Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
und
Dritte-Welt-Diktatoren loszuwerden und von den Schwarzen Listen
herunterzukommen. Liechtenstein verschärft in Rekordzeit das
Sorgfaltspflichtgesetz und Geldwäschestrafbestimmungen, unterzieht das
Rechtshilfegesetz einer Totalrevision, womit die Verfahren beschleunigt werden,
und stockt die Abteilung Wirtschaftspolizei auf, die bisher nur aus einer
Person bestand, die einen Teil ihrer Arbeitszeit für Wirtschaftsdelikte
aufwendete. Heute arbeiten neun Polizisten im Kommissariat
Wirtschaftskriminalität.
Während ganz Liechtenstein gebannt
die weitere Entwicklung der BND- Spiegel -Affäre und des innenpolitischen Kräftemessens
zwischen Fürst und Politik verfolgt, bringt Helmut R. vor dem Landgericht Vaduz
eine Zivilklage gegen Heinrich Kieber ein. Das Gericht möge feststellen, dass
Kieber ihm 63 Millionen Peseten zuzüglich fünf Prozent Zinsen schuldig sei für
die in Barcelona erschlichene Wohnung. Mit einem Urteil zu Gunsten Helmut R.s
soll es endlich möglich werden, auf das blockierte Vermögen Heinrich Kiebers
bei der Bawag -Bank in Feldkirch zuzugreifen.
Kieber wird
zusehends nervös: »Die Hauptverhandlung wurde auf den 20. Juni 2000
festgesetzt. Je näher der Gerichtstermin kam, umso aufgewühlter wurde ich.
Nicht wegen dem Inhalt des Zivilprozesses, da waren wir, mein Rechtsanwalt und
ich, uns zu tausend Prozent bombensicher, dass Helmut diesen Prozess hochgradig
verlieren würde. Man muss es sich vorstellen: Es würde das erste
Aufeinandertreffen von uns beiden seit Argentinien sein. Mein monumental
aufgestauter Hass auf meine Peiniger, mit dem ich seit Argentinien alleine
leben musste, würde auf seine Quelle treffen.« [117]
Seiner Wut
lässt Kieber Wochen nach der Hauptverhandlung in einer E-Mail an Helmut R.
freien Lauf – hier unredigiert wiedergegeben:
»he du arschloch – diesemal bist du davon gekommen – ich bereue es zutiefst, dass ich mich beherrscht habe
!! Ich hätte dir die eier abschneiden sollen und
deine frau damit ersticken sollen. na, hast mir nicht getraut in die augen zu schauen … Du verflixter mörder ,
du abschaum dieser erde …
bitte bleib noch so lange in guter gesundheit ,
bis ich dich der grausamsten vergeltung , die es gibt,
zuführen kann.
Familie R. + Co. – nie und nimmer erkommt ihr
meiner rache .
der teufel «
Von dieser dunklen Seite Kiebers
ahnen seine neuen Freunde zu Hause nicht das Geringste. Nach außen hin ist
Heinrich Kieber wie immer: witzig, einnehmend, laut, fröhlich. Der ausgeprägte
Einzelgänger Kieber fühlt sich an seinem neuen Wohnort in Balzers wohl und
beginnt am Dorfleben teilzunehmen. Er bewirbt sich im Frühling 2000 als
Darsteller bei der Liechtenstein Musical Company (LMC). Der Verein führt alle
zwei Jahre ein großes Musical im Gemeindesaal von Balzers auf. Neben einigen
professionellen Künstlern werden insbesondere künstlerisch interessierte
Laiendarsteller aus Balzers und den umliegenden Dörfern für die Produktionen
rekrutiert. In diesem Herbst wird die LMC das Stück Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat aufführen.
Einer der
Laiendarsteller, der bei der Musicalproduktion mitwirkt, ist Emanuel Nipp aus
Balzers: »Das war im Frühling beim Casting, als ich Henry zum ersten Mal traf.
Er war immer ganz ungeniert, behauptete, er sei Buschpilot, und sein Auftreten
klang immer nach was Besonderem. Bei den Proben zu Joseph dachte ich mir dann: Doch,
der ist nicht schlecht. Henry und ich haben immer vor den Vorstellungen
Programmhefte verkauft. Mit seinem Mundwerk verkaufte er jedes Mal doppelt so
viel Hefte wie ich.«
Emanuel Nipp
spielt, wie auch Heinrich Kieber, im Musical einen der Brüder Josephs. Einen
weiteren Bruder von Joseph spielt Rechtsanwalt und Treuhänder Ernst Walch, der
ein Jahr später, im Frühling 2001, zum liechtensteinischen Außenminister
ernannt wird. Der erinnert sich: »In der einen Besetzung spielte ich Vater
Jakob, in der anderen war ich einer der Brüder Josephs. Nun, ich kenne aufgrund
meiner politischen Tätigkeit und meiner Tätigkeit in der Pfadfinderei und im Volleyball und anderswo sehr viele Menschen in Liechtenstein, aber Henry
kannte ich nicht. Er war ein sprachgewandter, interessanter junger Mann, sehr
umgänglich. Aber etwas Konkretes hat man nicht erfahren: Was er arbeite? Ja, er
arbeite hier irgendwo. Was er vorher gemacht habe? Verschiedene Dinge, und er
sei oft im Ausland gewesen. Im Nachhinein würde ich sagen, er war in seinen
Aussagen unverbindlich.«
Auf
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