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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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entgegennimmt.« Außerdem, so schließt er die
Mitteilung, müsse er »ca. sechs Tage ins außereuropäische Ausland verreisen.
Melde mich aber danach sofort bei euch«.
    Sozialarbeiter
Greiner verrät er das Ziel seiner Reise: Argentinien. »Er wolle sich dort ein
Hotel oder eine Pension anschauen oder kaufen. Er hat immer davon gesprochen,
dass er sich irgendwo einkaufen will, entweder in Südamerika oder in Australien.« [46] Bevor er gen Süden reist, verabschiedet sich Kieber auch bei seinem Onkel
Guntram Vetter in Vaduz: »Er ziehe wieder nach Australien. Auf dem Weg dorthin
müsse er einen Stopp in Argentinien machen, Schulden eintreiben.«
    Heinrich
Kieber ahnt freilich nicht, dass Helmut R. über seine Reisepläne bestens im
Bilde ist.
     

4. Im argentinischen Kerker ‒ 1997
     
    »Im Bereich des linken
Handgelenks, volarseitig , eine zirka 5 Zentimeter lange
Wunde. Die Wunde leicht entzündet, mit gelblichem Sekret bedeckt, drei in sito liegende Wundnähte, die aus Zahnseide oder
irgendeinem, bei uns nicht verwendetem Material bestehen«, notiert an diesem
Donnerstagmorgen, es ist der 10. April 1997, Assistenzarzt Moser in seinem
Untersuchungsbericht. Die Verletzungen, die Heinrich Kieber im Spital in Vaduz
präsentiert, sind unübersehbar. An beiden Handgelenken und am Hals untersucht
Dr. Moser die Spuren laienhaft vernähter Wunden, darunter eine direkt oberhalb
der Halsschlagader, »klaffend, mit weißlichem Pulver verklebt«.
    Assistenzarzt
Moser hält in seinem Bericht, den er im Anschluss an die Untersuchung verfasst,
fest, wie es nach Aussage seines Patienten Heinrich Kieber zu diesen
Verletzungen gekommen sei: »Der Patient ist heute Morgen am Flughafen Kloten,
Zürich, aus Argentinien angekommen. Laut Bericht hat er dort einen Freund
besucht. Der Freund hätte ihm noch Geld geschuldet, deshalb wollte er dieses in
Argentinien eintreiben. Dort angekommen, sei er jedoch eingesperrt und am
rechten Bein angekettet worden. In Todesangst habe er dann mehrmals versucht,
sich das Leben zu nehmen. Gegen die Bezahlung eines Lösegeldes sei er
schließlich freigelassen worden.« [47] Bezüglich Kiebers geistiger Gesundheit
stellt der Assistenzarzt nach der Untersuchung fest, dass er »zeitlich und
örtlich orientiert« sei, »doch agitiert, was auf den Schlafmangel und die
Erlebnisse der vergangenen Tage zurückzuführen sein könnte«.
    »Ich hatte
Heinrich im Februar einen machiavellistischen Plan unterbreitet, bei dem wir
uns den Umstand zunutze machen wollten, dass er von der spanischen Polizei
gesucht wurde und sich daher verstecken musste«, gibt Mariano M. vierzehn Jahre
nach den dramatischen Tagen in Argentinien, inzwischen 75-jährig, zu Protokoll.
»Daher lud ich ihn ein, meine Hazienda in Argentinien kennenzulernen, El Paraíso de San Francisco , wo er gern für eine Weile Aufenthalt nehmen
könne – freilich mit dem Hintergedanken, Kieber dort zurückzuhalten und
ihn zu zwingen, das von Helmut R. ertrogene Geld zurückzuerstatten.«
    Kieber
erscheint das Angebot verlockend: »Anfang 1997 hat mir Mariano erzählt, dass er
mir jetzt seine Schuld zurückbezahlen könne, und zwar hätte er auf seiner
Hazienda in Argentinien einen Hypothekarkredit beantragt. Ich solle doch bitte
rüberkommen, und dort könnte ich es am ersten April auch kriegen. Das sagte er
mir im Februar so. Eigentlich habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass noch was
kommt; trotzdem aber wollte ich Argentinien und seine Farm kennenlernen, von
der er mir früher viel erzählt hat.« [48] Mariano M.s Farm liegt in der Einöde der
Provinz Buenos Aires. Von der Hafenstadt Bahía Blanca am Atlantik sind es über
hundert Kilometer Fahrt auf der Ruta Nacional 33 in
Richtung Norden ins Landesinnere. Etwa zehn Kilometer vor der Siedlung
Saavedra, am Fuß der Sierra de La Ventana liegt
Mariano M.s Estanzia El Paraíso de San
Francisco , zu der über tausend Hektar Acker- und Weideland gehören.
    »Am Mittwoch
vor Ostern, den 26. März 1997 kam ich um 7.30 Uhr Lokalzeit in Buenos
Aires an, fuhr zum Hotel Salles , weil ich wusste,
Mariano ist dort – wie er mir am Telefon vorher gesagt hatte.« [49] Das Hotel liegt mitten in der Zwölf-Millionen-Metropole, unweit der Plaza de la República auf der
Avenida 9 de Julio, der über hundert Meter breiten Paradestraße von Buenos
Aires. Es dauert noch 36 Stunden, bis Kieber aus Buenos Aires endlich in
Richtung Estanzia aufbricht, allerdings ohne Mariano. Der will erst später
nachkommen.

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