Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
vergrößern?«
Kieber:
»Das weiß ich nicht. Ich kann nicht beweisen, dass es die Verkäufer waren,
welche die Schecks gefälscht haben.«
Lafuente:
»Möchten Sie Ihrer Aussage noch etwas hinzufügen?«
Kieber:
»Als ich von den Anschuldigungen durch Helmut R. erfuhr, wäre ich gerne zur
Polizei gegangen, um diese zu klären, aber ich befürchtete, dass bekannt werden
könnte, dass ich die Gültigkeit meiner Aufenthaltserlaubnis verlängert hatte.«
Die auf das Verhör folgende
Nacht auf Freitag, den 1. November 1996 verbringt Heinrich Kieber in einer
Zelle der Guardia Civil . Allerheiligen ist in Spanien
ein Feiertag, und Kieber wird erst gegen Mittag dem diensthabenden Haftrichter
vorgeführt. Ihm gegenüber bestätigt Heinrich Kieber seine Aussage vom Vortag.
Der Anwalt, der den Privatankläger Helmut R. vertritt, verlangt die vorläufige
Inhaftierung Kiebers, da es um einen sehr hohen Betrag gehe und der
Beschuldigte in Spanien keinen Wohnsitz habe. Die Staatsanwaltschaft hat keine
Einwände, Kieber, wie von seinem Verteidiger gefordert, nach der Befragung
freizulassen.
Der Richter
folgt dem Antrag der Verteidigung und setzt Kieber auf freien Fuß. Nun beginnt
zwischen den Beteiligten Kieber, Helmut R. und Mariano M. ein spannendes Spiel.
Jeder von ihnen versucht, seine eigenen Interessen durchzusetzen – und den
Anschein zu erwecken, den jeweils anderen ins Boot zu holen. Dabei will jeder
nur seine eigenen Schäfchen ins Trockene bringen. Mariano M. hat vor einem Jahr
alle Aktien der Firma Maritima Sotileza S. L. – zu deren Eigentum die Yacht Analia gehört – an Kieber überschrieben, um dessen Darlehen zu garantieren, das
Mariano M. bis dato nicht zurückgezahlt hat. Nun versucht er, die Yacht wieder
in seinen Besitz zu bringen. »Ich hegte Befürchtungen, dass meine Yacht, deren
potenzieller Verkaufspreis ein Zehnfaches der eingegangenen Schuld gegenüber
Kieber betrug, Gefahr laufe, beschlagnahmt zu werden. Deshalb sah ich mich zu
einer Operation gezwungen.« Kieber ärgert sich rückblickend maßlos über seine
eigene Dummheit: »Ich war sogar so blöd, dass ich am Montag, dem
4. November die schon vorbereiteten Verkaufsdokumente beim Notar
unterschrieb, die das Boot wieder vollständig in Mariano M.s Besitz brachten,
da er mich von der Notwendigkeit überzeugen konnte, einer möglichen
Beschlagnahmung wegen der Anzeige von Helmut R. zuvorzukommen.« [42]
Nach den turbulenten
Tagen in Barcelona inklusive Gefängnisaufenthalt taucht Kieber, wie immer gut
gelaunt, bei Katharina in Liechtenstein auf. Welches Abenteuer er soeben erlebt
hat, behält er für sich, ebenso, was er in den kommenden Tagen alles zu tun
gedenkt, um sich gegen den lästigen Helmut R. und den ehemaligen Besitzer
der Wohnung auf Mallorca, Henri E. C., zu wappnen.
Nachdem er
in Spanien von der Guardia Civil auch mit dem Scheck
der Verwaltungs- und Privatbank konfrontiert worden ist, den er beim Geschäft
auf Mallorca verwendet hat, bringt er das sich noch auf diesem Konto
befindliche Geld in Sicherheit: Genau eine Woche, nachdem ihn der Haftrichter
in Barcelona auf freien Fuß gesetzt hat, betritt er die Schalterhalle der
Verwaltungs- und Privatbank in Vaduz, lässt sich 99.000 Franken von seinem
Depositenkonto auszahlen, steckt das Geld in seine Tasche, fährt wieder ins
dreißig Busminuten entfernte Feldkirch in Österreich und zahlt den Betrag in
bar auf sein jüngst eröffnetes Konto bei der Bawag -Bank
ein, womit der Kontosaldo die Marke von 800.000 Schweizer Franken überspringt.
Katharina
Hofer weiß nichts von Heinrichs neuem Reichtum. Er verbringt einige Tage und
Nächte in ihrer Wohnung, verschwindet plötzlich für drei, vier Tage »auf
Geschäftsreise« und erscheint dann ebenso unvermittelt wieder bei ihr.
Nachfragen sind zwecklos. Und so macht es der Dreißigjährigen auch wenig aus,
als ihr Kieber irgendwann im Herbst 1996 mitteilt, er wolle Schluss machen: »Er
wünsche sich, sagte er, eine richtig schön junge Freundin. Wie er das sagte,
wirkte er auf mich so unsicher, ungefestigt, ja unreif. Kurz darauf zog er mit
seinen paar Tüten voller Habseligkeiten bei mir aus. Da keimte in mir das
Gefühl, in den letzten Monaten von ihm ausgenützt worden zu sein.«
Heinrich Kieber
treibt die Angst um, dass doch noch jemand seine sorgsam bei der
österreichischen Bawag -Bank versteckten Gelder
aufspüren könnte. Am 19. November besucht er wieder die Bankfiliale in der
denkmalgeschützten Feldkircher
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