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Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1

Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1

Titel: Der Dativ Ist dem Genitiv Sein Tod 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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Lexikon ist die First Lady eine
    Präsidentengattin, und weil Großbritannien keinen Präsidenten hat, hat es auch keine First Lady. Punktum.
    Ein Schock für alle Politikredakteure: Wie soll man da noch einen Text über Cherie Blair schreiben können, wenn dieses wichtige Synonym wegfällt? Halb so schlimm! Der Begriff »Premiersgattin« passt ebenso gut und kommt obendrein ohne Leerzeichen aus.

    Und wie verhält es sich mit Deutschland? Zu Zeiten von Wilhelmine Lübke hätte niemand die herausragende Rolle der Präsidentengattin in Frage gestellt. Heute mag man dar-über streiten. Aber auf Doris Schröder-Köpf passt die Bezeichnung »First Lady« ebenso wenig wie auf Cherie Blair.

    Ein Kollege wollte der Lexikon-Definition nicht glauben und behauptete, die First Lady sei immer die Frau des Regierungschefs. Demnach aber hieße die First Lady Frankreichs nicht Bernadette Chirac, sondern Anne-Marie Raffarin, denn Regierungschef ist derzeit Jean-Pierre Raffarin und nicht Jacques Chirac. Dieser Erklärungsversuch taugt also nichts, da ist man mit der Definition »Präsidentengattin« doch besser beraten. Was aber nicht besagt, dass Bernadette Chirac sich widerspruchslos einen amerikanischen Aufkleber verpassen ließe. Wer die Gutemine des 21. Jahrhunderts un-französisch mit »First Lady« anspricht, darf sich nicht wundern, wenn »Schnäuzelchen« Jacques ihm dafür auf die Zehen tritt. Beim Teutates!

    Was die USA betrifft, so hat George W. Bush selbst einmal eine äußerst eigenwillige Definition der »First Lady« geliefert, wie man sie nur ihm allein zutraut: »The most important job is not to be governor, or first lady in my case. « (» Die wichtigste Aufgabe besteht nicht darin, Gouverneur zu sein, oder First Lady, wie in meinem Falle.«)

    Ich erinnere das nicht

    Sie verstehen es, sich zu tarnen, sie tragen deutsche Alltagskleidung und fallen daher in der Menge kaum auf.
    Die Rede ist von unsichtbaren Amerikanismen. Heimlich unterwandern sie unsere Sprache und verändern unsere Syntax, ohne dass wir es sofort merken. Die Wörter klingen zwar noch deutsch, doch die Strukturen sind es nicht mehr.

    Wieder eine dieser Talkshows mit einem
    prominenten Politiker. Wassergläser auf den Tischen, eine zottelige Jazzkombo im Hintergrund, ein
    geschniegelter Moderator, der immer wieder seine Stichwortkärtchen auf der Suche nach intelligenten Fragen überfliegt—dann die Erwähnung eines
    bedeutsamen Ereignisses, verbunden mit der launigen Frage des Moderators an seinen Gast: »Erzählen Sie doch mal, wie war das; können Sie das noch erinnern?« Der Politiker schlägt das rechte Bein über das linke, streicht sich übers Haar und erwidert mit einem wissenden Lächeln:» Nun, ich denke, ich erinnere das noch ziemlich genau, es fing damit an, dass ...«
    Und der Fernsehzuschauer denkt: Irgendetwas stimmt da doch nicht. In welcher Sprache reden die denn da?»
    Ich erinnere das« — sagt man das so? Manch einer erinnert sich vielleicht noch dunkel daran, in der Schule mal gelernt zu haben, dass »erinnern« ein reflexives Verb ist. Man erinnert sich an etwas oder an jemanden. In Norddeutschland soll man sich auch ohne
    Reflexivpronomen erinnern können, aber das ist umgangssprachlich, und die Herren auf der Mattscheibe machen eigentlich nicht den Eindruck, als wollten sie sich als Regionalisten verstanden wissen.

    Und tatsächlich: Wenige Tage später findet sich der Beweis, dass dieses »etwas erinnern« nicht aus der norddeutschen Umgangssprache in den Jargon der Fernsehprominenz auf-gestiegen ist, sondern aus einem anderen, viel größeren und viel mächtigeren Fundus stammt: dem Englischen. Denn da muss sich der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld den Fragen eines Untersuchungsausschusses stellen. Ob es vor dem 11. September 2001 Hinweise darauf gegeben habe, dass Passagierflugzeuge als Waffen eingesetzt werden könnten, will man von ihm wissen. »I can't remember that«, erwidert Rumsfeld lapidar. So melden es die amerikanischen Nachrichtenagenturen. Bei der Übersetzung ins Deutsche wird daraus »Ich kann das nicht erinnern«, als Überschrift verkürzt zu »Rumsfeld: Ich erinnere das nicht«. So steht es anderntags im Internet zu lesen.

    Also wiederum ein Amerikanismus, der sich in die deutsche Sprache eingeschlichen hat. Wenn es nur die direkten wären, die eins zu eins aus dem Englischen übernommenen Begriffe wie Computer, Job und
    Inlineskating. Aber viele Amerikanismen erkennt man erst

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