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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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Prämisse, dass Kieber blufft, ein Druck-
und Drohszenario auf und will sich den Umstand zunutze machen, dass Kieber sich
als glühender Verehrer der Monarchie zu erkennen gegeben hat.
    Der
Krisenstab blufft nun ebenfalls: Fürst Hans-Adam persönlich stellt dem
Erpresser ein Ultimatum: Entweder Kieber kehrt am Donnerstag, dem
23. Januar nach Liechtenstein zurück und man könne zusammen eine Lösung
finden. Oder er werde die deutschen Behörden über den Aufenthaltsort Kiebers
informieren. Die Daten seien ihm egal. Dabei steht fest: Liechtensteins Strafverfolger
können und wollen die offiziellen Kanäle zu ihren deutschen Kollegen nicht
nutzen. Zu groß sei die Gefahr, lautet die Einschätzung des Krisenstabes, dass
Deutschland sich mehr für die gestohlenen Daten als für den Dieb interessieren
könnte.
    Der Krisenstab
schickt den Fahrer des Fürsten im Audi A 8 auf die Reise nach Berlin. Das
Auto, wird Kieber mitgeteilt, werde bis 18 Uhr am Kurfürstendamm 36 vor der
Berliner LGT-Niederlassung warten. Sollte Kieber bis dahin nicht in den Wagen
steigen, würden die deutschen Behörden eingeschaltet. Kieber erscheint nicht am
Kurfürstendamm. Und ihm dämmert: Man glaubt ihm nicht, dass er die
kompromittierenden Daten wirklich besitzt, sonst würde sich der Fürst
kooperativer verhalten.
    Über das
Wochenende schmiedet Kieber einen Plan, wie er die Zweifler überzeugen kann. Er
kopiert rund zehn Prozent der gestohlenen Dokumente auf CDs. »Das größte
Problem für mich war, die CDs sicher bei Hans-Adam abzuliefern, ohne die Daten
und natürlich mich selbst in Gefahr zu bringen.« [142]
    Kieber wägt
die Optionen ab und entscheidet sich dafür, die CDs in der Liechtensteinischen
Botschaft, Mohrenstraße 42, abzugeben. Botschafter Josef Wolf soll die
unverschlüsselt abgespeicherten Datenmuster aus dem Tresor der LGT Treuhand im
Diplomatengepäck – vor den Blicken neugieriger deutscher Zollbeamter geschützt
– zurück in die Heimat bringen.
    Die CDs
liefert Botschafter Wolf bei der Polizei in Vaduz ab. Ein Beamter bringt die
Datenträger anschließend vom Polizeigebäude am Rande von Vaduz ins drei
Autominuten entfernte Zentrum zur LGT Treuhand, wo die Proben analysiert
werden. Den Anwesenden der LGT-Task-Force sackt das Blut aus dem Kopf, als sie
die Bestätigung erhalten: Bei den Datenproben handelt es sich zweifelsfrei um
echte, aktuelle, vollständige, absolut vertraulich zu behandelnde Daten der
LGT-Treuhand-Kunden – darunter ein beträchtlicher Teil von Steuerflüchtlingen,
viele davon aus Deutschland.
    Der Fürst
zürnt. Aber er ist zu keinen Konzessionen gegenüber Kieber bereit, und eine
Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden schließt er ebenso kategorisch aus:
»Bevor ich mit den Deutschen kooperiere, lasse ich die Treuhand den Bach runter
gehen!«, lässt er den Krisenstab wissen. Kriminalpsychologe Thomas Müller
versucht die aufgebrachte Runde zu beruhigen. Solange Kieber Forderungen
stelle, könne man mit ihm verhandeln. Am gefährlichsten seien diejenigen Täter,
die ihre Taten umsetzten, ohne dies vorher groß anzukündigen. Psychologisch
gesehen, sei Kiebers Handlung nichts anderes als der Ausdruck eines bestimmten
Bedürfnisses, das es zu befriedigen gelte.
    Kiebers
»Bedürfnis« ist, kurz zusammengefasst, die Wiederherstellung seiner
internationalen Mobilität, die die internationalen Haftbefehle aus Spanien
empfindlich einschränken, die Bestrafung seiner Peiniger in Argentinien und die
Zusicherung, dass ihm die blockierten 800.000 Schweizer Franken wieder
freigegeben werden.
     
    Über Amsterdam wölbt sich ein
strahlend blauer Himmel, als Heinrich Kieber am Nachmittag des 13. Februar
2003 an der Centraal Station aus dem roten Ford
Fiesta mit deutschem Kennzeichen steigt, seine Koffer und Taschen auslädt und
sich beim Fahrer verabschiedet. Kieber nimmt, nachdem seine Mitfahrgelegenheit
außer Sichtweite ist und er sich versichert hat, dass er nicht verfolgt wird,
ein Taxi, das ihn ins zwanzig Minuten entfernte Monnickendam bringt, ein
Städtchen am Markermeer , nordöstlich von Amsterdam.
    Kieber hat
Berlin verlassen, weil er sich zusehends verfolgt fühlt. Vor seiner Abreise
Anfang Februar hatte er Fürst und Krisenstab darüber informiert, dass er aus
Deutschland fortgehen und die Daten mitnehmen werde. In Liechtenstein fürchtet
der Krisenstab, dass Kieber in einer mobilen Grenzkontrolle hängenbleiben
könnte. Auf der anderen Seite ist man froh, dass er die Daten nicht mehr

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