicht in der Praxis, aber ich glaube, ich sehe einen Ausweg. Jedenfalls arbeitet der ›Kleine Hans‹ ohne zu murren und produziert schwankungsfrei ein paar tausend Volt. Was will ich mehr?«
»Du hast ein Wunder vollbracht«, sagte Arnie und nickte dankend, als ihm eine der Assistentinnen eine Tasse Kaffee reichte. »In entsprechend größerem Umfang angewandt, könnte das die Energiequelle werden, die wir für ein richtiges Raumschiff brauchen. Ein Druck-Atomgenerator, wie er heute in U-Booten und sonstigen Schiffen verwendet wird, wäre im Grunde ebenfalls geeignet. Zumindest wäre kein Treibstoff nötig. Aber die Sache hat einen großen Haken.«
»Das Kühlsystem«, sagte Ove und blies in seine Tasse.
»Genau. Ein Schiffsreaktor läßt sich mit Seewasser kühlen, aber im All …? Vielleicht ließe sich ein Wärmeabstrahler außen am Schiff anbringen …«
»Der aber größer sein müßte, als das Schiff selbst!«
»Wahrscheinlich. Womit wir wieder bei deinem Fusions-Generator angelangt wären. Er gibt reichlich Energie ab, ohne daß zuviel überschüssige Hitze entsteht. Darf ich dir bei der weiteren Entwicklung helfen?«
»Aber gern! Wir beide wissen ja …« Er unterbrach sich, als am anderen Ende des Labors Stimmen laut wurden. »Was gibts? Ist etwas schiefgegangen?«
»Es tut mir leid, Professor. Wir haben nur eben die Zeitung bekommen.« Seine Assistentin hielt eine Mittagsausgabe der BT hoch.
»Was ist passiert?«
»Die Russen und ihr Mondprojekt. Es hat sich herausgestellt, daß es dabei nicht nur um eine Umkreisung geht, sondern daß eine Landefähre mitten im Mare tranquilitatis aufgesetzt hat.«
»Das wird die Amerikaner nicht gerade freuen«, sagte Ove. »Bis jetzt haben sie Mond gewissermaßen als ihre Domäne betrachtet.«
Das Mädchen starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Es hat Schwierigkeiten gegeben. Die Russen sind zwar gelandet, aber mit dem Mondschiff stimmt etwas nicht. Sie können nicht wieder starten.«
Viel mehr hatte der Zeitungsbericht auch nicht zu bieten, abgesehen von einem Foto der drei lächelnden Astronauten. Einzelheiten über das Unglück gingen aus den Berichten nicht hervor, doch über die Konsequenzen gab es keinen Zweifel. Die Männer waren zwar gelandet, aber der Rückstart zur Erde schien nicht mehr möglich zu sein. Sie lebten nur so lange, wie ihr Sauerstoffvorrat reichte.
Arnie überlegte langsam und bedachte die Ereignisse. Sein Blick fiel auf den Fusions-Generator, und als er sich wieder umdrehte, stellte er fest, daß auch Ove die Maschine betrachtet hatte, als wäre ihm plötzlich der gleiche Gedanke gekommen.
»Los«, sagte Ove und sah auf die Uhr, »fahren wir nach Hause. Heute bringen wir doch nichts mehr auf die Beine, und wenn wir jetzt losfahren, halten wir uns aus dem Berufsverkehr heraus.«
Die beiden Männer schwiegen, während Ove den Wagen durch den Strom der Fahrräder nach Norden auf den Lyngbyvej hinaussteuerte.
»Ihr zwei seid aber früh zu Hause«, sagte Ulla, als sie ihnen die Tür öffnete. Oves rothaarige Frau war Mitte Vierzig und noch sehr attraktiv. »Ich mache gerade etwas Tee und bringe euch auch ein paar belegte Brote, dann werdet ihr es bis zum Abendessen aushalten.« Ohne sich um die Proteste zu kümmern, eilte sie hinaus.
Ove und Arnie gingen ins Wohnzimmer und schalteten das Fernsehgerät ein. Das dänische Fernsehen sendete noch nicht, aber Schweden brachte gerade einen Sonderbericht über die Kosmonauten, und die beiden Männer ließen sich kein Wort entgehen. Fast widerwillig gab Moskau einige Einzelheiten bekannt, und die Tragödie wurde jetzt erst in ihrem vollen Ausmaß erkennbar.
Die Landung war bis zum letzten Augenblick gut verlaufen. Aber als sich
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