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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastian Sick
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ich nicht! Clara sollte
    doch erst in Folge 51 wieder laufen können. Warum hält sich
    denn hier niemand ans Drehbuch? Und warum bin ich im-
    mer die Einzige, die fehlerfreies Deutsch spricht?
    In diesem Moment löst sich ein Balken aus der Studiodekora-
    tion.
    Heidi: Vorsicht, Fräulein Rottenmeier, der Balken dort fällt
    gleich hinab!
    Fräulein Rottenmeier: Adelheid! Hast du es denn immer
    noch nicht begriffen? Nur wenn etwas von dir aus gesehen
    nach unten fällt, dann fällt es hinab. Wenn aber etwas von
    oben auf dich fällt, dann fällt es...
    Der Balken fällt herunter, trifft Fräulein Rottenmeier und
    wirft sie zu Boden.
    Fräulein Rottenmeier (stöhnend):... auf mich herab!
    An dieser Stelle bricht die Aufzeichnung ab. Aufgrund des
    chaotischen Drehverlaufs und vielleicht auch wegen der allzu
    nervenden Besserwisserei Fräulein Rottenmeiers wanderte die
    Folge unvollendet und ungezeigt ins Archiv. Die Zuschauer
    sahen stattdessen eine Folge, in der Heidi, Clara und Peter
    einen glücklichen Tag auf der Almwiese verbringen. Dabei
    geht es um Freundschaft und Mut, um Vertrauen und die
    Überwindung von Angst, aber um Adverbien geht es nicht.
    Und dies entspricht auch der Wirklichkeit, denn die Un-
    terscheidung zwischen »hin« und »her« wird selten so genau
    genommen wie in der oben zitierten Zeichentrickepisode. Im
    wahren Leben spielt der Unterschied oft keine Rolle mehr.

    Dabei hat Claras Gouvernante (so unangenehm sie uns auch
    erscheinen mag) prinzipiell Recht. »Her« kennzeichnet die
    Richtung auf den Sprecher zu, »hin« markiert die Richtung
    vom Sprecher weg. So erklärt es auch der Duden. Darum
    heißt es auch »Komm her zu mir!« und nicht »Komm hin zu
    mir!« und entsprechend »Geh zu ihm hin« und nicht »Geh
    zu ihm her!«
    Der Vogel, der aus dem Nest gestoßen wird, fällt − vom
    Nest aus gesehen − aus dem Nest heraus. Aus Sicht des Igels
    unten im Gras fällt der Vogel aus dem Nest heraus. Sofern
    Igel derlei Vorgängen in der Natur überhaupt Beachtung
    schenken.
    Der Vogel selbst denkt während des Falles: »Ach du
    Schreck, jetzt bin ich hinausgefallen«, und nachdem er un-
    ten im Gras gelandet ist, kann er dem Igel berichten, er sei
    aus dem Nest herausgefallen. Es kommt also auf die Rich-
    tung an − und auf den Blickwinkel.
    Dies gilt allerdings nicht für Verben, die im übertragenen
    Sinn gebraucht werden. Sie werden durchgehend mit »her«
    gebildet: über jemanden herfallen, auf jemanden hereinfallen,
    für etwas herhalten, etwas herunterspielen.
    In der norddeutschen Umgangssprache entfällt die Unter-
    scheidung zwischen»hin«und»her« komplett, da gibt es nur
    noch »her-«, und das auch nur in verkürzter Form: »Komm
    doch mal rüber« (= herüber), »Lass uns reingehen!« (= hin-
    eingehen), »Bleib, wo du bist, Liebling, ich komme runter!«
    (= herunter), »Da geht’s in den Keller runter!« (= hinunter).
    In Süddeutschland hingegen wird die Unterscheidung
    zwischen »hin« und »her« selbst in der verkürzten Form der
    Umgangssprache noch vorgenommen: Die Nachbarsleute
    kommen rüber (= herüber), aber man geht zu ihnen ‘nüber (=
    hinüber), der Wanderer kommt zu uns rauf(= herauf), und er
    steigt den Berg ‘nauf (= hinauf).
    Jawohl, ihr lieben Preiß’n, da staunt ihr, ausgerechnet die

    Bayern zeigen euch hier, wo’s sprachlich langgeht. Genauer
    gesagt: wo’s ‘naufgeht und wo’s runtergeht mit den Adver-
    bien. Die Bayern und die Österreicher kennen übrigens auch
    noch die Wörter »herunten«, »heroben«, »herinnen« und
    »heraußen«, die allerdings nichts mit den hier beschriebenen
    richtungweisenden Adverbien zu tun haben. Das »her« steht
    in diesen Fällen für »hier«, »herunten« ist also eine verkürzte
    Form für »hier unten«.
    Wer nun immer noch nicht weiß, ob Rapunzel ihr Haar
    hinunter- oder heruntergelassen hat, der braucht sich nicht
    zu grämen. Es gibt Schlimmeres! Und wer sich nicht den
    Kopf darüber zerbrechen will, ob er den Hammer hinaufrei-
    chen soll, wenn er gebeten wird, ihn heraufzureichen, der
    reiche ihn einfach nach oben.

    Von solchen und anderen Sanktionen
    Frage eines Lesers: Der Begriff »Sanktion« wird, so scheint
    es mir, für zwei sich widersprechende Tatbestände ver-
    wendet: einerseits im Sinne von Bestrafung und anderer-
    seits im Sinne von Erlaubnis. Könnten Sie da mal etwas
    Licht ins Dunkel bringen und erklären, wie es zu so einer
    doppelten Bedeutung kommt?
    Antwort des Zwiebelfischs:

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