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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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er, sollte er allen Beteuerungen zum Trotz eine Kopie in der
Hinterhand haben, keinen Grund mehr sieht, diese einzusetzen, sobald man ihm
seine Wünsche erfüllt hat. Zweitens: das Geschäftsmodell Liechtenstein zu
begraben. Die Kunden werden informiert, die Nachricht sickert durch, die LGT
wird zum Branchengespött, und Kieber zündet, davon angestiftet, seine Bombe.
Der Eigentümer der Finanzgruppe entscheidet sich auf Basis von Thomas Müllers
Einschätzung gegen eine Information der Kunden.
     
    Die bleigrauen Wolken hängen
tief über Vaduz, immer wieder gehen kurze, heftige Regenschauer nieder. Es ist
kalt, gerade mal fünf Grad, als Heinrich Kieber am Dienstag, dem
21. Oktober 2003 die Wohnungstür am Buchenweg 1 hinter sich abschließt und
den Fußmarsch zum Gericht in Angriff nimmt.
    Heinrich
Kiebers Fall wird von der liechtensteinischen Justiz auf der Überholspur durchgewinkt.
Dreieinhalb Monate nach seiner Rückkehr in die Heimat steht er bereits vor
Gericht. Ein frappanter Unterschied zu den quälend langen fünfeinhalb Jahren,
die zwischen der Anzeige Kiebers gegen seine Peiniger Mariano M. und Helmut R.
und der Einstellung der Voruntersuchung vergingen. Verhandelt wird – auf Antrag
von Kiebers Anwalt Wolfgang Müller, der von der geschädigten Finanzgruppe
bezahlt wird – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
    Das Urteil
fällt das Kriminalgericht noch am selben Tag: Heinrich Kieber wird wegen des
Verbrechens des schweren Betrugs und der gefährlichen Drohung gegen den
Landesfürsten und diverser Vergehen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren
verurteilt. Zweifelsohne ein angemessener Strafrahmen für seine Delikte. Bei
der Strafbemessung wird Kieber zugute gehalten , dass
er die gestohlenen Originaldokumente seinem ehemaligen Arbeitgeber zwar nicht
zurückgegeben habe – aber, so das Kriminalgericht, »sämtliche Datenträger
wurden nach Angaben der LGT Treuhand AG vom Angeklagten vernichtet, wobei er
versicherte, keinerlei Kopien der Unterlagen und der Datenträger zurückbehalten
zu haben«. Auch attestiert das Gericht, dass der Angeklagte bis dahin
unbescholten gewesen, der Schaden aus dem Wohnungsbetrug wieder gutgemacht sei
und »er seine Drohungen nicht verwirklichte und sich letztlich reuig zeigte«.
    Heinrich
Kieber kann es kaum fassen: »Ich war auf alles vorbereitet. Nur auf das nicht.
Was für ein Schock. Zuerst dachte ich, mich verhört zu haben. Vier Jahre? Vier?
Und nichts auf Bewährung ausgesetzt.« [162] Bei guter Führung könnte Kieber
bestenfalls nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe aus dem Gefängnis
entlassen werden. So war das nicht abgemacht! Dass er in den Knast geht,
ausgeschlossen! Nie wieder eingesperrt sein, hat er sich nach seinen
Erlebnissen in Argentinien geschworen, und das hat er dem Kriminalpsychologen
und dem Fürsten bereits im Vorfeld der Verhandlung klargemacht.
    Drei Tage
später meldet Kiebers Rechtsvertreter Wolfgang Müller im Namen seines Mandanten
Berufung gegen das Urteil an. Dieses sei dergestalt abzuändern, dass »die über
mich verhängte vierjährige Freiheitsstrafe schuld- und tatangemessen
herabzusetzen und die Strafe bedingt nachzusehen« sei. Die Staatsanwaltschaft
hingegen ist zufrieden mit dem Urteil und beantragt, »der Berufung des
Angeklagten keine Folge zu geben«.
    Ebenso zügig
wie der Fall Kieber wird die Causa Roland L. von der liechtensteinischen Justiz
abgearbeitet, der zu Jahresbeginn höchst dilettantisch die Liechtensteinische
Landesbank – erfolgreich – um 100.000 Schweizer Franken und später – erfolglos
– um weitere 18 Millionen erleichtern wollte. Auch die Landesbank ließ sich,
wie erwähnt, beim Umgang mit dem Erpresser Roland L. vom Kriminalpsychologen Müller
beraten, der praktischerweise bereits in Liechtenstein für die LGT tätig war.
Beim Prozess gegen Roland L. wird die Öffentlichkeit aus Gründen der nationalen
Sicherheit ausgesperrt. Das erstinstanzliche Urteil fällt das Gericht am
18. November 2003. Das Strafmaß gegen Roland L. ist vergleichbar mit der
gegen Kieber verhängten Strafe: fünf Jahre Haft. Bei Vermögensdelikten in der
Finanzwelt verstehen die liechtensteinischen Behörden keinen Spaß.
    Eigentlich.
    Mit Datum
vom 21. November 2003 richtet Hans-Adam II., wie vereinbart, ein Schreiben
an Heinrich Kieber, in dem er sich für die von Kieber verfassten »ausführlichen
Gedanken« zur Verhinderung ähnlich gelagerter Fälle bedankt und unterstreicht,
dass der Kriminalpsychologe

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