Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
-nf
Frage eines Lesers: Seit einigen Jahren hält sich in meinem
Bekanntenkreis das Gerücht, dass es in der deutschen Spra-
che genau fünf Wörter gibt, die auf -nf enden. Senf, Hanf,
fünf − und die Stadt Genf. Unglücklicherweise kennt nie-
mand, den wir bisher gefragt haben, das fünfte Wort auf-nf.
Können Sie mir sagen, wie dieses ominöse Wort heißt, falls
es denn überhaupt existiert?
Antwort des Zwiebelfischs: Diese Frage wurde mir schon
mehrfach gestellt. Seltsam. Niemand interessiert sich für
Wörter, die auf -sk oder -mp enden. Alle beschäftigt nur das
Mysterium der Endung -nf. Es scheint wie die Suche nach
dem heiligen Granf.
Die Antwort auf die Frage, wie viele Wörter es im Deut-
schen gibt, die auf −nf enden, schwankt zwischen drei und
unendlich. Im engeren, strengeren »Wort«-Sinne gibt es zu-
nächst drei: Hanf, Senf, fünf.
Hinzu kommen zwei Namenswörter aus der Schweiz: die
Stadt Genf und das von Ihnen mit Spannung erwartete
fünfte Wort. Es lautet Sernf. Das ist der Name eines Flusses
im Kanton Glarus.
Damit wäre man bei fünf. Diese fünf Wörter stehen alle-
samt im Wörterbuch und gelten somit als verbürgt.
Einigen ist darüber hinaus auch noch das Wort Ganf be-
kannt, eine Nebenform zu Ganeff, der Rotwelschvariante
des jiddischen Wortes Ganove. Doch da dieses Wort zu spe-
ziell ist, findet man es nicht im Wörterbuch. Es bleibt dem-
nach bei fünf.
Besonders pfiffige Sprachfüchse kommen auf eine sehr
viel höhere Zahl. Sie behaupten, es gebe unendlich viele
Wörter auf- nf! Wenn man ungläubig nachhakt, fangen sie
an zu zählen: »einhundertfünf, zweihundertfünf, dreihun-
dertfünf...«
Es gibt indes auch Gegenden in Deutschland, in denen die
Buchstabenkombination »nf« völlig unbekannt ist, weil die
Bewohner sich der phonetischen Umsetzung hartnäckig
verweigern. Im Ruhrgebiet wird jedes »nf« wie »mpf« ausge-
sprochen, selbst wenn die beiden Buchstaben nur zufällig
aufeinander treffen und gar nicht zum selben Wort gehören.
Da heißt es dann beispielsweise: »Mampfred, gib mich ma
den Sempf« oder »Watt, wie spät is? Schom pfümpf?«
Ein ums nächste Mal
Wann hätten Sie denn mal Zeit? Dieses Wochenende, das kommen-
de, das nächste oder erst das darauf folgende? Geht’s auch unter
der Woche oder erst in acht Tagen? Beider Festlegung eines Termins
kommt es immer wieder zu Missverständnissen. Man kann sich ei-
gentlich nur wundern, dass Menschen zwischen diesem und dem
nächsten Mal überhaupt zueinander finden.
Ich beneide jene Menschen, die von sich behaupten, dass sie
keine Schwierigkeiten hätten, sich mit anderen Menschen zu
verabreden. Nicht dass ich kontaktscheu wäre. Ich denke da
eher an die vielen sprachlichen Hürden, die es zu nehmen
gilt, ehe ein Treffen zustande kommt. Schon die Vereinba-
rung eines Termins stellt − sprachlich gesehen − nicht selten
ein schier unlösbares Problem dar.
Mein Freund Henry chattet. Gelegentlich, wie er sagt, nur
so zum Spaß. Meistens tausche er mit interessierten jungen
Damen Kochrezepte aus, behauptet er. Neulich aber hatte er
eine Chat-Bekanntschaft tatsächlich so weit gebracht, dass
sie sich mit ihm treffen wollte. Ein Live-Date! Damit aber
fingen die Schwierigkeiten erst an. Während des Essens in
unserem Stammlokal schildert Henry mir den Ablauf des
Chats:
HOBBYKOCH: Wollen wir uns treffen?
KATINKA1977: Ja, sehr gerne!
HOBBYKOCH: Wann hätten Sie denn mal Zeit? Passt es Ih-
nen vielleicht nächstes Wochenende? Ich könnte was Le-
ckeres für uns kochen!
KATINKA1977: Ich fahre am Samstag nach Bonn zu meiner
Mutter, da werde ich nicht vor Sonntagabend zurück sein.
Aber das Wochenende daraufwäre fein!
HOBBYKOCH: Das meinte ich ja auch.
KATINKA1977: Ach so. Ich dachte, Sie meinten das kom-
mende Wochenende.
HOBBYKOCH: Dann hätte ich »dieses« Wochenende ge-
schrieben. Das nächste kommt danach.
KATINKA1977: Für mich ist das Nächste eigentlich immer
das, was mir am nächsten ist, also das, was als Nächstes
drankommt...
HOBBYKOCH: Da heute bereits Mittwoch ist, können Sie
davon ausgehen, dass mit dem »nächsten« Wochenende
nicht das Wochenende in drei Tagen gemeint ist.
An dieser Stelle unterbreche ich Henrys Ausführungen: »
Das kann ja wohl nicht wahr sein! Du bist vermutlich der
einzige Mann, der selbst einen Internet-Chat noch dazu
nutzt, um seinen Mitmenschen kostenlose Nachhilfe zu er-
teilen.« − »Warum
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