Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)
das er bezüglich seines Falles hatte. Bei jeder Gelegenheit, beim
Einkaufen, bei Festen im Dorf, auf dem Jahrmarkt, hat er sofort Kontakt
aufgenommen. Das war schon auffällig, dass er keine große Unterscheidung gemacht
hat zwischen den dienstlichen Kontakten hier und den privaten Begegnungen da.«
Ebenso
bemerkenswert für den obersten Kriminalpolizisten Liechtensteins ist »die
vielschichtige Persönlichkeit Kiebers. Mit welcher Planung er einerseits dieses
Delikt ausgeübt hat – die Daten beschafft, alles vorbereitet hat, bis hin zur
Auflösung seiner Wohnung. Herr Kieber hat sich offensichtlich über Monate mit
den Vorbereitungen zu dieser Straftat auseinandergesetzt. Das ist eher die
Ausnahme, dass man bei der Polizei mit solchen Tätern zu tun hat. Kieber ist an
sich ein sehr intelligenter Mensch, der sehr genau planen kann,
Eventualplanungen vornimmt: Was mache ich, wenn die Behörden diesen oder jenen
Schritt unternehmen? Andererseits war er im direkten Kontakt ein sehr
hektischer, sprunghaft denkender Mensch. Man hatte wirklich den Eindruck, hier
sind zwei verschiedene Personen, mit denen man es zu tun hat.«
An einem der
heißen Tage des Jahrhundertsommers 2003 ist Kiebers Onkel Guntram Vetter mit
dem Auto auf dem Weg zurück aus den Bergen Liechtensteins: »Ich war in Malbun
gewesen, und kurz vor Vaduz fuhr ich an Heinrich vorbei, der die Meierhofstraße
entlangging. Ich dachte mir, das gibt’s doch gar nicht! Denn bei mir hatte er
sich nach seiner Kündigung bei der LGT mit den Worten verabschiedet, er ziehe
wieder nach Australien. Also fuhr ich rechts ran und fragte ihn: ›Was machst
denn du wieder hier?‹ Heinrich hat mit den Armen gerudert und vorgeschlagen,
einen Kaffee zu trinken. Da erzählte er: ›Die LGT zahlt mir die Wohnung ein
Jahr lang, und Geld bekomme ich auch noch von ihnen, unter der Bedingung, dass
ich in einem Jahr wieder weg bin.‹«
Offenbar hat
Kriminalpsychologe Thomas Müller in Amsterdam das Kompensationspaket für Kieber
nicht bis ins letzte Detail aushandeln können. Um die letzten Unklarheiten aus
dem Weg zu räumen, bespricht sich Kieber nun direkt mit dem Fürsten.
Zur Audienz
chauffiert ihn sein Onkel Guntram Vetter: »Heinrich hatte ja kein Auto mehr. Er
rief mich darum an, ob ich ihn zum Schloss Vaduz fahren würde, er habe einen
Termin beim Fürsten. Ich scherzte mit ihm: ›Ja, wenn du einen Termin beim
Fürsten hast …!‹ Dann fuhr ich Heinrich rauf und lud ihn ab.«
Was Kiebers
zentrale Forderungen sind, hat er im Vorfeld seinem ehemaligen Sozialarbeiter Manfred
Greiner verraten, der in das Argentinien-Abenteuer insofern involviert war, als
er Kiebers geheimes Sparbuch mit den 800.000 Schweizer Franken bei der Bawag -Bank an Helmut R.s Schwager aushändigte: »Als wir uns
einmal in der Zeit um 2003/2004 trafen, erzählte Heinrich mir von diesem
spanischen Haftbefehl. Der müsse weg. Und er wolle das Geld zurück, das er auf
seinem Bawag -Konto hatte. Dabei müsse ihm der Fürst
helfen.«
Das
»Bedürfnis« (O-Ton: Thomas Müller) Kiebers, Liechtenstein in Richtung Australien
zu verlassen, lässt sich nur befriedigen, wenn die spanischen Haftbefehle
aufgehoben werden. Die würde die spanische Justiz jedoch erst aufheben, wenn
Kieber vor einem spanischen Gericht erscheint – oder wenn er sich wegen der
Betrügereien in Barcelona und auf Mallorca einem liechtensteinischen Gericht
stellt. Nur: Einen Freispruch kann es für Kieber dabei kaum geben, zu
offensichtlich sind die Umstände des Wohnungsbetrugs in Barcelona, so viel ist
allen Beteiligten klar. Damit steht auch fest, dass ein Eintrag in Kiebers –
allen Gaunereien zum Trotz – bisher lupenreines liechtensteinisches
Strafregister kaum zu vermeiden ist. Und damit stellt sich das nächste Problem:
Den australischen Einwanderungsbehörden wird Kieber, wenn alle juristischen
Steine auf dem Weg nach Down Under aus dem Weg
geräumt sind, einen Auszug aus dem Strafregister vorlegen müssen. Mit einem
Eintrag als frisch verurteilter Betrüger wiederum hat Kieber keine Chance, den
zwingend vorgeschriebenen »Charaktertest« der Einwanderungsbehörde zu bestehen.
Aber nur
weil die Lage aussichtslos erscheint, heißt es noch lange nicht, dass sie es
tatsächlich ist. Hans-Adam von Liechtenstein und Heinrich Kieber werden sich
jedenfalls bei ihrem Rencontre auf Schloss Vaduz
rasch handelseinig, wie das Staatsoberhaupt Jahre später in einem Gespräch mit
Radio Liechtenstein verrät: »Es war vom spezifischen
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