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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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allein sei.
Sowie er sicher gewesen sei, in keine Falle zu tappen, habe er sich auf einer
Brücke postiert. Und als der Canal Bus unten
vorbeigetuckert sei, habe er Schlachter angewiesen, an der nächsten
Anlegestelle auszusteigen.
    Das Gespräch
zwischen Schlachter und Kieber ist ein erstes vorsichtiges Herantasten. Die
beiden einigen sich auf ein Folgetreffen. Zeit und Ort wolle Kieber
bekanntgeben. Nachdem sich die beiden voneinander verabschiedet haben, taucht
Kieber im Gewusel der Großstadt unter: »Ich wollte und musste mein Monnickendam
vor Entdeckung durch Hans-Adam schützen. Deswegen musste ich tief in die
Trickkiste greifen, um nach dem Abendessen mit dem Bankdirektor den Weg nach
Hause so gut es ging zu verschleiern.« [145]
    Damit seine
Gegner gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen – etwa, ihn beim geplanten
Treffen filmreif von obskuren Söldnern entführen zu lassen –, hat Kieber
vorgesorgt. Der Task-Force hat er schon zu Beginn seiner Operation mitgeteilt,
wie seine Lebensversicherung funktioniere: »Ich habe es so eingerichtet, dass
ich ohne meine physische Präsenz Dritten Zugriff auf Alles (DLT-Tape,
Originaldokumente, externe Harddisk, DVDs) oder auf einzelne Datenträger
gewähren kann. Ich aktiviere einen vorbereiteten zeitlich programmierbaren
E-Mail-Versand. In einer ersten E-Mail (Text in Englisch und Deutsch)
beschreibe ich, wer ich bin, was ich habe und meine Gründe, warum ich es tue.« [146] Die Adressaten, so Kieber, würden von der US-Botschaft in Berlin über den BND
bis zum Spiegel reichen. Die Empfänger würden, sofern der Versand der E-Mails nicht rechtzeitig
deaktiviert würde, später automatisch eine zweite Mail erhalten: »Darin teile
ich ihnen zusätzlich mit, wie sie direkt an die (lesbaren) Tapes und die
Originaldokumente kommen.« [147]
    Obwohl
Kieber also in bester Agentenmanier darauf achtet, sich abzusichern und ja
keine Spuren zu hinterlassen, kann er es sich nicht verkneifen, zu Hause bei Freunden
anzurufen. Einer, bei dem sich der Flüchtige meldet, ist Sandro Bertini, dem
Kieber einst weismachen wollte, er fahre für ein paar Wochen zum Skifahren.
Bertini erinnert sich: »Wie es mir gehe, wollte Henry wissen. Er sei grad in
Deutschland. Da sagte ich zu ihm: ›Hör mal, die Polizei sucht dich. Was ist
hier los?‹ In der gleichen Sekunde hat er aufgelegt. Er hatte vermutlich Angst,
dass mein Telefon überwacht wird.«
    Daraufhin
schreibt Kieber einen Brief an Bertini: »Ich möchte mich entschuldigen; für all
die unangenehmen Momente, die du wegen mir erleben musstest. Ich hoffe, du
kannst mir verzeihen. Weil die Argentiniensache nicht so gelaufen ist, wie sie
laufen sollte, habe ich böse Briefe an gewisse Leute im Land versandt: Die
Reaktion – wie du selber erlebt hast – ließ nicht lange auf sich warten. Aber,
mit ruhigen Gesprächen kann man (hoffentlich) alles lösen. PS: Diesen Brief
habe ich einem Schweizer Touristen mitgegeben.« Die Schweizer Marke auf dem
Brief ist mit dem Stempel der Poststelle 8058 Zürich-Flughafen entwertet.
    Als hätte
man in Liechtenstein nicht schon mit dem Fall LGT-Kieber mehr als genug zu
schaffen, sieht sich zur gleichen Zeit nun auch die Liechtensteinische
Landesbank (LLB) mit einem Erpresser aus den eigenen Reihen konfrontiert. Der
bei der LLB beschäftigte Vermögensverwalter Roland L. hat im Jahr 2000 damit
begonnen, Screenshots von Profilen vornehmlich deutscher Kunden auszudrucken
und beiseitezuschaffen. In drei Jahren drückt er über zweitausend Mal die » Prt - Scn «-Taste und produziert so
eine ansehnliche Verhandlungsmasse für seine Erpressung, die ihren Lauf nimmt,
als er Anfang 2003 seinen Job kündigt. Zunächst gibt sich Familienvater L.
bescheiden: Er verlangt die Reduktion seiner Hypothek, die vorzeitige
Auszahlung seiner Pension, einen externen Beratervertrag und 700.000 Franken
bar auf die Hand. Die Bank geht auf den Deal ein: Sie übergibt Roland L. eine
erste Tranche von 100.000 Franken und bietet ihm eine lebenslängliche Rente an. [148]
    Dass seine
ehemaligen Chefs von der LLB so rasch einlenken, lässt Roland L. gierig werden.
Es dämmert ihm, wie wertvoll sein Material tatsächlich ist. Nun verlangt er 18
Millionen Franken, erst dann werde er seinen Satz von Kontoauszügen der Bank
zurückgeben. Um bei der Bank die Zahlungsbereitschaft zu erhöhen, schreckt er
einige deutsche LLB-Kunden auf, indem er ihnen Kopien der von ihm gemachten
Screenshots zukommen lässt.
    Während die
LGT dem

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