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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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Vaduz erreicht.
Dennoch ist die Stimmung erstaunlich heiter. Dass an diesem Vormittag des
14. Februar 2008 um sieben Uhr das Ende des so lukrativen Geschäftsmodells
Liechtensteins eingeläutet wurde, hat sich den Untertanen noch nicht
erschlossen.
    Nur
Regierungschef Otmar Hasler wirkt merkwürdig zerknittert, als ihm Fürst
Hans-Adam mit ungetrübtem Lächeln zuprostet.
    Eine kurze
Weile noch hofft man in Liechtenstein, die Affäre um den Post-Chef sei nur ein lästiger
Einzelfall. Während in Deutschland Zumwinkels liechtensteinisches
Steuersparmodell sämtliche Medien dominiert, hält das der Mehrheitspartei
nahestehende Liechtensteiner
Volksblatt ihre Leser am Morgen des 15. Februar mit
positiven Meldungen zur Finanzplatz-Vision » Futuro «
bei Laune und titelt auf der Frontseite vierspaltig: »Damit der Reichtum
bleibt«.
    Im » Futuro «-Schlussbericht [194] erklärt die Regierung, dass Liechtenstein »dank der eingeleiteten Reformen im Nachgang
zur Finanzplatzkrise« (Stichwort: BND- Spiegel -Affäre) heute wieder »aus
einer Position der Stärke agiert«, aber einer Vision bedürfe, welche
nachhaltiges Wachstum langfristig sicherstelle. Alleinstellungsmerkmal des
Finanzplatzes Liechtenstein soll bei der Zusammenarbeit mit anderen Ländern
Anonymität und Diskretion sein: »Der weitgehende Schutz von Privatsphäre und
Eigentum wird insbesondere auch den von Liechtenstein anerkannten
verselbständigten Vermögen – etwa in Form einer Stiftung – eingeräumt.«
    Bereits am
Freitagmittag vermeldet Focus Online , dass Zumwinkel nur die Spitze des Eisbergs
sei: »600 bis 700 Verdächtige in Steueraffäre«. Das Handelsblatt weiß, dass »in den
nächsten Tagen in ganz Deutschland Razzien anlaufen«, und die Süddeutsche Zeitung titelt: »BND half Ermittlern auf die Spur«. In den deutschen Medien werden
jubilierende Fahnder zitiert, die erklären, sie hätten in Liechtenstein eine
ganze »Bank geknackt«. Klaus Zumwinkel tritt von seinem Posten als
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Post zurück.
    Die LGT
versucht eilig, mit einem Communiqué Druck herauszunehmen und ihre Kunden zu
beruhigen: Laut einer Pressemitteilung der LGT Group hätten »sich Hinweise
ergeben«, dass 2002 gestohlene Kundendaten »unrechtmäßig weitergegeben wurden.
Gemäß damaliger Faktenlage betrachtete die LGT Treuhand AG den Fall als
abgeschlossen. Kunden, die nur mit der LGT Bank eine Beziehung unterhalten,
sind von diesem Datendiebstahl nicht betroffen.« Liegt der Fokus in den ersten
beiden Tagen der Berichterstattung noch auf Zumwinkel, verschiebt sich der
übers Wochenende in Richtung Liechtenstein: »Beck wirft Liechtenstein
Raubrittertum vor« (Spiegel) ,
das Fürstentum lebe »zu einem guten Teil vom internationalen
Steuerhinterziehungsgeschäft« (FAZ). Liechtenstein sei ein Sumpf, den man
trockenlegen müsse.
    Obschon die
höchsten Stellen in Liechtenstein seit fünf Jahren wissen, dass geheime
Kundendaten auf Wanderschaft sind, hat sich die Regierung nicht auf den
Ernstfall vorbereitet. Liechtensteins wichtigster Wirtschaftszweig schlittert
unvorbereitet in die Krise, muss übers Wochenende einen Krisenstab und die
Kommunikation auf die Beine stellen. Nicht einmal, als die LGT Treuhand AG, wie
sie in ihrem Communiqué schreibt, »ab Sommer 2007 vereinzelte Hinweise auf eine
illegale Weitergabe« von Daten erhalten hat, ist Alarm ausgelöst und eine
Eventualplanung vorgenommen worden. Und selbst der Hinweis der britischen
Steuerbehörden vor wenigen Tagen, wonach LGT-Daten bereits bei verschiedensten
Staaten zirkulierten, löst keine Reaktion aus. Wollten die LGT und ihr Besitzer
die dräuende Katastrophe einfach nicht wahrhaben?
    Es dauert
fünf Tage, bis Liechtenstein seine Stimme wiederfindet. Am Dienstag, dem
19. Februar »schlägt Liechtenstein zurück« (Volksblatt) : Vor den versammelten
deutschsprachigen Medien treten in Vaduz auf: Erbprinz Alois, als
bevollmächtigter Stellvertreter seines Vaters Fürst Hans-Adam, und
Regierungschef-Stellvertreter Klaus Tschütscher.
    Der Erbprinz
gießt erst einmal ordentlich Öl ins Feuer: Deutschland dürfe sich nicht
wundern, dass die Steuerzahler Reißaus nähmen, schließlich habe »eine
internationale Studie das deutsche Steuersystem als das schlechteste weltweit
eingestuft, noch nach Haiti. Deutschland sollte seine Steuergelder besser dafür
einsetzen, um sein Steuersystem in den Griff zu bekommen«, anstatt »Hehlerei im
großen Stil« zu betreiben. »Bei uns können

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