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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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Altstadt. Diesmal
eröffnet er ein Sparbuch lautend auf österreichische Schilling. Denn, so seine
Begründung gegenüber der Angestellten, Schillingguthaben würden deutlich höher
verzinst. Nach dem Übertrag vom Fremdwährungskonto beträgt der Saldo des soeben
auf Heinrich Kiebers Namen eröffneten Sparkontos 6.656.000 Schilling, rund
945.000 D-Mark. Damit Unbefugte sich keinen Zugang zu seinem Vermögen
verschaffen können, lässt er sich von der Bank eine weitere Sicherheitssperre
einbauen, ein persönliches Kennwort: Teklanika .
    » Teklanika « ist für Kieber ein Name mit hohem
Symbolcharakter – und zwar schon seit 1989, als er mit seiner damaligen
tschechischen Freundin Jana durch Nordamerika reiste: »Im Denali -Nationalpark
in Alaska sagten wir uns, falls wir eines Tages heiraten werden und ein Kind
haben sollten, dann werden wir es, wenn es ein Mädchen wird, Teklanika nennen.« [43] Teklanika ist
der Name des großen Flusses im Nationalpark. Nur wer das anonyme Sparbuch am
Bankschalter vorlegt und das zugehörige Kennwort kennt, kann über das von
Kieber ergaunerte Vermögen verfügen.
    Nach seinem
Auszug bei Katharina sucht Heinrich einen neuen Unterschlupf und meldet sich
bei Sozialarbeiter Manfred Greiner in Vaduz. Greiner kennt Kieber seit seinem
zehnten Lebensjahr, als dieser mit seinen beiden Schwestern noch im Kinderheim
lebte. Der 55-jährige Greiner war damals Leiter des Jugendamtes in
Liechtenstein und hat Kieber betreut. Dass sich Kieber auf der Suche nach einer
Bleibe bei ihm meldet statt bei seinem Vater, überrascht den Sozialarbeiter
nicht: »Heinrich hat immer ein schlechtes Verhältnis zu seinen Eltern gehabt.«
Im Wissen darum »habe ich ihn vor Weihnachten für drei Wochen bei mir
aufgenommen«. [44]
    In
Liechtenstein fühlt sich Kieber vor den spanischen Behörden sicher. Jedoch hat
er nicht mit der Hartnäckigkeit von Helmut R. und seiner Frau Salud gerechnet. Von Schwester Carmen erhalten sie die
Telefonnummer von Kiebers Mutter, die in der Schweiz lebt. Sie konfrontieren
die Frau mit den merkwürdigen Geschichten über ihren Sohn und hoffen, von ihr
zu erfahren, wo sich Kieber aufhält. Kieber reagiert gereizt darauf, dass seine
Familie von seinen Gaunereien und seinem bizarren Doppelleben als
Millionärssohn in Barcelona erfährt. Am 22. Januar 1997 setzt er ein
Rundschreiben an Verwandte und Bekannte auf. Ob es jemals verschickt worden
ist, lässt sich nicht nachprüfen:
     
    »Ich schreibe dir heute,
weil ich über eine beispiellose Rufmordkampagne (vor-)informieren möchte, die ein
ehemaliger deutscher Geschäftspartner gegen mich führt. Die ›Motivation‹
bezieht er über seine nachträgliche (!) Unzufriedenheit eines gemeinsamen
Vertrags vom September letzten Jahres. Einige von euch wurden schon angerufen.
Es wurden Horrorgeschichten erzählt. Ich bitte dich, vor allem auf Fangfragen
(sein Auftreten ist äußerst gemein) nicht zu antworten.
    Euer Heinrich Kieber«
     
    Nach dem Jahreswechsel gelingt
es Helmut R., zumindest fernmündlich mit Kieber in Kontakt zu treten. Die
beiden schicken ihre Botschaften per Fax hin und her. Kieber fühlt sich in die
Ecke gedrängt: »Du beklagst dich, ich hätte nirgends einen Wohnsitz, bin
unangemeldet etc. etc. – Es geht dich doch verdammt noch mal einen Scheißdreck
an, wie und wo ich lebe. Seit meinem 16. Lebensjahr lebe ich auf mich
allein gestellt und bin ein Einzelgänger geworden. Ich habe vieles erlebt und
erleben müssen. Seit über zehn Jahren stehe ich auf finanziell unabhängigen
Beinen (da habe ich das Geld aus Barcelona nicht nötig). Im Übrigen bin ich niemandem
Rechenschaft schuldig!!!«
    In einem
anderen Fax an Helmut R., abgeschickt im Fünfsternehaus Badrutt’s Palace in
St. Moritz, blitzt für einen kurzen Moment ein ehrlicher, aber ratloser
Heinrich Kieber auf: »Den Versuch zu machen, eine Erklärung dafür zu bringen:
warum, wieso, weshalb – kann ich nicht. Man ist dabei wie in Trance …« [45]
    Von Kiebers
Machenschaften und seinen Auftritten als Hilti weiß in Liechtenstein praktisch
keiner. Im Fürstentum kennt man ihn nur als den lustigen, etwas ungelenken und
vor allem harmlosen Überlebenskünstler. Damit das so bleibt, gibt Kieber ein
weiteres Telefax, das die Absenderkennung Swisshotel Basel trägt, an die Familie R. auf: »Ich bitte euch auch, keinen Fax an irgendwelche
Faxnummern in Liechtenstein zu senden – ich bin sehr selten dort und habe
auch keinen, der für mich Faxe

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